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Zu warm. Das Pariser Abkommen von 2015 sieht vor, die Erderwärmung auf zwei Grand zu begrenzen.
© picture-alliance/ dpa

Global Solutions Summit: Ist das Weltklima noch zu retten?

Der Klimawandel ist eines großen Themen für G20. Nach dem Ausstieg der USA aus dem Pariser Abkommen müssen die Staaten neue Wege gehen.

Im Juni 2017 steht die Klimaschutzbewegung unter Schock. US-Präsident Donald Trump verkündet im Rosengarten des Weißen Hauses, dass die USA dem Klimaschutz politisch den Rücken kehren wollen. „Um die Bürger der USA zu beschützen, werden die USA sich aus dem Pariser Abkommen zurückziehen“, so Trumps Worte.

Kurz darauf findet das Treffen der 20 wirtschaftsstärksten Länder der Welt, der G 20, unter deutscher Präsidentschaft in Hamburg statt. Die Klimapolitik soll eine zentrale Rolle spielen, doch ohne die USA schwindet die Aussicht auf Erfolg. Und tatsächlich: Die Amerikaner blockieren und drohen obendrein, Staaten wie die Türkei auf ihre Seite zu ziehen. Die Verabschiedung einer Abschlusserklärung steht auf der Kippe.

Dabei sind die G 20 für den Klimaschutz entscheidend. Die Ländergruppe ist für drei Viertel aller globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die USA führen die Rangliste bei den Pro-Kopf-Emissionen an. In absoluten Zahlen liegt China vorne.

Doch das Schlimmste wird abgewendet. Die übrigen 19 Länder finden in Hamburg eine Lösung. Sie nehmen „zur Kenntnis, dass die USA sich aus dem Pariser Abkommen zurückziehen“, steht in der Hamburger Abschlusserklärung. Für sie, die 19 Staaten, sei das Abkommen aber „nicht verhandelbar“. Also heißt es beim Klimaschutz der wirtschaftsstärksten Länder nun: 19 Staaten gegen einen.

Funktioniert Klimaschutz ohne die USA?

Das Pariser Abkommen von 2015 will umgesetzt werden. Es sieht vor, die Erderwärmung auf zwei Grad – besser 1,5 Grad – zu begrenzen. Denn bereits eine Erwärmung auf zwei Grad kann drastische Folgen haben, etwa für die Artenvielfalt auf der Erde. Doch wie gut funktioniert der internationale Klimaschutz ohne die USA nun auf längerer Strecke? Welche Länder sind Hoffnungsträger? Und was ist zu tun?

Die Rettung des Weltklimas wird ein zentrales Thema des Global Solutions Summit in Berlin sein. In diesem Jahr hat Argentinien die G-20-Präsidentschaft inne. Experten fürchten, dass dort der Klimaschutz keine besondere Rolle spielen wird. „Argentinien hängt sehr an fossilen Energien. Zudem werden sie die USA nicht verärgern wollen“, sagt die Generalsekretärin des MCC-Klimainstituts Brigitte Knopf. Für eine „19 gegen 1“-Lösung, wie sie noch in Hamburg möglich war, stehen die Chancen beim G-20-Treffen im Dezember in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires schlecht. In solchen Situationen hat jeder einzelne Akteur ein besonderes Gewicht.

Deutschland ist kein Vorreiter mehr beim Klimaschutz

Zunächst also: Was ist mit Deutschland? Verbal wird Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Weg nach Buenos Aires wohl ein paar Vorstöße wagen. Doch praktisch ist Deutschland als Klimaschutzvorreiter längst Legende – vor allem beim Abschied von fossilen Energien. Seit vielen Jahren erheben die G 20 die Forderung, ineffiziente Subventionen für fossile Brennstoffe in Stufen abzuschaffen. Deutschland ist bei den G 20 auf Rang fünf der Subventionierer. Eine Entscheidung über die Besetzung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, die Deutschlands Braunkohleverstromung ein Ende bereiten soll, wird immer wieder verschoben. „Wir dürfen längst nicht mehr mit erhobenem Zeigefinger auf Trump zeigen“, sagt ein hochrangiger Beamter im Hintergrundgespräch.

Als neuer Klimavorreiter des Westens gilt hingegen trotz Brexit Großbritannien, das seit vielen Jahren nicht nur über ein Klimaschutzgesetz, sondern auch über einen Preis auf klimaschädliches Kohlendioxid verfügt. Hoffnungen liegen außerdem auf Frankreich, wo Staatspräsident Emmanuel Macron den internationalen Klimaschutz zur prioritären Aufgabe erklärt hat. Seine Regierung hat eine Homepage ins Leben gerufen: „Make our planet great again“ – den Planeten wieder groß machen, so der Name. Noch ist es bei verbalen Ankündigungen geblieben.

Entscheidend ist, was in China passiert

„Politisch darf man den Einfluss der Europäischen Union nicht unterschätzen beim Klimaschutz“, sagt Klimaexpertin Knopf. Die EU würde einiges auf den Weg bringen. Dazu zählt etwa das Gesetzespaket „Saubere Energie für alle Europäer“, das die Energiemärkte der EU-Mitgliedsstaaten fit machen soll, auch für den Klimaschutz.

