Tankstellen vor Ostern: Koalition tritt auf Spritpreis-Bremse
Angesichts neuer Spritpreisrekorde wollen Union und FDP nun doch per Gesetz in den Kraftstoffmarkt eingreifen. Vorbilder sind Österreich und Australien.
Unmittelbar vor der Osterreisewelle hat sich offenbar auch innerhalb der Regierungskoalition im Bundestag der Wille durchgesetzt, ein Gesetz gegen das sogenannte „Spritpreis-Jojo“ auf den Weg zu bringen. Dabei geht es um das Phänomen extrem stark schwankender Benzin- und Dieselpreise, wie sie seit etwa einem Jahr verstärkt registriert werden. Diese Extreme würden dazu beitragen, dass Autofahrer verwirrt würden und keine Gelegenheit hätten, nach der günstigsten Tankstelle am Ort zu suchen, führen Kritiker der Mineralölbranche an.
Im Dezember war der von CDU und SPD regierte Freistaat Thüringen vorgeprescht und hatte eine Gesetzesinitiative angekündigt. Das Maßnahmenpaket soll am morgigen Freitag im Bundesrat behandelt werden. Im Antrag wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, eine „Preiserhöhungsbremse“ nach österreichischem Vorbild einzuführen. Im Nachbarland dürfen die Preise nur einmal am Tag, jeweils um zwölf Uhr mittags, erhöht werden.
Bei der Vorstellung des Antrages vor drei Monaten hatte ein Sprecher der Bundesregierung die Vorschläge noch abgelehnt. Nun hat zumindest in den Fraktionen ein Umdenken eingesetzt. So sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Joachim Pfeiffer (CDU), am Donnerstag, dass die Koalition möglichst noch vor der Hauptreisesaison im Sommer per Gesetz die extremen Preisschwankungen unterbinden wolle, um den Verbrauchern damit bessere Möglichkeiten zur Reaktion auf Erhöhungen geben. „Der klare politische Wille ist da“, sagte Pfeiffer (CDU) der Nachrichtenagentur dapd.
Die Erfahrungen einschlägiger Modelle aus Österreich und Australien zur Begrenzung der Benzinpreis-Erhöhungen sollten in den Antrag der Koalitionsfraktionen einfließen, erklärte Pfeiffer. Im Bundesstaat Westaustralien muss eine geplante Erhöhung einen Tag vorher dem Handelsministerium gemeldet werden, so dass die Konzerne wenigstens nicht kurzfristig über die Preispolitik der Konkurrenz Bescheid wissen.
Kann mehr Transparenz für sinkende Preise sorgen?
Pfeiffer gab zu bedenken, dass es „nicht ganz trivial“ sei, ein solches Gesetz auf Deutschland zu übertragen, da etwa mittelständische Tankstellenbetreiber von den Großhandelspreisen der Konzerne abhängig seien, die nicht reguliert würden. Zum Schutz dieser kleinen Betreiber beschloss das Kabinett am Donnerstag eine Verlängerung des Verbots sogenannter Preis-Kosten-Scheren. „Damit wird verhindert, dass die großen Mineralölkonzerne kleine und mittlere Konkurrenten im Wettbewerb behindern, indem sie ihnen Kraftstoffe zu einem höheren Preis liefern als dem, den sie selbst an ihren eigenen Tankstellen von den Endverbrauchern verlangen“, sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).
Bei den großen Tankstellenkonzernen lehnt man derartige Gesetze erwartungsgemäß ab. „Die Politik muss wissen, was sie will: Weniger Preissprünge könnte man mit so einem Gesetz nach österreichischem Vorbild erreichen, aber nicht niedrigere Preise“, sagte Karin Retzlaff vom Mineralölwirtschaftsverband MWV.
Tatsächlich belastet die Höhe der Preise die meisten Autofahrer wohl mehr als die Volatilität der Preise. Seit Jahresbeginn steuern Kraftstoffpreise auf ein neues Allzeithoch zu. An Berliner Tankstellen zahlten Autofahrer laut dem Vergleichportal clever-tanken.de am Mittwoch im Schnitt 1,536 Euro für den Liter Diesel und 1,667 Euro für den Liter Super E10.
Doch in Bund und Ländern hofft man, dass Spritpreise automatisch sinken könnten, wenn mehr Transparenz in den Markt kommt. „Wir sind zuversichtlich, dass es für unsere Initiative eine Mehrheit gibt, zumal sich zuletzt mehrere Länder angeschlossen haben“, sagte Thüringens Verkehrsminister Christian Carius (CDU) dem Tagesspiegel. Er scheint beim Bund nun offene Türen einzurennen. Laut seinem Parteifreund Pfeiffer aus dem Bundestag könnte schon im Mai oder Juni Klarheit für eine Verabschiedung noch vor der parlamentarischen Sommerpause herrschen.