Exportprodukt Nr. 1 der Ukraine: Krim-Sekt, das Krisengetränk
Der Krim-Sekt ist für die Ukraine ein wichtiges Exportprodukt. Deutsche kaufen jährlich 200.000 Flaschen.
„Die Ukraine teilen – das ist Blödsinn“, sagt Sergej Exner. Der Ukrainer sorgt sich um sein Land. Es soll eigenständig bleiben, fordert er. Die gegenwärtige Krise könnte auch für sein Geschäft zum Problem werden, denn Exner importiert den Krimsekt „Sojus Krim“ nach Deutschland. Deswegen hofft er, dass bald Ruhe einkehrt auf der SchwarzmeerHalbinsel.
Die Krim lebt zwar vom Tourismus und der Landwirtschaft, doch im Ausland kennt man sie vor allem wegen des nach ihr benannten Sekts. Im Handel findet man eine weiße und eine rote Variante des Schaumweins, der erstmals 1799 in Sudak und Aluschta hergestellt worden sein soll. Mit dem Gewinn des Grand Prix auf der Pariser Weltausstellung von 1900 wurde der Krimsekt zum einzigen regionalen Exportgut von Bedeutung. InternetPortale wie „WeinAuskunft“ berichten von 50 Millionen Flaschen, die jährlich produziert werden. Belegen lassen sich diese Zahlen aber nicht.
Trotz des Konflikts mit Russland wird der Krimsekt wohl ein Exportschlager bleiben. Vor ein paar Tagen erst habe er mit der Fabrik in Sewastopol telefoniert, sagt Exner, der nordöstlich von Berlin in Eberswalde sitzt. „Alle Verträge bleiben intakt“ – das habe man ihm versichert. Er erwartet also die nächste LKW-Ladung, auch wenn er fürchtet, dass sein Geschäft in Zukunft schwieriger werden könnte.
Krim-Sekt kommt nicht zwingend von der Krim
Die Deutschen, die im vergangenen Jahr nach Angaben des Verbands deutscher Sektkellereien rund 214 000 Flaschen Krimsekt importiert haben, können gelassen bleiben – selbst im Fall von Wirtschaftssanktionen. „Krimsekt“ ist nämlich keine geschützte Herkunftsbezeichung. Produkte, die sich so nennen, können genauso gut an anderen Orten hergestellt werden. Schon jetzt kommt der Großteil der Produktion aus Odessa, Kiew, Charkiw und Artemiwsk.
Hergestellt wird der Krimsekt wie Champagner: Dem Grundwein wird Hefe zugesetzt, dann wird er verschlossen. Nach neun bis zwölf Monaten Gärung werden die Flaschen – zum Teil noch von Hand – gerüttelt, so dass sich die Hefe im Flaschenhals sammelt und später im Eisbad entfernt werden kann. Wieder verschlossen reift der Sekt dann noch zwei bis drei Jahre.
„Krimskoye - der einzig echte Krimsekt“
Außer „Sojus Krim“ finden sich in Deutschland kaum Sektmarken, die wirklich von der Krim stammen: In größeren Mengen wird eigentlich nur „Krimskoye“ von der Krim eingeführt, „der einzig echte Krimsekt“, wie ihn Importeur Simex nennt. „Ukrainskoje“, der Krimsekt der Henkell-Gruppe („Fürst von Metternich“, „Henkell trocken“), kommt aus Kiew. Dovgan, laut eigener Auskunft Europas größter Händler russischer Lebensmittel, importiert seinen „Krimstern“ aus Moldawien.
Die Ukrainer dürfte das nicht stören. Wie ihre Nachbarn in Russland und Moldawien unterscheiden sie ohnehin nicht zwischen Sekt und Champagner. In ihrer Heimat heißt der Krimsekt deshalb nicht Krimsekt, sondern „Schampanskoje“. Im Gegensatz zu „Krimsekt“ ist „Champagner“aber eine geschützte Herkunftsbezeichung, die den Schaumweinen aus der französischen Region Champagne vorbehalten bleibt. „Krimskoje Schampanskoje“ nennen die Ukrainer deshalb ihren Sekt – Champagner von der Krim.
Lukas Wohner