Beruf: Unternehmensberater: In der Businessetage
Unternehmensberater haben lange auf junge Teams gesetzt. Nun sind auch Berufserfahrene gefragt. Ein Einblick in die Branche.
Als sie noch BWL-Studentin war, kamen große Beraterfirmen auf den Unicampus in Frankfurt und warben um junge Mitarbeiter. Schon damals hat sich Eva-Maria Strube für die großen Player der Branche interessiert. Doch nach dem Studium entschied sie sich erst einmal, im Finanzbereich einer Bank zu arbeiten, auch um ihrer Karriere eine feste Grundlage zu geben. Drei Jahre lang hat sie Anlagestrategien für das Vermögen von Privatkunden erarbeitet, auch in Luxemburg. Ein guter Job, wie Eva-Maria Strube fand. Irgendwann wollte sie etwas Neues kennenlernen, erzählt die heute 31-Jährige – und wechselte zur Boston Consulting Group.
International tätige Unternehmensberatungen wie McKinsey, Roland Berger oder Boston Consulting sind bekannt dafür, dass sie vor allem junge Mitarbeiter einstellen. Mit spannenden Aufgaben werden sie angelockt: Schon Praktikanten arbeiten als „Visiting Associates“ über mehrere Wochen direkt beim Kunden. Ab dem Bachelor ist häufig ein regulärer Einstieg möglich. Auch der finanzielle Anreiz ist groß. Laut Gehaltsspiegel der Internetstellenbörse Absolventa bekommen Einsteiger bei den Großen der Branche Gehälter um die 60 000 Euro im Jahr.
Inzwischen sind aber nicht mehr nur die Jungen gefragt. Unternehmensberatungen sprechen verstärkt auch Berufserfahrene an: Ingenieure, Mediziner, Biochemiker, Juristen oder Datenanalysten, die in ihrem Job fest im Berufsleben stehen.
Junge Teams sind kein Geschäftsmodell mehr
Achtköpfige Teams, ein erfahrener Projektleiter und sieben junge Mitarbeiter – dieses Geschäftsmodell zieht laut Klaus Reiners vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater auch bei den großen Namen nicht mehr. Die Aufgaben haben sich gewandelt: Unternehmen, die Berater beauftragen, wollen in über 90 Prozent der Fälle nicht mehr nur neue Strategien und Konzepte – sondern auch bei deren Umsetzung begleitet werden. Das erfordert Fach- und Branchenkenntnis und bedeutet mehr Kontakt mit den Mitarbeitern beim Kunden, erklärt Reiners. Die Teams müssten kommunikativ sehr stark sein, gut führen können und auch Empathie mitbringen. Und das sei in der Regel erst mit mehr Berufs- und Lebenserfahrung der Fall.
Auch Boston Consulting lädt Berufserfahrene zu Wochenendseminaren ein. Seit 2009 findet für den deutschsprachigen Raum die „Experienced Class“ statt, 2015 gleich zweimal im Jahr. Erfahrung ist gefragt wie nie. 200 Berater werden laut Unternehmen pro Jahr eingestellt, jeder fünfte davon ist heute berufserfahren.
Auch Eva-Maria Strube hat sich nach ihren Jahren bei der Bank für die „Experienced Class“ beworben. Ein halbes Jahr später fing sie bei Boston Consulting als Juniorberaterin an. Von Montag bis Donnerstag ist sie nun in wechselnden Städten im Einsatz, je nach Kunde – aktuell in Hamburg. Freitags arbeitet sie im Büro am Standort Frankfurt, wo sie auch lebt.
Auch in Berlin betreiben Beratungen Büros, Boston Consulting etwa mit 150 Mitarbeitern. Capgemini und KPMG haben ihre Hauptsitze nach Berlin verlegt. Doch das hängt weniger mit der Wirtschaftsstärke der Region zusammen als mit der Attraktivität der Stadt für junge Mitarbeiter. Denn eingesetzt werden die Berater hauptsächlich in anderen Regionen. Fast ein Drittel der Beratungsaktivitäten in Deutschland konzentriert sich auf Nordrhein-Westfalen. Köln und Düsseldorf sind wichtige Standorte. Baden-Württemberg spielt mit der Nähe zu Industrie und Finanzwelt eine wichtige Rolle. Und Berater sind auch im Ausland tätig.
Ständig wechseln die Anforderungen
„Ständig wechselnde Kunden, ständig wechselnde Teams, ständig wechselnde Ansprechpartner“, beschreibt Eva-Maria Strube ihren Berateralltag. Bei einem Energiekonzern hat sie die Zusammenarbeit von Unternehmensbereichen verbessert und eine neue Geschäftsstrategie für das Ausland entwickelt. Sie hat in der Konsumgüterbranche beraten, war in Mailand und Zürich tätig. Ein Projekt kann drei Wochen dauern. Ihr längster Einsatz lief über neun Monate. Es gebe unterschiedliche Aufträge: Manchmal analysiere man ein Unternehmen von außen, manchmal sitze man direkt mit den Angestellten im Büro. In kurzer Zeit viele Dinge zu erfassen und mit immer wieder neuen Kollegen zusammen zu kommen, das reizt sie an ihrer Arbeit.
Für das überdurchschnittliche Gehalt müssen Berater auch einiges leisten. Der Job sei kein „9-to-5-Job“, sagt Strube. Abendtermine sind keine Seltenheit. Mal bringt sie Kollegen, die parallel beim selben Kunden an einem anderen Projekt arbeiten, auf den aktuellen Stand. Mal stellt sie möglichen Kunden ihre Arbeit vor.
Wer erwägt, aus seiner Branche in die Beraterwelt umzusteigen, sollte sich gut überlegen, ob ihn das flexible Leben auch langfristig reizt, rät Jürgen Below. Der Unternehmensberater war bis 2012 für Kienbaum tätig und hat sich dann mit einer Personalberatung in Berlin selbstständig gemacht hat. Außerdem gebe es eine Reihe von Routinetätigkeiten oder interne Abläufe umzusetzen. Solche „weniger spannenden Aufgaben“ machen bis zu einem Drittel der Arbeit aus, gibt er zu bedenken. Für den weiteren Aufstieg als Unternehmensberater sei es wichtig, sich ein Netzwerk aufzubauen, um später neue Aufträge mit großem Auftragsvolumen akquirieren zu können. Denn das ist entscheidend dafür, ob man Partner wird in einer Beratung. Wer sehr früh eingestiegen ist, habe hier häufig Vorteile.
Für Eva-Maria Strube wäre der nächste Schritt, die Projektleitung in einem Team zu übernehmen. Derzeit ist sie mit ihrer Beratertätigkeit aber zufrieden, sagt sie. Nach ihren Einsätzen in anderen Bereichen ist sie jetzt vor allem wieder für Finanzdienstleistungen tätig. Die Branchen unterscheiden sich aber weniger, als sie gedacht hat. Die Inhalte, sagt sie, sind zwar oft sehr verschieden, die Probleme aber recht häufig gar nicht so unähnlich.
Katharina Ludwig
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