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Leerrohre für Glasfaserleitungen für schnelles Internet werden in Niedersachsen verlegt. Leider ist nicht jede Region an gutes Netz angeschlossen.
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Exklusiv

Zu schlechtes Internet für Homeoffice: In der Coronakrise rächt sich der lahmende Netzausbau

Eine Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage zeigt: Geld für schnellere Leitungen war immer da. Warum ging der Breitband-Ausbau dann so langsam voran?

Die Coronakrise zeigt einmal mehr, wie wichtig flächendeckende digitale Infrastruktur in Deutschland ist. Zwar betonen Netzbetreiber und Internet-Provider derzeit, dass alle Netze mit der zusätzlichen Belastung durch Homeoffice und Videokonferenzen gut zurechtkommen – das gilt aber natürlich nur für die Regionen, in denen ein schneller Internetanschluss per Mobilfunk, Kupfer- oder Glasfaserkabel auch tatsächlich verfügbar ist. Wer jetzt in einem „weißen Fleck“ der Breitband-Versorgung sitzt, kann womöglich nicht von Zuhause im Firmennetzwerk arbeiten oder den Nachwuchs vor einem Streaming-Dienst parken.

Die FDP-Bundestagsabgeordnete und Infrastruktur-Expertin Daniela Kluckert sieht dafür bei der Bundesregierung eine Mitschuld. „Ein zügiger Ausbau der Gigabit-Netze wurde verschlafen, das rächt sich in der Krise“, sagt sie dem Tagesspiegel. Die Ursachen für den schleppenden Gigabit-Ausbau lägen dabei zum Teil schon Jahre zurück. „Besonders vor 2019 wurden wertvolle Jahre verschenkt, weshalb immer noch viele Gebiete nur mit Internetzugängen unterhalb von 30 Mbit/s versorgt sind.“

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Kluckert und der FDP-Fraktion gibt das Bundesverkehrsministerium (BMVI) detailliert Auskunft darüber, wie viele Fördermillionen das Ministerium seit dem Start des Bundesförderprogramm Breitband investiert hat. Die Unterlagen liegen dem Tagesspiegel vorab vor.

Am Geld kann es kaum liegen

Seit 2016 wurden mehr als 460 Millionen Euro ausgezahlt, um Kommunen, Gewerbegebiete oder Krankenhäuser beim Gigabit-Ausbau zu unterstützen. Dem gegenüber standen 2019 noch Mittel in Höhe von 900 Millionen Euro als „Restmittel“ zur Verfügung – Fördergelder, die bisher niemand abgeholt hat und so im Sondervermögen Digitale Infrastruktur verbleiben.

Auch im laufenden Jahr ist bis Anfang März erst ein Fördervolumen von 33 Millionen Euro ausgezahlt worden. Auf 2020 hochgerechnet hieße das, dass 2020 nur geschätzte 185 Millionen Euro aus dem Förderprogramm abgefragt werden – ohne dass in dieser Rechnung bereits die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie berücksichtigt sind. FDP-Politikerin Kluckert mahnt daher die Regierung an, mit einer groß angelegten Aufklärungskampagne stärker für das Förderprogramm zu werben. Auch das Antragsverfahren müsse entschlackt werden, fordert sie.

Dass bereitgestellte Mittel nicht stärker abgerufen werden, erklärt das BMVI unter anderem mit langen Abstimmungsketten auf kommunaler Ebene, die für die Förderfreigabe notwendig sind. Auch komme es zwischen Kommunen und ausführenden Bauunternehmern zu Problemen: „Vertragsverhandlungen zwischen den Zuwendungsempfängern und den ausbauenden Unternehmen sind häufig langwierig“, heißt es in der Antwort auf die FDP-Anfrage.

