Weniger Zucker, Fett oder Salz: Julia Klöckner will die Industrie nicht zwingen
Keine Limosteuer, keine Lebensmittelampel, keine Höchstmengen: Die Agrarministerin setzt auf den Dialog mit der Industrie.
Der Handel schafft Tatsachen. Die großen Supermarktketten arbeiten an Rezepturen, die weniger Fett, Zucker oder Salz enthalten. Bis zu 30 Prozent Zucker spart Edeka beim Müsli seiner Eigenmarke, Konkurrent Rewe will bei seinen „Glockenbrot“-Backwaren ein Fünftel weniger Salz untermischen, auch Aldi, Lidl, Kaufland oder Real stellen ihre Sortimente um. Zucker, Salz und Fett gelten als Dickmacher, Nierenschädiger und Blutdrucktreiber.
Ernährungsministerin Klöckner will freiwillige Lösungen
Mit ihren freiwilligen Rezepturänderungen liegen Händler und Hersteller nicht nur im gesellschaftlichen Trend, sondern auch auf einer Linie mit Bundesernährungsministerin Julia Klöckner. Statt auf eine Limosteuer wie in Großbritannien oder eine Lebensmittelampel wie in Frankreich setzt die CDU-Politikerin auf Selbstverpflichtungen und einen engen Austausch mit der Industrie. Ihre „nationale Reduktions- und Innovationsstrategie“, die Klöckner am Dienstag veröffentlicht hat, „baut auf der Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesundheitswesen und Gesellschaft auf“. Ein „umfangreicher Dialogprozess“ soll dazu führen, dass die Lebensmittelhersteller in ihren Fertigprodukten künftig weniger Zucker, Fett oder Salz verwenden.
SPD will verbindliche Vorgaben
Bis zum Jahr 2025 soll der Zuckeranteil in Milchprodukten und Cerealien in einem zweistelligen Prozentbereich sinken. Bei Backwaren sollen Forscher nach Alternativen zum Fett suchen, das Bäcker für Schmalzkuchen oder Donuts brauchen. Und auch der Salzgehalt bei Brot und Backwaren soll signifikant sinken, verbindliche Vorgaben macht das Ministerium aber nicht. Dem Koalitionspartner reicht das nicht. „Die nationale Reduktionsstrategie darf nicht zum Papiertiger verkommen“, warnte die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Ursula Schulte. Schulte fordert die Einführung einer Lebensmittelampel und eine Höchstgrenze für Zucker in Getränken: Fünf Gramm pro 100 ml seien mehr als genug.
Foodwatch: Klöckner kuschelt mit der Industrie
"Statt die Industrie in die Pflicht zu nehmen, setzt Frau Klöckner ihren Kuschelkurs mit der Lebensmittelwirtschaft fort", kritisierte am Dienstag auch die Verbraucherorganisation Foodwatch. Während andere Länder Ernst machen würden im Kampf gegen Übergewicht und Fettleibigkeit, bittet Frau Klöckner "die Hersteller freundlich, ein bisschen weniger Zucker in ihre Produkte zu kippen". sagte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen. "Bei der Lebensmittel-Lobby werden heute die Sektkorken knallen, denn unter Bundesernährungsministerin Klöckner haben sie nichts zu befürchten", heißt es bei Foodwatch.
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