Fisch-Ratgeber von WWF und Greenpeace: Karpfen statt Lachs
Der Silvesterfisch ist der einzige, der uneingeschränkt empfehlenswert ist. Die meisten Bestände sind überfischt.
Der Karpfen ist kein Problem. Der schon von den Römern aus Asien nach Europa eingeführte Süßwasserfisch lebt seit Hunderten von Jahren in europäischen Teichen und Tümpeln und ernährt sich von Algen und Insektenlarven. Es gibt ihn auch mit einem Naturland-Zertifikat. Der Ökoanbauverband hat als erster schon in den 1990er Jahren Richtlinien für die Aquakultur erarbeitet. Beim Karpfen unterscheiden sich die beiden Varianten allerdings nur minimal. Auch der konventionell gezüchtete Karpfen ist ökologisch ziemlich unbedenklich.
Der Karpfen ist der einzige Speisefisch, der von den Umweltorganisationen WWF und Greenpeace in ihren Fischführern einhellig als unproblematisch eingestuft wird. „Beim beliebten Silvester-Karpfen kann der Verbraucher mit gutem Gewissen zugreifen“, sagt Greenpeace-Meeresexperte Thilo Maack. Der kleine Haken an der Sache ist, dass der als „nussig“ beschriebene Karpfen nur selten auf den Tisch kommt. Im Jahr 2009 haben die Deutschen pro Kopf und Jahr 15,7 Kilogramm Fisch verzehrt. Davon stammten im Schnitt nur 160 Gramm vom Karpfen.
MSC-Siegel ist eine Orientierungshilfe
Die Favoriten sind mit einem Anteil von rund 20 Prozent der Alaska-Seelachs, mit rund 19 Prozent der Hering und mit rund 13 Prozent der Lachs, hat die Stiftung Warentest herausgefunden. Beim Alaska-Seelachs rät der WWF zu Fischen mit dem MSC-Zertifikat. Der Marine Stewardship Council (MSC) ist 1997 vom WWF gemeinsam mit dem Lebensmittelkonzern Unilever gegründet worden. Seither hat die unabhängige Zertifizierungsstelle 281 Fischereibetriebe in 36 Ländern mit ihrem Siegel zertifiziert, weitere knapp 100 Betriebe haben das Siegel beantragt, werden aber noch überprüft. Dass das kein leeres Versprechen ist, hat der MSC erst vor wenigen Tagen klargemacht, als er dem Ostsee-Dorsch das Siegel wieder entzogen hat. Denn die Angaben über den Bestand des Kabeljaus aus der Ostsee seien nicht plausibel gewesen. Nun müssen sich die Fischereien einer erneuten Überprüfung unterziehen. WWF-Sprecher Jörn Ehlers sagt: „Fisch mit dem MSC-Siegel ist die bessere Wahl. Es ist nicht perfekt, wie alle Siegel, aber eine gute Orientierung.“
Greenpeace hält den Alaska-Seelachs auch mit MSC-Siegel nicht für empfehlenswert. Beide Umweltorganisationen sind sich beim Hering einig, dass er nur unter bestimmten Bedingungen empfehlenswert ist. Der WWF empfiehlt Hering mit MSC-Siegel, aus dem Nordost-Atlantik und aus der Ostsee. Greenpeace rät vom Hering aus dem Nordost- und dem Nordwest-Atlantik eher ab, und auch die Ostsee-Heringsfischerei kommt bei Greenpeace schlecht weg.
Um den Lachs besser einen Bogen machen
Beim Lachs dagegen sind sich WWF und Greenpeace ziemlich einig: Sie raten vom Atlantischen Lachs ab, und empfehlen allenfalls noch den Lachs aus dem Nordost- und Nordwest-Pazifik. Auch Lachs gibt es mit MSC-Siegel und auch mit dem Naturland-Siegel. Um konventionelle Aquakultur sollte man beim Lachs einen Bogen machen, meinen beide Umweltorganisationen strikt ab. Denn um ein Kilogramm Lachs zu mästen, braucht es vier Kilogramm Wildfisch zur Fütterung. Und noch bei einem anderen beliebten Speisefisch sind sich Greenpeace und WWF einig: Finger weg vom Aal. Weder im Wildfang noch aus der Aquakultur sei dieser Fisch empfehlenswert, finden sie.
Zu Hecht und Schleie haben die Umweltschützer keine Meinung. Der Deutsche Fischereiverband weist aber darauf hin, dass der Hecht in der Karpfenzucht eingesetzt werde, um die schwächlicheren der Fische gleich selbst zu verspeisen. Die Hechtsaison war allerdings im Herbst. Er ist kein Ganz-Jahresfisch. Schleien gibt es mit Naturland-Siegel.
Die Fischbestände sind weltweit stark überfischt
Beide Umweltorganisationen überarbeiten ihre Fischführer gerade. Der Greenpeace-Fischratgeber soll schon im kommenden Monat neu aufgelegt werden, der WWF-Fischführer kommt im Laufe des neuen Jahres. Die WWF-Onlineversion des Ratgebers stammt aus dem Frühjahr 2014. Genau genommen ist aber der Einkauf mit beiden Fischratgebern eine Wissenschaft für sich. Denn man muss schon genau wissen, wo die Fische herkommen, um beurteilen zu können, ob es umweltverträglich gefangene Fische aus halbwegs gesunden Beständen sind. Und das ist für Verbraucher an der Fischtheke schwierig, obwohl der Deutsche Fischereiverband inzwischen deutlich mehr Informationen zur Verfügung stellt. Thilo Maack rät Verbrauchern deshalb: „Den Meeren zuliebe: Betrachten Sie Fisch als Delikatesse, die Sie selten und bewusst genießen.“ Denn rund ein Drittel aller Fischbestände sind völlig überfischt oder bereits zusammengebrochen, weitere knapp 60 Prozent werden am Limit gefischt. Und rund 40 Prozent der aus dem Meer oder aus Flüssen und Seen gezogenen Fische sind unerwünschter Beifang – und das können neben anderen Fischen auch schon mal Delfine, Robben oder Seevögel sein. Die Weltagrarorganisation FAO warnt seit Jahren, dass die Fischbestände der Welt völlig übernutzt werden. Auch deshalb stammen knapp die Hälfte der verkauften Fische inzwischen aus Aquakulturen, die neben einem hohen Fischbedarf auch andere ökologische Nachteile haben.
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