Millionen im Paradies: KfW-Tochter DEG investiert in Steueroasen
Die KfW-Tochter DEG finanziert Firmen in Entwicklungsländern und beteiligt sich dafür an Fonds. Neun dieser Fonds sitzen in Steueroasen wie Mauritius oder den Cayman Islands.
Eigentlich müsste sie die Streberin unter den Banken sein: Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) vergibt Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Das soll das private Unternehmertum in diesen Ländern stärken. Die DEG ist damit eine der Organisationen, die die entwicklungspolitischen Ziele der Bundesregierung umsetzen sollen. Sie ist eine hundertprozentige Tochter der bundeseigenen Förderbank KfW. Der Mutterkonzern bezeichnet sich selbst als „Bank aus Verantwortung“.
Umso überraschender ist vor dem Hintergrund, wie die DEG einen Teil ihrer Gelder investiert: nämlich über Fonds, die ihren Sitz in Steueroasen haben.
Laut Geschäftsbericht ist die DEG gleich an neun Fonds beteiligt, die ihren Sitz in Ländern haben, die für ihre laxen Gesetze und Steuervorschriften bekannt sind. Fünf dieser Fonds haben sich in Mauritius angesiedelt, drei auf den Cayman Islands und eine in Saint Kitts and Nevis, einem Inselstaat auf den Kleinen Antillen. Alle drei Standorte führt die EU-Kommission auf einer schwarzen Liste, weil Mitgliedsstaaten sie als Steueroasen einstufen.
Die Fonds haben der DEG zuletzt 700.000 Euro eingebracht
Aus diesen neun Fonds hat die DEG allein im vergangenen Jahr Erträge in Höhe von 700.000 Euro erzielt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach sind die DEG-Beteiligungen an Fonds mit Sitz in Steueroasen mindestens 250 Millionen Euro wert.
Politiker von Linken und Grünen verurteilen die Aktivitäten der DEG in Steueroasen scharf. „Die DEG ist Teil der perversen Maschinerie der Steuervermeidung international agierender Banken“, sagt der Linken-Abgeordnete Niema Movassat. Er spricht von einem „verwerflichen und ungerechten System“. Auch Grünen-Politiker Gerhard Schick hält diese Praxis für „völlig inakzeptabel“. „Die DEG verteilt Geld an jene, denen sie es vorher durch zweifelhafte Steuervermeidung entzogen hat“.
Die Bundesregierung nimmt die DEG hingegen in Schutz. Sie hält es durchaus für legitim, dass die Organisation Gelder in Fonds steckt, die ihren Sitz in Mauritius, auf den Cayman Island oder Saint Kitts and Nevis haben. So sagt Hans-Joachim Fuchtel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesentwicklungsministerium und als solcher auch Aufsichtsratschef der DEG: „Wir dürfen die häufig als Steueroasen bezeichneten Länder nicht über einen Kamm scheren. Es gibt zahlreiche Offshore Financial Centre, die den Transparenzstandards der OECD entsprechen.“ So sei die DEG nur an Offshore-Finanzplätzen tätig, die die Vorgaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erfüllen.
Folgt man dieser Logik, gibt es allerdings nur extrem wenige Standorte, die überhaupt noch als No-Go-Area für die Geldanlage eingestuft werden können: Lediglich um Staaten wie Guatemala, den Libanon, Mikronesien oder Trinidad und Tobago sollten Investoren demnach noch einen Bogen machen, wenn sie dieser Definition von „Steuergerechtigkeit“ folgen wollen.
Bleibt die Frage, warum die DEG überhaupt in Fonds mit Sitz in Ländern investiert, deren Steuerpraxis zumindest zweifelhaft ist. Denn auch wenn zum Beispiel die Cayman Islands zugesagt haben, die Transparenz-Regeln der OECD einzuhalten, stehen sie noch immer auf vielen Listen potentieller Steueroasen. Das Tax Justice Network listet die Cayman Islands in ihrem Schattenfinanz-Index zum Beispiel immer noch auf Platz fünf.
Die Geldanlage in Offshore-Zentren ist nicht verboten
Die Bundesregierung weist daraufhin, dass die DEG mit ihrem Engagement an Offshore-Finanzplatz (kurz OFC) nichts Verbotenes tut. „Der Umstand, dass Investitionen über OFC strukturiert werden, impliziert keine illegale Handlungen der involvierten Akteure“, schreibt sie in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage.
