Ländervergleich: Lebenserwartung in Berlin am stärksten gestiegen
Wer heute in Berlin geboren wird, wird statistisch gesehen 80,5 Jahre alt und damit neun Jahr älter als vor 35 Jahren. Dieser Zuwachs ist ein Rekord.
Ist Berlin nur was für Junge? Werden die Menschen in der lauten und stressigen Metropole nicht alt? Von wegen. In keinem anderen Bundesland ist die Lebenserwartung seit Anfang der 1980er-Jahre so stark gestiegen wie in Berlin. Sie ist heute fast neun Jahre höher als vor gut 35 Jahren. Konkret: Ein Kind, das 1982 in Berlin geboren wurde, hat statistisch gesehen eine Lebenserwartung von 71,9 Jahren. Wer dagegen 2015 auf die Welt gekommen ist - neuere Zahlen gibt es nicht -, kann darauf hoffen, 80,5 Jahre alt zu werden.
Das zeigen aktuelle Berechnungen des Rostocker Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) für die Initiative „7 Jahre länger“ der deutschen Versicherungswirtschaft. Der Versicherungsverband GDV will mit seiner Initiative darauf hinweisen, dass Menschen in Deutschland immer älter werden und nach Meinung der Versicherungsgesellschaften daher eine zusätzliche private Altersvorsorge benötigen.
Der Osten holt auf
Die Daten erlauben es erstmals, die Entwicklung der Lebenserwartung für alle Bundesländer bis in die Zeit vor der Wiedervereinigung zurückzuverfolgen. Dabei zeigt sich, dass vor allem der Osten Deutschlands aufgeholt hat. "Generell haben die neuen Bundesländer am stärksten zugelegt", teilte der GDV am Dienstag mit. Auf den Spitzenreiter Berlin folgen Brandenburg (plus 8,5 Jahre), Mecklenburg-Vorpommern (plus 8,2 Jahre) und Thüringen (plus 7,7 Jahre), wenn es um den größten Zugewinn an Lebenszeit geht. Dahinter kommen Sachsen und mit Hamburg das erste westdeutsche Bundesland – mit einem Plus von jeweils 7,5 Jahren. Den geringsten Zuwachs verzeichnet Bremen: Die Lebenserwartung bei Geburt lag dort 2015 „nur“ 5,9 Jahre über der von 1982.
Was auffällt: Stark gestiegen ist die Lebenserwartung im Osten vor allem ab 1990. „Ein wesentlicher Faktor war dabei die Verbesserung der medizinischen Versorgung nach der Wiedervereinigung“, sagt Sebastian Klüsener, Wissenschaftler am MPIDR. Auch Umweltfaktoren spielen eine Rolle. „Durch den Rückgang von Industrieabgasen hat sich in vielen Gebieten Ostdeutschlands die Luftqualität spürbar verbessert“, so Klüsener.
In Baden-Württemberg wird man besonders alt
Die Spitzenreiter in puncto Lebenserwartung liegen aber unverändert im Westen. Nirgendwo werden die Menschen älter als in Baden-Württemberg (81,8 Jahre). Dahinter folgen Bayern mit 81,3 Jahren und Hessen mit 81 Jahren. Während diese Länder ihre Spitzenpositionen über die Jahrzehnte verteidigt haben, sind andere Regionen im Westen zurückgefallen. Das gilt beispielsweise für Schleswig-Holstein, Niedersachen oder Bremen.
Damit hat sich auch das einstige Ost-West-Gefälle ein wenig aufgelöst. Schlusslichter sind heute neben Sachsen-Anhalt (79,2 Jahre) das Saarland, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern mit einer Lebenserwartung bei Geburt von jeweils 79,8 Jahren. Berlin und Brandenburg liegen im Mittelfeld.
Warum wird man im Süden so alt?
Demograf Klüsener führt die aktuellen Unterschiede vor allem auf die ungleiche wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland zurück. „Wirtschaftsstarke Regionen wie Baden-Württemberg locken beispielsweise viele Akademiker an, die durchschnittlich gesünder sind als andere Teile der Bevölkerung.“ Daneben spielen auch regionale Unterschiede bei den Lebensstilen, wie etwa dem Rauch- oder Trinkverhalten, noch eine wichtige Rolle.
Gleichwohl hat das Gefälle in der Lebenserwartung bei Geburt in Deutschland seit 1982 etwas abgenommen. Trennten damals den Spitzenreiter Baden-Württemberg und Schlusslicht Mecklenburg-Vorpommern noch 3,4 Jahre, so liegt die maximale Differenz heute bei 2,5 Jahren.