zum Hauptinhalt
China tastet sich vor. Die Landeswährung Renminbi kann jetzt auch über die Drehscheibe Frankfurt am Main gehandelt werden.
© imago stock&people

China öffnet Kapitalmarkt und Devisenhandel: Kurswechsel in Peking

Der chinesische Kapitalmarkt war bislang weitgehend abgeschottet. Das ändert sich am heutigen Montag: Peking öffnet die Börse und erleichtert den Handel in der Landeswährung Renminbi.

Mehr Wachstum, mehr Wohlstand. Das ist Xi Jinpings Versprechen an das chinesische Volk. Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren redet der Staatschef immer wieder vom „chinesischen Traum“. Um ihn wahr werden zu lassen, hat Xi umfassende Reformen in Angriff genommen. Er will privates Unternehmertum fördern, die Korruption bekämpfen, den Konsum im Land steigern, den Klimaschutz verbessern. Weit oben auf der Reformagenda des Staatschefs steht zudem die Öffnung des Finanzmarktes. Denn der ist bislang strikt abgeschottet. An diesem Montag wird sich das ein Stück weit ändern.

Zum einen wird der chinesische Aktienmarkt leichter für ausländische Anleger zugänglich. Zum anderen nimmt in Frankfurt am Main eine neue Drehscheibe für den Handel mit der chinesischen Währung Renminbi ihren Betrieb auf. Es sind zwei Schritte, mit denen sich China weiter für die Welt öffnet.

DER AKTIENMARKT

Von diesem Montag an werden die Börsen in Hongkong und Schanghai kooperieren. Für ausländische Anleger ist das ein großer Fortschritt. Denn die Börse in Schanghai war bislang vom internationalen Finanzmarkt abgeschottet. Der Finanzplatz der Sonderverwaltungszone Hongkong steht dagegen auch internationalen Investoren offen. Entsprechend können Ausländer künftig über Hongkong auch etliche chinesische Aktien kaufen. Sie haben dann die Wahl aus den Papieren von rund 590 chinesischen Firmen – gut 500 mehr als bislang. Auch für Chinesen wird es durch die Kooperation leichter, ihr Geld anzulegen. Denn sie können deutlich mehr Aktien kaufen, die an der Börse in Hongkong notiert sind.

Aus Sicht der chinesischen Regierung ist das ein Kurswechsel. „Bislang war das Finanzsystem darauf ausgerichtet, die Staatsunternehmen möglichst günstig mit Krediten zu versorgen“, sagt Sandra Heep vom Mercator Institute for China Studies in Berlin. „Darunter haben chinesische Privatanleger jedoch stark gelitten, weil sie nur sehr geringe Zinsen auf Erspartes bekommen.“

Doch die chinesische Regierung hat mittlerweile ein Interesse daran, die Situation der Sparer zu verbessern – zum Beispiel, indem sie ihnen ermöglicht, verstärkt Aktien zu kaufen. Wenn das Volk über mehr Geld verfügt, wird es mehr ausgeben, so die Hoffnung. China will die Bürger dazu animieren, mehr zu konsumieren und damit das Binnenwachstum zu stärken. Auf diese Weise soll das Land weniger abhängig von Exporten werden.

Deutschen Unternehmen werden Geschäfte mit China erleichtert

Premiere in der Eurozone. Frankfurt wird zum ersten Handelszentrum für die chinesische Währung in der Euro-Zone.
Premiere in der Eurozone. Frankfurt wird zum ersten Handelszentrum für die chinesische Währung in der Euro-Zone.
© dpa

Allerdings gibt China seinen Aktienmarkt nicht sofort vollständig frei. Den Anlegern sind Grenzen gesetzt. So dürfen Ausländer am Tag maximal Aktien im Wert von 13 Milliarden Yuan (1,7 Milliarden Euro) handeln. Die Regierung will Erfahrung sammeln – und erst dann den Markt weiter öffnen. Stefan Zeidler, Firmenkunden-Vorstand der DZ Bank, hält das für richtig. „China geht bei der Öffnung des Kapitalmarktes sehr vorsichtig, sehr kontrolliert vor“, sagt er. „Das ist geradezu lehrbuchhaft.“

DER RENMINBI-HANDEL

Parallel zum Aktienmarkt liberalisiert Peking auch den Handel mit der chinesischen Währung Renminbi. In Frankfurt am Main nimmt an diesem Montag eine Drehscheibe für Transaktionen in Renminbi ihren Betrieb auf. Damit wird Frankfurt zum ersten Handelszentrum für die chinesische Währung in der Euro-Zone. Für deutsche und chinesische Unternehmen, die gemeinsam Geschäfte machen, ist das eine enorme Erleichterung. Denn die chinesische Währung wird anders als etwa der Dollar oder der Euro nicht frei gehandelt. Eine deutsche Firma, die ihre Rechnung beim chinesischen Handelspartner in Renminbi bezahlen wollte, musste das deshalb bislang entweder über eine Bank mit Sitz in China oder über eine Renminbi-Drehscheibe in Hongkong abwickeln. Das war aber für die Firmen schon allein aufgrund der Zeitverschiebung schwierig.

Bislang wurde immer in Dollar abgerechnet

Lange sind daher Zahlungen zwischen China und Deutschland fast ausschließlich in Dollar abgewickelt worden. Dabei hat es für deutsche Unternehmen durchaus Vorteile, die chinesische Währung zu nutzen. So gewähren chinesische Firmen ihren Handelspartnern häufig Rabatte, wenn sie Renminbi akzeptieren. Denn für Chinesen ist es mit viel Aufwand und Kosten verbunden, ausländische Devisen in ihre Landeswährung umzutauschen. Sie müssen dafür einen Antrag bei einer lokalen Behörde stellen, außerdem verlangen die Banken hohe Umtauschgebühren. Deutsche Großkonzerne sind deshalb bereits dazu übergegangen, mehr Rechnungen in der chinesischen Landeswährung zu bezahlen. Für den Industriekonzern Siemens ist der Renminbi mittlerweile die drittwichtigste Konzernwährung. Ähnlich ist das beim Chemie- und Pharmakonzern Bayer.

Auch Mittelständler bekommen im China-Geschäft bessere Chancen

Durch die neue Drehscheibe in Frankfurt wird es künftig auch für Mittelständler einfacher, ihre Geschäfte mit China in Renminbi abzuwickeln. Zum Beispiel für die Berliner Firma World of Medicine, die seit zwei Jahren in China aktiv ist. Das Unternehmen entwickelt und produziert unter anderem Pumpen und Kameras für die minimal-invasive Chirurgie – Geräte, für die es auch in China einen großen Markt gibt. „Alles, was den Geldverkehr mit China leichter macht, können wir daher nur begrüßen“, sagt Geschäftsführer Oliver Kupka.

Auch Banken eröffnet die stärkere Verbreitung des Renminbi neue Möglichkeiten – und zwar nicht nur den deutschen. Bereits jetzt sind die großen chinesischen Institute mit Ablegern in Deutschland vertreten, machen den hiesigen Instituten aber noch keine große Konkurrenz. Doch das könnte sich bald ändern. „In fünf bis zehn Jahren dürften die chinesischen Banken viel stärker als heute in Deutschland aktiv sein“, sagt DZ-Banker Zeidler. „Sie dürften dann auch deutlich stärker versuchen, deutsche Mittelständler als Kunden für sich zu gewinnen.“

Zur Startseite