Baustellentreffen von Laschet und Musk: Kanzlerkandidat und Tesla-Chef für Abbau von Genehmigungshürden
Musk formuliert das Ziel, im Oktober 2021 mit der Produktion in Grünheide zu starten. Brandenburg reagiert zurückhaltend.
Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat am Freitag auf der Baustelle des US-Elektroautobauers Tesla in Grünheide bei Berlin schnellere Genehmigungsverfahren in Deutschland gefordert. Der CDU-Vorsitzende sprach sich bei dem Wahlkampfauftritt an der Seite von Firmen-Chef Elon Musk für eine Veränderung der Verbandsklagerechte aus. „Es ist nicht akzeptabel, dass jemand, der nicht als Anwohner hier betroffen ist, sondern an der Nordsee oder den Bayerischen Alpen lebt, eine Klage einreichen kann, um solche Projekte zu stoppen.“
Alle Vorschriften stammten noch aus der Zeit vor dem Pariser Klimaabkommen, sagte Laschet - das sei nicht mehr zeitgemäß. Es gehe darum, dass Deutschland die Energie- und Klimawende schaffen müsse. "Wir müssen schneller werden", sagte Laschet. "Wir müssen die Entscheidungswege verkürzen. Wir müssen Bürokratie abbauen. Wir müssen entfesseln. Die Fesseln müssen weg!" Die Industrie in Deutschland müsse so umgebaut werden, dass sie nachhaltig ist. "Das geht nicht mit den Verfahren, die wir kennen."
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Musk sagte, es sei problematisch, wenn jedes Jahr neue Vorschriften erlassen würden und sie ein Niveau erreichten, dass man gar nichts mehr unternehmen könne. "Dann ist irgendwann gar kein Fortschritt mehr möglich." Er machte deutlich, dass er mit Laschet als Kanzler rechne.
"Tesla will die grüne Revolution beschleunigen", sagte Musk - und überraschte mit Termin-Ankündigungen für Giga Berlin. Musk zeigte sich zuversichtlich, dass nun doch schon im Oktober 2021 die ersten Fahrzeuge in Grünheide vom Band rollen können. Tesla wolle die besten Elektroautos der Welt produzieren, noch werde gebaut, am Ende werde die Fabrik "beautiful". Kritik, dass das Werk in der wasserarmen Region zu viel Wasser verbrauche, wies Musk zurück. "Es gibt genug Wasser hier".
Ursprünglich sollte die Produktion im Juli 2021 starten, zuletzt hatte Musk von Ende 2021 gesprochen. Über den Kurznachrichtendienst Twitter kündigte Musk am 9.Oktober ein Volksfest und Werksbesichtigungen an, vorrangig für Brandenburger und Berliner, aber generell für die Allgemeinheit. Das wäre eine Premiere. Wegen seiner defensiven Kommunikationspolitik war Tesla regelmäßig in die Kritik geraten. Selbst öffentliche Politiker-Auftritte wie der von Laschet hat es vorher nie gegeben.
Woidke möchte Vorbild für Nordrhein-Westfalen sein
"Dass der Ministerpräsident des größten deutschen Bundeslandes für seine industriepolitischen Forderungen ein Energiewendeprojekt in Brandenburg besucht, erfüllt mich mit Genugtuung", sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dazu dem Tagesspiegel. "In den 90er Jahren sind wir aus Brandenburg nach Nordrhein-Westfalen gefahren, um zu gucken, wie es gehen könnte", so Woidke. "Nun kommen die Nordrhein-Westfalen zu uns." Nach der Phase des Mitleids folge nun die des Neids.
Den Bau der Gigafactory in Grünheide bei Berlin, dem derzeit größten Industrieprojekt Deutschlands, die den gesamten europäischen Markt mit jährlich 500 000 Teslas der Y-Modellreihe beliefern soll, hatte Musk im November 2019 verkündet. Inzwischen ist der Bau des Werkes weit vorangeschritten, auf Grundlage von bisher 15 Voraberlaubnissen der Behörden.
Musk hofft auf ein "Oktoberfest"
Drei weitere Voraberlaubnisse sind beantragt. Das Hauptgenehmigungsverfahren läuft allerdings noch. Dem Tagesspiegel sagte Musk, er hoffe auf "die finale Genehmigung im Oktober, auf ein Oktoberfest." Laschet meinte auf der Pressekonferenz mit Musk, Tesla sei mit der Milliarden-Investition ein enormes Risiko eingegangen, das ein normaler Investor nicht eingehen würde. Er lobte den Mut von Musk: „Wenn die Genehmigung nicht erfolgt, müssen die hier alles wieder zurückbauen.“ Er setze sich dafür ein, dass andere Unternehmen ebenfalls innovative Industrieanlagen bauen könnten, ohne ein so gewaltiges Risiko einzugehen.
Aktuell können im Rahmen des Genehmigungsverfahrens noch bis 19.August Einwendungen bei den Behörden geltend gemacht werden. Vor diesem Hintergrund reagierte das Brandenburger Umweltminister prompt zurückhaltend auf die Terminerwartungen des Tesla-Chefs.
Nach Ablauf der Einwendungsfrist würden alle geprüft, so das Umweltministerium. „Ein konkreter Termin zur Entscheidung über den Antrag kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht benannt werden“, sagte eine Sprecherin. Alle Beteiligten arbeiteten konzentriert daran, „ein zügiges und rechtssicheres Verfahren sicherzustellen und abzuschließen.“
"Ich nehme das an", sagte Musk auf die Frage, ob er denke, dass Laschet nächster Kanzler werde. Das erklärt, warum der US-Konzernchef dem CDU-Kanzlerkandidaten die Gigafactory als Bühne zur Verfügung stellte. Der hatte noch vor einigen Monaten allerdings Zweifel geäußert, dass Elektroautos die Zukunft seien. Das wiederholte Laschet nicht, sprach sich aber dafür aus, technologieoffen zu bleiben, etwa auch für Wasserstoffantriebe. Wasserstofftechnologie sei "Zeitverschwendung", kommentierte das Musk. Die Zukunft der Mobilität sei "definitiv elektrisch." Ein Tesla-Chef muss das so sehen.