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Das Einkaufszentrum „Mall of Berlin“ am Leipziger Platz verteilte am Donnerstag Geschenke für Air-Berlin-Mitarbeiter.
© DAVIDS

Insolvente Fluggesellschaft: Konkurrenten füllen Air Berlins Lücken

Der Poker um die insolvente Fluglinie Air Berlin geht in die heiße Phase. Einige Airlines eröffnen derweil neue Strecken ab Berlin.

Berlin - Noch genau eine Woche bleibt interessierten Käufern der insolventen Fluglinie Air Berlin, ein verbindliches Angebot abzugeben: Am 15. September müssen die Unterlagen vorliegen, am 21. entscheiden die Gläubiger. Und die Lufthansa soll vorsorglich schon eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung für den 26. September angesetzt haben – um eine mögliche Übernahme maßgeblicher Teile der Airline abzusegnen?

Das darf man zumindest annehmen. Alle Beteiligten sind peinlich darauf bedacht, den Eindruck zu vermeiden, die Sache sei schon gelaufen. Das ist sie auch tatsächlich noch nicht, wobei die Lufthansa-Gruppe und die britische Billigfluglinie Easyjet weiterhin als aussichtsreiche Bieter gelten – und derzeit lieber schweigen. Auch Ralf Teckentrup, der sonst selbst- und sendungsbewusste Chef der Ferienairline Condor, will vorerst nichts zu dem Thema sagen. Weniger aussichtsreiche Interessenten, darunter der Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl, kommunizieren derweil umso lautstärker. Letzterer kündigte jetzt ein Gebot in dreistelliger Millionenhöhe für Air Berlin an. „Man wird überrascht sein, wie hoch das Angebot letztlich sein wird“, polterte Wöhrl im Gespräch mit dem Fachportal airliners.de. Er wolle Air Berlin „ganz oder gar nicht“.

Während die bekannten Kaufinteressenten, darunter die mittelständische Berliner Logistik-Gruppe Zeitfracht, Bücher prüfen und mit ihrer Kommunikationstaktik beschäftigt sind, schaffen Air Berlins Rivalen, die offensichtlich kein Kaufinteresse haben, erste Fakten. Schließlich soll schon Anfang Oktober auch die letzte verbliebene Langstreckenverbindung von Air Berlin am Flughafen Tegel eingestellt werden. Mit den wegfallenden Flügen Richtung USA und zum Etihad-Asien-Drehkreuz Abu Dhabi des Noch-Großaktionärs Etihad fallen in der Hauptstadt wichtige Routen aus dem Flugplan. Etihads Lokalrivale Qatar Airways schickt daher kurzfristig eine Boeing 777-300ER, das weltweit längste Passagierflugzeug mit zwei Triebwerken, auf täglichen Pendelflug zwischen Katars Hauptstadt Doha und Berlin. Bisher war Qatar auf der Verbindung mit einem deutlich kleineren Airbus A330 unterwegs.

Als Reaktion auf den Wegfall der US-Strecken von Air Berlin verlängert Delta ihren täglichen Flug zwischen Tegel und New York JFK, dem Drehkreuz für die Ostküste der USA. Die Verbindung war zwar zunächst nur für die Sommersaison geplant. Nun aber legte Delta die Strecke auch bereits für den übernächsten Flugplan ab Mai auf. Und wer einen Umstieg auf halber Strecke nicht scheut, wird auf der Transatlantikroute künftig auch bei Icelandair fündig: Die isländische Gesellschaft kündigte an, Berlin-Tegel neu ins Programm aufzunehmen. Bereits ab Anfang November fliegen die Isländer zwischen Berlin und ihrem Drehkreuz in Keflavik – von dort aus in mehrere Metropolen Nordamerikas.

Auch im Europa-Verkehr ist der Markt durch den absehbaren Air-Berlin-Ausfall in Bewegung geraten: Die kleinere Berliner Airline Germania, bisher stationiert in Schönefeld, will ab kommendem März nach langjähriger Pause wieder von Tegel starten. Es geht unter anderem um Ziele, die zuletzt Air Berlins Tochter Niki bedient hatte: nach Mallorca etwa. Und die polnische Airline LOT reagiert darauf, dass Air Berlin sein Polen-Angebot zuletzt stark ausgeweitet hatte – nun aber ausfallen wird. LOT fliegt ab Dezember nach jahrelanger Pause wieder zwischen Tegel und Warschau.

Zudem drängen ganz neue Spieler auf den Markt. Noch bevor Air Berlin vor gut drei Wochen den Insolvenzantrag gestellt hatte, tauchte die noch kleine Azur Air mit Sitz in Düsseldorf auf. Eigentümerin ist die türkische Anex Tourism Group. Mit zwei Langstreckenmaschinen bedient diese Airline bereits einige der einst klassischen Air-Berlin-Routen rund ums Mittelmeer. Ganz reibungslos läuft die Übernahme derartiger Strecken allerdings nicht. Bei einem Flug von Azur Air von Schönefeld vor wenigen Wochen sollen sich chaotische Szenen abgespielt haben, da die Maschine viel zu klein war, um alle Passagiere aufzunehmen. Mancher Reisende, der zuletzt von Air Berlin genervt war, sehnt sich vielleicht einmal nach ihr zurück.

Kevin P. Hoffmann

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