Die DEG selbst begründet ihr Engagement in vermeintlichen Steueroasen vor allem mit der dortigen Rechtssicherheit. An Offshore-Standorten gebe es eine „rechtliche Infrastruktur, die den Anforderungen von Investoren, die in den Privatsektor in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren möchten, genügt“, sagt eine Sprecherin. Soll heißen: Es sei in vielen Fällen sicherer, das Geld in einem Fonds mit Sitz in einer Steueroase anzulegen, als es einem Fonds mit Sitz in einem Entwicklungs- oder Schwellenland anzuvertrauen. Doch könnte die DEG die Gelder dann nicht ebenso gut in Fonds mit Sitz in Deutschland anlegen? Schließlich ist die Rechtssicherheit hierzulande mindestens ebenso hoch wie auf den Cayman Island.
Die Kosten sind in Steueroasen gering
Das Bundesentwicklungsministerium argumentiert, dass die Anbieter an Offshore-Standorten über besondere Kenntnisse verfügen. So würden durch die „hohe Spezialisierung der Offshore Financial Centre“ die Kosten gesenkt. Das würde viele Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern erst möglich machen. „In vielen Fällen können förderungswürdige Unternehmen erst durch die Nutzung von OFC nachhaltig erfolgreich wirtschaften, Arbeitsplätze schaffen und somit die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbessern“, sagt eine DEG-Sprecherin.
Linke und Grüne vermuten, dass hinter dem Engagement in Steueroasen noch etwas anderes stehen könnte: die Vermeidung von Steuerzahlungen. Schließlich nutzen Anleger Standorte wie die Cayman Islands vor allem, weil sie laxe Steuervorschriften haben. „Unter dem Deckmantel einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Entwicklungspolitik hält die DEG Beteiligungen an Fonds in Steueroasen und unterstützt somit aktiv die Steuerflucht aus den Ländern des Globalen Südens“, meint Movassat von den Linken. Grünen-Politiker Schick fürchtet: „Hier wird Geld gezielt dem Zugriff der öffentlichen Hand entzogen.“
In vielen Fällen zahlt die DEG ohnehin keine Steuern
Bundesregierung und DEG weisen diesen Vorwurf jedoch entschieden zurück. Es gehe bei den Investitionen über Offshore-Finanzplätze „nicht um die Minimierung der Besteuerungsbasis in Hochsteuerländern und Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer“, schreibt die Bundesregierung. „Die DEG betreibt insoweit bei ihren Investitionen keine Steuerplanung und initiiert nicht die Gründung spezieller Zweck- und Holdinggesellschaften.“ Die DEG argumentiert, die Fonds würden die Gelder in Entwicklungs- und Schwellenländern investieren – dort würden die Erträge besteuert. „Sie erhöhen unmittelbar das Steueraufkommen in dem betreffenden Entwicklungs- beziehungsweise Schwellenland.“ Ihre eigenen Erträge muss die DEG dagegen in vielen Fällen nicht besteuern, weil sie der Entwicklungszusammenarbeit dienen.
Die Geldanlage in Steueroasen ist sehr intransparent
Aus Sicht der Linken hat die Anlage in Steueroasen jedoch noch eine weitere Folge: Sie macht das Geschäft der DEG intransparent. „Selbst Abgeordnete haben so keine Möglichkeit zu erfahren, in welche Projekte und Unternehmen die DEG eigentlich genau investiert“, sagt Movassat. „Informationen dazu verweigert die DEG mit dem lapidaren Hinweis auf das Geschäftsgeheimnis.“
Erst seit Anfang 2015 veröffentlicht die DEG auf ihrer Internetseite Informationen darüber, wo und wie sie investiert. Allerdings gilt das nur für neue Projekte, auch sind die Informationen wenig konkret. So erfährt man zum Beispiel auf der DEG-Website über den Aavishkaar Frontier Fund, dass er in „ausgewählte sozial verantwortliche Unternehmen“ in Bangladesch, Indonesien, Pakistan und Sri Lanka investiert. Kleine und mittelständische Familienbetrieben sollten so Zugang zu Beteiligungskapital bekommen, schreibt die DEG. Unerwähnt bleibt, dass auch dieser Fonds seinen Sitz auf Mauritius hat.
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