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Der Bulle ist los. Das Symbol für steigende Aktienkurse steht in Frankfurt vor der Wertpapierbörse – dort ist der Dax 2017 um 12,5 Prozent gestiegen.
© Frank Rumpenhorst/dpa

Steigende Aktienmärkte: Kursgewinne locken Börsenkandidaten

Siemens will seine Medizintechnik-Sparte schneller an den Kapitalmarkt bringen als geplant. Experten sehen rund 20 Firmen auf dem Sprung an die deutsche Börse.

Siemens will offenbar die Gunst der Stunde nutzen und seine Medizintechniksparte früher als geplant an die Börse bringen. Wohl mit Blick auf die seit Jahresanfang wieder kräftig steigenden Aktienkurse plant der Dax-Konzern Finanzkreisen zufolge die Tochter Healthineers noch vor Ostern, also im März, an der Frankfurter Börse zu platzieren. Es wäre die größte Neuemission in Frankfurt seit der Deutschen Telekom vor mehr als 20 Jahren. Analysten bewerten Healthineers mit bis zu 40 Milliarden Euro und sehen das Unternehmen als Dax-Kandidat. Siemens will nur einen Minderheitsanteil an den Aktienmarkt bringen. Die Emission könnte demnach sechs bis zehn Milliarden Euro schwer werden. Siemens selbst äußerte sich am Montag nicht, viele Details des Börsengangs sind bislang noch offen.

Klar ist, dass der neue Milliardenkonzern die Fantasie der Investoren anregt, denn Healthineers operiert in einem attraktiven Wachstumsmarkt mit hohen Renditen. Außerdem würde eine Abspaltung wahrscheinlich auch dem Kurs der Siemens-Aktie gut tun, denn Investoren schätzen es, wenn komplexe Konglomerate wie der Mischkonzern schlanker und flexibler werden.

Dax könnte 2018 die Marke von 14.000 Punkten überspringen

Die Stimmung an der deutschen Börse könnte aktuell nicht besser sein. Seit Jahresanfang hat der Deutsche Aktienindex (Dax) etwa 3,5 Prozent zugelegt – nach einem Plus von 12,5 Prozent im Gesamtjahr 2017. Auch am Montag ging es weiter nach oben, der Dax nahm zum Handelsauftakt die Hürde von 13400 Zählern in Angriff. Viel fehlt nicht mehr bis zu seinem Rekordhoch vom vergangenen November bei 13525 Punkten.

Eine Reihe von Analysten geht davon aus, dass der Dax im laufenden Jahr die Marke von 14000 Punkten überspringen könnte. Dies entspräche einem weiteren Zuwachs von rund fünf Prozent. Bei anhaltend niedrigen Zinsen, steigenden Unternehmensgewinnen und mangelnden Anlagealternativen suchen Investoren nach wie vor am internationalen Aktienmarkt ihre Chancen.

Das gilt auch für Börsenkandidaten, die in den kommenden Monaten in Deutschland den Weg an den Kapitalmarkt über eine Erstplatzierung von Aktien planen, ein sogenanntes IPO (engl. Initial Public Offering). Das Beratungsunternehmen PwC erwartet „das beste Jahr seit langem am IPO-Markt“. Aktuell bereiteten sich 15 bis 20 Unternehmen hierzulande auf einen Börsengang vor, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Analyse. Viele davon zielten bereits auf das erste Halbjahr. „Für 2018 rechnen wir mit 14 bis 18 IPOs“, erklärte PwC-Kapitalmarktexpertin Nadja Picard. Die Unternehmensberatung EY (Ernst & Young) erwartet 13 bis 18 Börsengänge deutscher Unternehmen. Mehr waren es zuletzt 2007: Vor der aufziehenden Finanzkrise hatten 44 Firmen aus Deutschland den Sprung geschafft, ehe der Markt für Jahre zusammenbrach. Unter den aktuellen Kandidaten finden sich neben Siemens Healthineers die Deutsche-Bank- Tochter DWS, der Fahrzeugzulieferer Knorr-Bremse und die wissenschaftliche Verlagsgruppe Springer Nature. Zusammen kämen allein diese vier Kandidaten laut PwC auf ein potenzielles Emissionsvolumen im zweistelligen Milliardenbereich. „Die IPO-Pipeline ist so prall gefüllt, zumindest was das Volumen angeht, wie nicht mehr seit dem Jahr 2000“, sagte Picard. Alles spreche dafür, „dass wir das höchste IPO-Volumen seit 18 Jahren sehen werden“.

Börsenneulinge hatten 2017 überwiegend Erfolg

Die Erfahrungen des vergangenen Jahres sprechen für die neuen Börsenaspiranten: Nahezu zwei Drittel der Neulinge, die 2017 aufs Parkett kamen, zeigten nach PwC-Angaben eine „sehr positive Entwicklung“ und schlossen das Jahr mit „Kurszuwächsen im zweistelligen Prozentbereich“ ab.

Allerdings spricht ein großer Zulauf an die Börse noch nicht automatisch für eine nachhaltig positive Kursentwicklung. Eher im Gegenteil: Er ist ein Anzeichen für eine Überhitzung. „Außergewöhnlich viele Aktienrückkaufprogramme oder ein hohes IPO-Volumen sind hier klassische Indikatoren“, erklärte Christian Kahler von der DZ Bank in seinem Ausblick auf das neue Jahr. Allerdings verfügten die Unternehmen „vielerorts unverändert über gesunde Bilanzen und respektables Ertragswachstum“.

So auch die Medizintechnik von Siemens. Mit weltweit 46000 Beschäftigten erzielte die Sparte im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 13,8 Milliarden Euro eine Ergebnismarge von 18,1 Prozent und war damit eine der profitabelsten Einheiten des Konzerns. Den höchsten Anteil am Gewinn hatte die diagnostische Bildgebung. Im Bereich Medizintechnik gibt es in dieser Größenordnung nur wenige börsennotierte Unternehmen in Deutschland. Kleinere Nischenanbieter, deren Aktien Anleger kaufen können, sind Sartorius, Carl Zeiss Meditec oder Drägerwerk.

Henrik Mortsiefer

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