Doch Europa allein wird es nicht richten können. Für den ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten und heutigen Geschäftsführer der Energy Watch Group, Hans Josef Fell, sind die Klimaschutz-Vorreiterstaaten ohnehin längst nicht mehr im Westen zu finden. „Wir müssen nach China schauen“, sagt Fell. Tatsächlich gewährt die Volksrepublik gewaltige öffentliche Zuschüsse bei der Energieeffizienz und auch dafür, Haushalte von Kohle auf Gas umzustellen. Die Regierung möchte von 2019 an eine Quote für Elektroautos einführen. Das Land setzt zudem massiv auf erneuerbare Energien: Jedes zweite Solarmodul der Welt wird in China aufgestellt.

Auch Indien ist nicht zu unterschätzen. Bis 2022 will das Land 175 Gigawatt an erneuerbaren Energien installieren, davon knapp die Hälfte Fotovoltaik. Zum Vergleich: Bei maximalem Ertrag könnte damit der deutsche Spitzenverbrauch an Strom zwei Mal gedeckt werden. Indische Kohlekonzerne investieren mehr in Solarkraft als in fossile Anlagen. Fell nennt auch Vorbilder außerhalb der G 20: Den südamerikanischen Staat Costa Rica etwa, der sich zu 100 Prozent aus lokalen erneuerbaren Energien versorgen kann.

Staaten schließen sich zu Klima-Allianzen zusammen

Bei der Frage, was abseits der großen Staatsforen funktioniert, geraten Allianzen zwischen Staaten ins Blickfeld. Auf der vergangenen Weltklimakonferenz in Bonn kündigte etwa Kanada im Verbund mit den Niederlanden und Großbritannien an, in den kommenden Jahren schrittweise aus der Kohle aussteigen zu wollen. „Powering Past Coal Alliance“ nennen sie den Zusammenschluss, der die Kohle schnell hinter sich lassen will. Allerdings zieht diese naturgemäß nur Länder an, denen es leichtfällt, auszusteigen. Deutschland will der Allianz entsprechend nicht beitreten. Hier stammen 40 Prozent des Stroms aus Braun- und Steinkohle.

Längst bleibt Klimaschutz aber nicht auf die Staaten beschränkt. Der bevorstehende Wandel ist so grundlegend, dass Industrie, Finanzwirtschaft, Bildung und viele andere Sektoren eine eigene Rolle suchen und teilweise der Politik voraus sind. Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, schrieb jüngst im Kurznachrichtendienst Twitter, man befinde sich „im Zeitalter der Transformation“. Man müsse dafür weitere öffentliche und private Akteure für die Dekarbonisierung der Gesellschaft gewinnen.

Und besonders die USA machen vor, wie das geht. Die Ankündigung Trumps, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen, löste eine Welle der Solidarität mit dem Klimaschutz aus. Kalifornien etwa will ein Klimaschutzgesetz einführen, durch das eine Versorgung ausschließlich mit Ökostrom erreicht werden soll. Das amerikanische Taxiunternehmen Lyft hat angekündigt, jede seiner Fahrten klimaneutral bestreiten zu wollen. Beim vergangenen G-20-Gipfel in Hamburg haben sich zudem Unternehmen der G-20-Staaten unter dem Namen B 20 organisiert und verfolgen eine Klimaschutzagenda. B steht für Business. Ähnlich fanden sich Stiftungen Organisationen der Zivilgesellschaft zusammen.

Was die Finanzbranche tut

Auch die Finanzwirtschaft scheint realisiert zu haben, dass sie Klimarisiken nicht ignorieren kann. Jüngst hat der deutsche Versicherer Allianz angekündigt, ab sofort den Bau von Kohlekraftwerken und den Betrieb von Kohleminen im In- wie Ausland nicht mehr versichern zu wollen. Im Fachjargon wird das Divestment genannt – und immer mehr Versicherer kommen auf den Geschmack.

Trotz der Initiativen bleibt viel zu tun. Werden die bereits zugesagten Reduktionsbeiträge der Staaten zusammengerechnet, wird sich die Erde immer noch um ganze drei Grad erwärmen im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Wissenschaftler sind überzeugt, dass Zögerlichkeit katastrophale Folgen für viele Weltregionen nach sich ziehen würde.

In einem Zehn-Punkte-Plan haben Klimaexperten rund um den deutschen Wissenschaftler Niklas Höhne eine Zusammenfassung erstellt, was nun zu tun ist. So muss etwa die globale Ausbaurate bei den erneuerbaren Energien erhalten bleiben. Auch dürfen keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut werden. Das letzte Auto weltweit mit Verbrennungsmotor müsste 2030 verkauft sein.

Die Technologien gibt es längst. Selbst die Erreichung des 1,5-Grad-Ziels sei noch machbar, sagt die Wissenschaft. Viele Akteure unterstützen den Klimaschutz. Entscheidend ist der politische Wille. Deshalb geht es auch in Argentinien wieder um viel für den Klimaschutz.

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