Beruf: Schulleiter: Lehrer – und dann?
Warum nicht Direktor werden. Jedes Jahr sind in Berlin bis zu 70 Stellen frei. Einer, der sich für den Job entschieden hat, berichtet.
Es war vor zwei Jahren, als Arnd Niedermöller einen völlig neuen Job für sich entdeckt hat. Der 47-Jährige ist seitdem Schulleiter am Immanuel-Kant-Gymnasium in Lichtenberg. Und von einem neuen Job spricht er ganz bewusst, denn mit seinem vorherigen Lehrer-Dasein habe der Schulleiterposten nicht mehr viel zu tun. „Das war ein Berufswechsel“, sagt Niedermöller. Statt Schüler leitet er jetzt Lehrer an, kümmert sich um das Schulkonzept und repräsentiert die Schule nach außen.
Schaut man auf aktuelle Stellenausschreibungen, könnte Berlin viel mehr solcher Berufswechsler gebrauchen. Jedes Jahr sucht das Land 60 bis 70 neue Schulleiter, so auch im laufenden Jahr. An 41 Grundschulen, drei Gymnasien, 13 Gemeinschaftsschulen, zehn Sonderschulen und drei Berufsschulen fehlen Direktoren.
Bewerben kann sich, wer über eine bestimmte Qualifikation verfügt. Im Landesschulgesetz heißt es: „Zum Schulleiter kann nur bestellt werden, wer Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist, die über die Ausbildung für das Lehramt hinausgehen.“ Bewerber sollten in der Lage sein, Unterricht pädagogisch zu beurteilen, sie sollten pädagogisch qualifiziert und außerdem team- und konfliktfähig sein. Als Quereinsteiger gleich auf den Schulleiterposten zu kommen, ist also nicht möglich.
„Freie Schulleiterstellen sind kommissarisch besetzt“, erklärt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung. „Die Schulen stehen also nicht ohne Leitung da.“ Kandidaten zu finden, die den Job regulär übernehmen, dürfte allerdings in den nächsten Jahren nicht leichter werden: Viele Direktoren und Stellvertreter gehen demnächst in Pension. Wie groß der Mangel an Bewerbern ist, dazu kann die Senatsverwaltung nichts sagen: Wie viele Anwärter es auf eine Stelle gibt, werde nicht erfasst.
Für den heutigen Schulleiter Niedermöller war klar, dass er irgendwann mehr gestalten will als nur Unterricht. Die Schule als Lebensraum einzurichten sei sein Ziel. Als Direktor entwickelt er nun das Programm seiner Schule und kümmert sich um die Personalplanung. Fast die Hälfte seiner 70 Lehrer gehen in den kommenden Jahren in Pension, sodass er Nachfolger suchen muss.
„Schulleiter ist ein sehr kommunikativer Beruf“, sagt Niedermöller. Er sei im ständigen Austausch mit der Schulaufsichtsbehörde, mit Lehrern, Eltern und Schülern, er müsse Konflikte lösen, vermitteln, wenn Lehrer sich beschweren, weil sie mit Entscheidungen unzufrieden sind, oder mit Eltern über Probleme mit einzelnen Schülern sprechen. Zeitlich sei die Belastung deutlich gestiegen, sagt er, auch gegenüber seinem Posten als stellvertretender Leiter, den er vorher innehatte. Sein Tag beginnt vor acht Uhr morgens und endet manchmal erst um 22 Uhr – etwa dann, wenn er repräsentative Termine am Abend wahrnehmen muss.
Zum Verdienst ist zu sagen: Deutlich mehr als Lehrer verdienen Schulleiter nicht. Die meisten freien Stellen für „Studiendirektoren“ an Berliner Gymnasien zum Beispiel werden nach der Besoldungsgruppe A15 vergütet. Je nach Berufserfahrung verdient ein verbeamteter Schulleiter entsprechend 5100 bis 6400 Euro im Monat. Wer heute als Grundschullehrer oder als Studienrat an einem Gymnasium angestellt ist, bekommt laut Senatsverwaltung 5300 Euro im Monat. Lehrer, die an einer Schule in schwieriger Lage eingesetzt sind, erhalten eine Zulage von monatlich 300 Euro.
Einfach um den höheren Posten bewerben? So leicht ist es nicht mehr. Seit sechs Jahren müssen angehende Schulleiter in Berlin vorher Fortbildungskurse belegen. Diese gehen über eineinhalb Jahre und bestehen aus einem Basis- und einem Spezialisierungsmodul. Am Ende steht ein Zertifikat, das Teilnehmer zur Bewerbung um eine Leitungsstelle berechtigt. Die Länder Berlin und Brandenburg bieten die Kurse über das gemeinsame Landesinstitut für Schule und Medien (Lisum) an. Wer hier bestehen will, muss nicht nur regelmäßig mitmachen. Die Teilnehmer sollen auch ihr eigenes Führungskonzept ausarbeiten und müssen eine schriftliche Prüfung ablegen. Eine große Herausforderung aber ist auch: einen Platz in den Kursen zu bekommen. Es gibt Interessenten, die eineinhalb bis zwei Jahre darauf gewartet haben.
„Es war damals schwer, beim Lisum reinzukommen“, sagt auch Niedermöller. Deshalb hat er das Zertifikat an einer privaten Institution erworben, dem Interessenverband Berliner Schulleitungen (IBS). 600 Euro hat er dafür gezahlt. Außerdem ist die Zentrale Agentur für Schulentwicklung (ZAS) zur Zertifizierung berechtigt. Anschließend musste sich Niedermöller offiziell bewerben, ein Auswahlgespräch mit der Schulaufsichtsbehörde führen und sich in der Schulkonferenz vor Elternvertretern, Lehrern und Schülern gegen einen anderen Kandidaten durchsetzen.
Ganz musste sich Niedermöller nicht vom Lehrerberuf verabschieden: Vier Doppelstunden in der Woche steht er noch vor einer Klasse. So will es das Landesschulgesetz. „Im Unterricht kann ich mich mal entspannen“, sagt er und lacht. Nicht, weil Niedermöller seine Aufgabe als Lehrer nicht ernst nimmt. In den eineinhalb Stunden könne er sich mal auf eine Sache konzentrieren – und sei für niemanden erreichbar.
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