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Wahrheitsfindung. Der Automobilhersteller BMW mit seiner Zentrale in München hatte immer betont, mit der Manipulation von Abgaswerten nichts zu tun zu haben. Diese Aussagen erscheinen jetzt in neuem Licht.
© dpa

Dieselgate: Kraftfahrt-Bundesamt prüft BMW

Messungen der Deutschen Umwelthilfe legen den Verdacht nahe, auch BMW habe bei Abgastests getrickst. Nun will das Kraftfahrt-Bundesamt mehr wissen.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat einen ersten Erfolg im Fall BMW erzielt: Als Konsequenz aus ihren Messungen zu möglichen Manipulationen der Abgasreinigung beim Modell 320 d teilte das Bundesverkehrsministerium am Dienstag mit, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dem Fall nachgehe. Die DUH verlangt aber darüber hinaus Auskunft darüber, welche Abschalteinrichtungen bei Diesel-Pkw dem KBA bekannt sind. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch sagte, seine Organisation habe dafür eine Frist von vier Wochen gesetzt. „Jeder Autofahrer hat Anspruch darauf zu wissen, ob sein Auto eine Abschalteinrichtung hat“, sagte Resch zur Begründung.

Die Drehzahl bestimmt die Abgase

Der von der DUH mehrfach gemessene BMW 320 d habe nach der einschlägigen EU-Definition „ganz klar“ eine solche Einrichtung zur Abschaltung der Abgasreinigung, sagte Resch. Diese Programmierung der Motorsteuerung sei auch „nicht legal“, weil Fahrten mit einer Motordrehzahl von 3500 Umdrehungen pro Minute und 200 Newtonmetern Drehmoment völlig normal seien. BMW könne sich deshalb nicht darauf berufen, dass damit der Bereich der „üblichen Kundenfahrweise“ verlassen sei. Beim getesteten 320 d war die Abgasrückführung und damit die Abgasreinigung ab 2000 Umdrehungen reduziert und ab 3500 Umdrehungen ganz abgeschaltet worden. Über die Messungen hatten der Tagesspiegel und das ZDF-Verbrauchermagazin „Wiso“ zuerst berichtet.

Nachrüstung kostet angeblich 300 Euro

Die entsprechenden Prüfunterlagen hat die DUH dem Bundesverkehrsministerium und dem KBA übergeben. „Sie sollten die Typzulassung überprüfen und diese gegebenenfalls entziehen, auch für alle anderen Fahrzeuge, die ähnliche Defekte in der Abgasreinigung haben“, sagte Resch. Er forderte, dass alle neun Millionen Diesel-Pkw nach den Normen Euro 5 und 6 auf deutschen Straßen auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden. Eine wirksame Abgasreinigung beim Diesel mit einem SCR-Katalysator würde weniger als 300 Euro Aufpreis pro Auto kosten. Der DUH-Geschäftsführer wies auch darauf hin, dass die EU-Kommission am Donnerstag darüber entscheiden werde, ob sie gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof klagen werde, weil die Bundesrepublik seit Jahren die EU-Schadstoffgrenzwerte für die Luft in Städten nicht einhalte.

Die Hersteller wollen die Ventile schonen

DUH-Abgasexperte Axel Friedrich erklärte, warum BMW beim 320 d seinen Messungen zufolge die Abgasrückführung in bestimmten Drehzahlbereichen reduziert und sogar ganz abgeschaltet habe. Die Ventile dieser Technik setzten sich so schnell zu, dass sie alle 15 000 Kilometer gereinigt werden müssten. Wer das als Hersteller vermeiden wolle, schalte die Rückführung aus. Dadurch sänken die Verschmutzung der Ventile der Abgasrückführung und die Partikelmengen im Rußfilter. „Dann erfüllt das Auto aber nicht mehr die Vorschriften.“ Nach den EU-Vorschriften müssten Pkw noch nach 160 000 Kilometern Laufleistung die Schadstoffgrenzwerte einhalten.

BMW spricht von untypischer Fahrweise

Auf der Pressekonferenz der DUH verteilte der BMW-Lobbyist Klaus Scheuerer eine Stellungnahme des Entwicklungsvorstands seines Unternehmens, Klaus Fröhlich. Darin heißt es: „Wenn ein Tester bewusst und zielgerichtet untypische Fahrweisen im Randbereich erzwingt, um plakative Emissionswerte zu konstruieren, dann hat das Züge einer gezielten Kampagne.“ Auch Scheuerer konnte auf Nachfrage nicht erklären, warum Drehzahlen zwischen 2000 und 3500 Umdrehungen „im Randbereich“ sein sollen. Er verwies stattdessen darauf, dass die Tester der DUH mit vier Personen plus Messelektronik im Testwagen säßen. Das sei ein atypisch hohes Gewicht.

Die Veröffentlichungen haben bei BMW intern zu massiver Aufregung geführt, galt der Autobauer doch bislang beim Thema Diesel-Abgase als „sauber“. „Nun ist der Dreckspritzer auch auf unseren Autos“, hieß es. Für das „Gesamtbild“ seien die Vorwürfe der DUH „nicht schön“, zumal BMW den höchsten Anteil an Dieselfahrzeugen aller deutschen Hersteller hat. „Das hilft sicher nicht beim Verkauf“, hieß es. Man müsse sich nun mit einem Verdacht auseinandersetzen und diesen mit Informationen widerlegen. Auch auf der Vorstandssitzung waren die Berichte Thema.

Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch-Gladbach, sagte dem Tagesspiegel: „Das Bundesverkehrsministerium ist jetzt aufgerufen, diese Messungen der DUH amtlich zu überprüfen.“ Nicht nur bei BMW, sondern auch zum Beispiel bei Daimler und Opel habe die DUH auf „rechtliche Grauzonen“ hingewiesen.

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