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Der größte Internetknotenpunkt weltweit, gemessen am Datendurchsatz, wird von der Firma De-Cix in Frankfurt am Main betrieben.
© Boris Roessler/dpa

Rechenzentren: Kurzer Draht und lange Leitung

Unternehmen brauchen Rechenzentren – doch deren Betreiber leiden hierzulande unter hohen Kosten.

Sechs Terabit pro Sekunde sausen durch die Leitungen in den gut gesicherten Servern von De-Cix – das entspricht einer Größe von 7,2 Millionen gleichzeitig gestreamten Netflix-Filmen pro Sekunde. Gemessen am Datendurchsatz ist der Knotenpunkt des Unternehmens mit Sitz in Frankfurt am Main damit der größte der Welt. Noch.

Deutschland drohe Anschluss zu verlieren

Kontinuierlich sinke Deutschlands Anteil an den weltweiten Rechenzentrumskapazitäten, insbesondere im Vergleich zu Nordamerika und Asien, zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Internetverbands Eco, des Mutterkonzerns von De-Cix. Deutschland drohe den Anschluss zu verlieren, warnt der Verband, der deshalb nun zusammen mit Rechenzentren-Betreibern eine „Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen“ gegründet hat. „Funktionierende und leistungsfähige digitale Infrastrukturen sind das Rückgrat einer gelingenden digitalen Transformation und gleichzeitig Wachstumsmotor, Innovationstreiber und Multiplikator für andere Industrien, insbesondere im Bereich Industrie 4.0“, sagt Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz und Chef des Mitgliedsunternehmens Telehouse Deutschland GmbH.

Mehr als 50 000 Rechenzentren gibt es derzeit in Deutschland, 130 000 Menschen sind dort insgesamt in Vollzeit beschäftigt. Doch weil der Datenverkehr rasant zunimmt, reiche diese Infrastruktur schon bald nicht mehr aus. Doch die Bundesregierung habe bisher kein umfassendes Verständnis digitaler Infrastrukturen in Deutschland entwickelt, lautet der Vorwurf der Allianz. Fachkräftemangel und langwierige Antrags- und Genehmigungsverfahren würden den Ausbau erschweren. Vor allem würden Rechenzentren hierzulande mit 12,58 Cent pro Kilowattstunde weltweit mit den höchsten Strompreis zahlen.

BMW nutzt Rechenzentrum in Island

Viele Unternehmen würden ihre Rechenzentren deshalb in andere Länder mit deutlich günstigeren Preisen verlegen, wie beispielsweise Island, wo BMW und Volkswagen bereits Rechenzentren bezogen haben. Auch ein weiterer großer Automobilhersteller wolle dorthin nun das Doppelte bis Vierfache seiner Rechenleistungskapazität verlegen, sagte Waldhauser. „Unter dem Aspekt der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, der digitalen Versorgung von Wirtschaft und Gesellschaft und der Datensicherheit muss die Bundesregierung deshalb dringend eine konsistente Strategie zur Stärkung des Rechenzentrumsstandorts erarbeiten“, betonte Waldhauser. Dafür sei vor allem auch der flächendeckende Ausbau verfügbarer Breitbandnetze alternativlos.

Länder rufen nur einen Bruchteil der Fördermittel ab

Doch genau dabei hapert es erheblich, wie aktuelle Zahlen aus dem Bundesverkehrsministeriums zeigen. Demnach haben die deutschen Städte und Landkreise bisher nur einen Bruchteil der Bundes-Fördermittel für den Ausbau von schnellem Internet abgerufen. Seit 2015 hat der Bund zwar rund 3,5 Milliarden Euro für Projekte genehmigt, tatsächlich abgeflossen sind bis Ende Mai aber nur rund 26,6 Millionen Euro. Damit sind bisher nur knapp 0,8 Prozent der zugesagten Fördergelder auch tatsächlich abgerufen worden, so die Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen.

Grüne machen Dobrindt verantwortlich

Die Grünen machen Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dafür verantwortlich: „Er hat das Programm so kompliziert gemacht, dass insbesondere die kleineren Städte und Gemeinden nachvollziehbar überfordert sind mit den Anträgen und den sehr umfangreichen Ausschreibungen“, sagte Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. Die meisten Kommunen kämen über die erste Beratungsphase nicht hinaus.

Union und SPD haben im Koalitionsvertrag angekündigt, die Förderbedingungen zu vereinfachen. Vorschläge seien schon erarbeitet, die Abstimmung dazu laufe, heißt es in der Antwort des Verkehrsministeriums. Die meisten Mittel würden bis Ende 2021 ausgezahlt.

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