Führungswechsel: Lufthansa stellt neuen Chef von Air Berlin
Thomas Winkelmann löst Air-Berlin-Chef Stefan Pichler ab - eine Folge der Kooperation von Etihad und Lufthansa. Pichler ist erst seit 2015 im Amt gewesen.
Die seit Jahren defizitäre Fluggesellschaft Air Berlin soll mittelfristig in den Verbund des deutschen Marktführers Lufthansa aufgehen. Brancheninsider bestätigten dem Tagesspiegel am Sonntag zunächst Medienberichte, wonach der Lufthansa-Manager Thomas Winkelmann den zuletzt glücklosen Air- Berlin-Chef Stefan Pichler Ende Januar ablösen soll. Für den Nachmittag hatte Air Berlin eine außerordentliche Sitzung des Boards, des Aufsichtsgremiums der nach britischem Recht registrierten Gesellschaft, angesetzt. Dort sollte der Wechsel beschlossen werden.
Die Berufung Winkelmanns ist offenbar Teil einer Ende vergangener Woche bekanntgegebenen Kooperation von Lufthansa und Etihad Airways, der Staatsfluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate. Diese bestimmt seit Ende 2011 als Großaktionär (gut 29 Prozent der Anteile) die Geschicke bei Air Berlin und hatte die Gesellschaft über die Jahre mit Finanzspritzen am Leben gehalten. Lufthansa und Etihad, bisher Rivalen im Langstreckenverkehr, hatten überraschend bekanntgegeben, dass sie auf diversen internationalen Strecken künftig gemeinsam Flüge anbieten wollen. In dem Zusammenhang bestätigten beide, dass Lufthansa 40 Maschinen von Air Berlin langfristig anmieten wird.
Winkelmann hat Geschäfte bei Germanwings geführt
Wie sich jetzt zeigt, war das nur der erste Schritt. Wie der Tagesspiegel erfuhr, soll Etihad-Chef James Hogan Lufthansa-Chef Carsten Spohr in den Verhandlungen angeboten haben, er könne einen neuen Chef bei Air Berlin bestimmen, um einen reibungslosen Übergang der Maschinen zu gewährleisten und mittelfristig den verbleibenden Rest von 75 Maschinen der Lufthansa-Gruppe zuzuführen. Naheliegend wäre eine Integration der Rest-Air Berlin in Lufthansas Eurowings-Gruppe, mit der Spohr die Billigkonkurrenz von Ryanair und Easyjet angreifen will.
Thomas Winkelmann (56) gilt als absolut loyal und Unterstützer der Spohr-Strategie. Winkelmann hatte zehn Jahre lang die Geschäfte bei Lufthansas Billigflugtochtergesellschaft Germanwings geführt. Zuletzt koordinierte Winkelmann, der in Berlin lebt, Lufthansas Geschäfte am zweitgrößten Lufthansa- Drehkreuz, dem Flughafen München.
Die Kooperation ist laut Branchenkreisen auch mit der Bundesregierung sowie den Landesregierungen in Berlin und NRW, wo Air Berlin die meisten Mitarbeiter beschäftigt, abgestimmt. Das scheint nötig, da eine Total-Übernahme von Air Berlin, der Nummer zwei auf dem deutschen Luftverkehrsmarkt, durch den Marktführer Lufthansa kartellrechtlich heikel wäre. Derzeit ist keine Kapitalbeteiligung der Lufthansa an Air Berlin geplant. Diese wäre aber nötig, um Lufthansa eine Kontrolle von Air Berlin nachzuweisen. Etihad bleibt vorerst der bestimmende Aktionär in Berlin. Bund und Länder nehmen offenbar lieber Einschränkungen des Wettbewerbs in Kauf als eine mögliche Pleite der Air Berlin, die noch fast 8000 Mitarbeiter beschäftigt. Rund 2700 davon in Berlin.
Dass Stefan Pichler gehen muss, überrascht nicht
Dass Stefan Pichler den Chefposten bei Air Berlin räumen muss, zeichnet sich bereits länger ab. Zum einen hatte der 59-Jährige nach seinem Antritt im Februar 2015 erklärt, dass sein Horizont über zwei Jahre reiche. In der Zeit wollte er Air Berlin im Auftrag von Etihad in die schwarzen Zahlen gebracht haben. Das ist ihm nicht gelungen. Und das Verhältnis zu Etihad-Chef James Hogan soll bereits seit September 2015 angeknackst sein. Damals hatte Pichler den Eigentümern im Aufsichtsgremium sein Sparkonzept präsentiert.
Das sah unter anderem massive Einsparungen über 40 Millionen Euro beim Catering an Bord vor. So sollte es zum Beispiel keine Gratis-Getränke mehr an Bord geben. Hogan soll sich damals sehr geärgert haben, da er mit Etihad auf das Premium-Segement setzt und es Fluggästen, die er über sein Drehkreuz in Abu Dhabi ins Streckennetz von Air Berlin führt, nicht zumuten wollte, jeden Drink und jeden Snack selbst zu bezahlen. Im November 2015 musste Pichler ein verändertes Konzept präsentieren.