Versicherungen: Lebensversicherer nehmen weniger ein
Eigentlich war es für die Versicherungsbranche kein schlechtes Jahr. Nur die Lebensversicherer haben zu kämpfen.
Die gute Nachricht: „Wir gehen nicht davon aus, dass in diesem Jahr irgendein Lebensversicherer in die Knie geht“, sagte Alexander Erdland, Chef des Versicherungsverbands GDV, am Donnerstag in Berlin. „Wir stemmen das", betont der GDV-Chef und meint damit die nicht enden wollende Niedrigzinsphase und die Zinszusatzreserve, die die Lebensversicherer derzeit als zusätzlichen Schutz gegen Zahlungsschwierigkeiten ansparen müssen. Rund 45 Milliarden Euro hat die Branche bereits zurückgelegt, um die Garantieversprechen an ihre Kunden abzusichern. Bei den Kunden kommt das aber nicht so recht an, die Geschäfte könnten besser laufen. 90,7 Milliarden Euro haben die Lebensversicherer im vergangenen Jahr an Beiträgen eingenommen, das sind 2,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Und auch für das laufende Jahr ist Erdland nicht sonderlich optimistisch. Der Verbandschef rechnet mit einem weiteren Minus von 0,5 Prozent. Die Überschussbeteiligungen sinken, viele Kunden geben ihr Geld lieber anders aus als für Lebensversicherungen.
Andere Versicherungssparten sind besser übers Jahr gekommen. Die Einnahmen in der Schaden- und Unfallversicherung stiegen um 2,9 Prozent auf 66,3 Milliarden Euro, die privaten Krankenversicherer (PKV) nahmen 37,2 Milliarden Euro ein, 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch für 2017 rechnet der PKV-Verband mit einem Wachstum von mindestens einem Prozent. Das setzt jedoch voraus, dass der Mitgliederschwund gestoppt wird. Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Vollversicherten um 17.300 auf 8,77 Millionen Euro, seit dem zweiten Halbjahr verzeichnet der Verband jedoch wieder mehr Ein- als Austritte. Allerdings haben zum Jahresanfang viele Versicherer ihre Beiträge erhöht und das teilweise deutlich. Die Beitragserhöhungen könnten den Aufwärtstrend stoppen. Über alle Sparten hinweg haben die 450 Versicherungen, die im GDV organisiert sind, 2016 gut 194 Milliarden Euro eingenommen, das entspricht weitgehend dem Vorjahresergebnis. Für das laufende Jahr rechnet Erdland mit einem Beitragsplus von „mindestens einem Prozent“.
Wachsen wollen die Versicherer etwa mit Versicherungen gegen Cyber-Kriminelle – Hacker, die sich in die IT von Unternehmen einschleichen, Daten stehlen und den Betrieb lahmlegen. Bisher haben sich in Deutschland fast nur große Unternehmen gegen Cyberrisiken versichert. Mit einem Beitragsvolumen von 50 Millionen Euro bleibt Deutschland weit hinter den USA zurück, in denen Cyberversicherungen über zwei Milliarden Dollar einbringen. „Viele Schäden sind in Deutschland derzeit nicht versichert“, betont Norbert Rollinger, neuer Chef der R+V-Versicherung und im GDV für die Schadensparte zuständig. Die Assekuranz hat daher ein Konzept für eine Cyberversicherung entwickelt, die sich vor allem an kleine und mittlere Unternehmen richtet. Um die Police zu bekommen, müssen die Firmen jedoch zunächst mit Hilfe der GDV-Tochter VdS ihre IT-Sicherheit auf Vordermann bringen und das zertifizieren lassen. Neben der Cyberversicherung plant die Branche aber noch weitere Policen: Versicherungen für internetfähige Haushaltsgeräte, das Smart Home oder die künstliche Intelligenz sind keine Zukunftsmusik mehr.
Die größten Probleme stellen sich aber weiterhin in der Lebensversicherung. Zwar schließt bereits die Hälfte der Neukunden Verträge ohne feste Garantien ab, die Branche leidet aber unter den Altverträgen mit einer garantierten Verzinsung von 3,5 oder vier Prozent. Um auch diese jedes Jahr bedienen zu können, sparen die Unternehmen eine Zinszusatzreserve an. 13 Milliarden Euro haben sie dafür im vergangenen Jahr zurückgelegt, nun will die Branche das Spartempo drosseln und darüber mit der Politik verhandeln. „Es macht doch keinen Sinn, Anleihen mit hohen Zinscoupons verkaufen zu müssen, nur um die Zinszusatzreserve im Eiltempo hochzufahren“, kritisiert Erdland.
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