Wirtschaftsweise und Ökonomin: Isabel Schnabel soll EZB-Direktorin werden
Die Bundesregierung hat die Ökonomin Isabel Schnabel für das EZB-Direktorium nominiert. Beobachter halten sie für die richtige Wahl. Ein Porträt.
Die harte Kritik an der Europäischen Zentralbank (EZB) und deren Chef Mario Draghi kann Isabel Schnabel nicht so recht nachvollziehen. „In Deutschland wird die EZB ständig zum Sündenbock gemacht“, sagte die Ökonomin kürzlich in einem Handelsblatt-Interview. Sie warnte davor, dass Politiker, Banker und Journalisten „das Narrativ verstärken, die EZB stehle den deutschen Sparern das Geld“.
Am Ende könne sich das rächen. Das zeige etwa der Brexit. Auch in Großbritannien hätten „Politiker die EU permanent zum Sündenbock gemacht – jetzt bekommen sie die Folgen zu spüren“.
Eine klare Meinung, die Schnabel auch als Direktorin der EZB vertreten dürfte.
Am Mittwoch hat die Bundesregierung die Ökonomin und Wirtschaftsweise für den hohen Posten in der Zentralbank nominiert. Das Kabinett billigte damit einen entsprechenden Vorschlag aus dem Haus von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).
Zu besetzen ist der Posten im Direktorium, dem Führungsgremium der EZB, nachdem Sabine Lautenschläger angekündigt hatte, Ende Oktober vorzeitig zurückzutreten. Lautenschläger hatte als Direktorin ähnlich wie Bundesbank-Chef Jens Weidmann keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die lockere Geldpolitik von EZB-Chef Mario Draghi ablehnt.
Ihr Rücktritt war dennoch eine Überraschung. Schließlich wird Draghi den Posten zum 1. November turnusgemäß abgeben. An seine Stelle rückt die frühere IWF-Chefin Christine Lagarde.
Schnabel bringt Erfahrung mit
Mit ihr wird Isabel Schnabel künftig eng zusammenarbeiten. Als Direktorin wird die Bonner Ökonomin auch im EZB-Rat sitzen, der unter der Leitung von Lagarde über die Geldpolitik in der Euro-Zone entscheidet. Groß einarbeiten muss sich Schnabel in das Thema nicht.
Die 48-Jährige ist Professorin für Finanzmarktökonomie, spezialisiert hat sie sich auf Bankenregulierung und Finanzkrisen. Zudem sitzt sie seit 2014 im Sachverständigenrat, einem Gremium aus fünf Ökonomen, das mit seinem jährlichen Gutachten im Auftrag der Bundesregierung die Lage der deutschen Wirtschaft bewertet.
Diese ökonomische Expertise wird Schnabel künftig auch im Führungsgremium der EZB einbringen. Zumal an deren Spitze mit Lagarde eine Juristin, keine Ökonomin stehen wird.
Schnabel selbst hatte das bei der Nominierung der Französin zur EZB-Präsidentin moniert. Gegenüber dem Tagesspiegel sagte sie damals: „Christine Lagarde hat als Chefin einer der wichtigsten internationalen Organisationen umfangreiche Erfahrungen gesammelt, die auch in der EZB wichtig sind. Allerdings ist sie weder Ökonomin, noch verfügt sie über Erfahrungen in der Geldpolitik.“
Dabei steckt die EZB in einer schwierigen Lage, ihr Spielraum für den Fall einer weiteren Eintrübung der Konjunktur in der Eurozone ist begrenzt. Der Leitzins liegt bereits bei null Prozent. Die Strafzinsen, die Banken zahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank parken, hat Draghi bereits erhöht. Und er hat auch das Anleihekaufprogramm wieder aufgenommen.
Was all das jedoch bringt, ist ungewiss. Das gibt auch Schnabel zu bedenken. Nach Draghis jüngster Entscheidung sagte sei: „Es ist höchst ungewiss, ob diese erneute Lockerung die gewünschte Wirkung erzielen wird.“
Schnabel steht der Politik der EZB also nicht unkritisch gegenüber, dennoch verteidigt sie im Großen und Ganzen Draghis Kurs. Beobachter beschreiben ihre Haltung als kritisch-konservativ. Eine Einstellung, mit der Schnabel durchaus zu einer engen Vertrauten der neuen EZB-Chefin Lagarde werden könnte.
„Das könnte Deutschland ein deutlich besseren und deutlich konstruktiveren Einfluss auf EZB-Entscheidungen geben als beim traditionellen 'Nein'“, schreiben die Ökonomen der niederländischen Großbank ING.
"Ein kluger Kopf und eine sehr gute Ökonomin"
DIW-Chef Marcel Fratzscher hält die deutsche Ökonomin daher auch für die Richtige für den Posten im EZB-Direktorium. Auf Twitter schrieb er, sie sei „eine exzellente Wahl, ein kluger Kopf und eine sehr gute Ökonomin, die unser aller Unterstützung für diese so wichtige Aufgabe für Europa und Deutschland verdient.“
Kritischer sieht Markus Pieper, Europaabgeordneter der CDU, die Nominierung Schnabels. „Sie ist eine Befürworterin der Niedrigzinspolitik Draghis. Das verstehe, wer will“, schrieb er. Der Grünen-Politiker Danyal Bayaz wiederum lobte Schnabel für ihre „klare Sprache“. Ihre Nominierung sei „eine Chance, der deutschen Öffentlichkeit die Politik der EZB besser zu erklären“.
Eben das hat sich die neue Zentralbank-Chefin Lagarde vorgenommen. Sie sagte im Zuge ihrer eigenen Nominierung, die EZB müsse „besser erklären, warum sie tut, was sie tut“. Schnabel könnte dabei helfen.
Auf Twitter äußert sich die Ökonomin regelmäßig, sei es zur EZB-Politik oder zum Streit um die Schuldenbremse (Schnabel ist gegen eine Abschaffung). Im Twitter-Ranking der deutschen Ökonomen, das das Magazin Makronom regelmäßig erstellt, liegt sie damit immerhin auf Rang 14.