"Es kann nicht schneller gebaut werden"

Ähnlich sieht es auch Ralph Sonnenschein, der beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) das Referat Breitbandinfrastruktur leitet. Der als zäh wahrgenommene Mittelabfluss aus dem Bundesförderprogramm sei kein Anzeichen für Missmanagement, ist er überzeugt, sondern spiegele schlicht die faktischen Verhältnisse. „Es kann derzeit nicht schneller gebaut werden und bezahlt wird nur für fertiggestellte Bauabschnitte. Vorher wird kein Geld abgerufen.“

Im derzeit laufenden Prozess des Verkehrsministeriums erkennt er keine akuten Versäumnisse. „Versagt haben Vorgängerregierungen, die viel zu lange auf einen marktgetriebenen Ausbau der Breitbandnetze im Wettbewerb gesetzt haben und sich weigerten, nennenswerte Fördergelder in die Hand zu nehmen.“ Das für den Infrastrukturausbau verantwortliche Verkehrsministerium ist seit 2009 fest in Hand der CSU-Fraktion.

Corona wird den Breitbandausbau verlangsamen

Schon vor der Epidemie habe es allerdings deutliche Engpässe „bei Planungs- und vor allem Bauleistungen“ gegeben, erklärt Sonnenschein. Das führe dazu, dass Telekommunikationsunternehmen im Rahmen des gemeinsamen Netzausbaus mit Städten und Gemeinden auf lange Umsetzungszeiträume drängen würden. Mit Musterverträgen versuchen die kommunalen Verbände daher in Abstimmung mit dem BMVI derzeit neue Standards zu setzen und die Verhandlungsdauer zu verkürzen.

Dass die Coronavirus-Pandemie nun zusätzlich Planungs- und Baukapazitäten verknappen wird, kann aber auch das nicht ändern. In einem Notfall-Paket hatte die Bundesregierung am 8. März unter anderem angekündigt, Verfahrensvorgaben bei Glasfaserausbau zu reduzieren und Genehmigungsverfahren zeitweise auszusetzen. Ob seitdem konkrete Pläne umgesetzt wurden, konnte das BMVI bis Redaktionsschluss nicht beantworten.

Für Stephan Albers, Geschäftsführer des Breko-Verbands hat der störungsfreie Netzbetrieb in Krisenzeiten allen Ausbauplänen gegenüber Vorrang. Er sieht aber auch, das gerade jetzt die große Bedeutung einer funktionierenden digitalen Infrastruktur in den Fokus von Menschen und Unternehmen rücke. Das gebe Hoffnung, dass der Gigabit-Ausbau nach der Krise mit viel größerem Tempo weitergeführt werde als bisher, erklärt er dem Tagesspiegel auf Anfrage.

Breitbandförderprogramm: Große Unterschiede je nach Bundesland

Für das Jahr 2019 hat das BMVI im Rahmen der Kleinen Anfrage außerdem aufgeschlüsselt, in welchen Bundesländern am meisten Projekte erfolgreich durch den Bund bezuschusst wurden.

Hierbei werden starke Unterschiede sichtbar: Stadtstaaten wie Bremen, Berlin und Hamburg greifen nicht nennenswert auf den Fördertopf zurück. Auf Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern fallen mehr als 40 Prozent aller 2019 ausgegebenen Fördermittel; Flächenländer wie Baden-Württemberg oder Brandenburg haben im vorigen Jahr dagegen kaum Breitband-Investitionen über das Verkehrsministerium bezuschussen lassen.

Trotzdem plant das BMVI die Förderung weiter zu verstärken. Ein Entwurf für ein BMVI-Förderprogramm für „Graue Flecken“ liegt derzeit bei der EU-Kommission. Hier gibt es Streit über mögliche Obergrenzen für eine Förderung – statt einer reinen Lückenschließung drängt Andreas Scheuer (CSU) mit diesem Entwurf auf Förderung nach dem Gießkannen-Prinzip. Sowohl Wirtschaftsverbände als auch die EU fürchten, dass das Ministerium so in direkte Konkurrenz zu wirtschaftsgetriebenem Ausbau geraten könnte.

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