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In Deutschland fließt viel Geld in Immobilien, sobald der Bau genehmigt ist.
© dpa

Weniger Baugenehmigungen in 2018: Wohnungsmangel in Deutschland bleibt von Dauer

Die Zahl der Baugenehmigungen ist in 2018 trotz dem Bedarf an Neubauten weiter gesunken. Wirtschaft und Gewerkschaften warnen vor den Konsequenzen.

Sie sind zwar kein Garant, aber ein Indiz für die Bautätigkeit: An der Zahl der Baugenehmigungen lassen sich sowohl die Aktivitäten auf den Immobilienmärkten als auch die Zahlen der zu erwartenden Neubauten ablesen.  Die Zahl der Baugenehmigungen ist 2018 leicht gesunken – trotz der großen Nachfrage nach Immobilien vor allem in den Großstädten.

Die Zahl der genehmigten Wohnungen sank 2018 bundesweit binnen Jahresfrist leicht um 0,2 Prozent auf rund 347 300. Dies teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit. Die Zahlen gelten für neue Bauten ebenso wie für Maßnahmen an bestehenden Gebäuden wie Renovierungen oder Aufstockungen. Der Rückgang entspricht einem Minus von 800 Baugenehmigungen gegenüber dem Vorjahr 2017. Nach Jahren der Zuwächse waren die Baugenehmigungen schon 2017 etwas zurückgegangen.

Die Immobilien- und Wohnungswirtschaft sowie die Gewerkschaft IG BAU schlugen nach der Veröffentlichung der Zahlen Alarm. „Ideologische Diskussionen um immer weitere Regulierungen der Wohnungsmärkte oder gar Enteignung wie in Berlin sind Augenwischerei und zementieren die Wohnungsnot auf Dauer“, warnte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.

Bei Neubauten – so die Statistiker – wurden im vergangenen Jahr rund 302 800 Wohnungen genehmigt (plus 0,7 Prozent). Allein bei den Mehrfamilienhäusern gab es mit rund 180 700 genehmigten Wohnungen eine Zunahme um 4,7 Prozent. Dagegen sanken die Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser leicht. Deutlich weniger Bewilligungen gab es für Zweifamilienhäuser, die um 6,5 Prozent schrumpften und für Wohnungen in Wohnheimen (minus 24 Prozent). Dazu zählen auch Unterkünfte für Flüchtlinge. Für neue Wohnungen, die in schon bestehenden Gebäuden gebaut werden, wurden im vergangenen Jahr rund 38 600 Genehmigungen erteilt, wie die Statistiker mitteilten. Das waren 8,4 Prozent weniger als 2017.

"Die Handlungsspielräume sind ausgeschöpft"

Um die große Nachfrage zu decken, müssen nach Einschätzung von Politik und Bauwirtschaft jährlich 350 000 bis 400 000 Wohnungen in Deutschland entstehen. Davon sind die Ist-Zahlen weit entfernt. 2017 kamen nur knapp 285 000 dazu. Im vergangenen Jahr könnten laut Bauindustrie rund 300 000 Wohnungen fertig geworden sein. Die Branche ist angesichts des langen Immobilienbooms stark ausgelastet, Hausbauer warten oft Monate auf Handwerker.

„Die Handlungsspielräume von Bauherren und Investoren sind ausgeschöpft“, kritisierte der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Bauland sei in den Ballungsräumen kaum noch erhältlich, und langwierige Genehmigungsverfahren sowie zahlreiche Vorschriften bremsten den Neubau. Die „Schlangen bei den Wohnungsbesichtigungen“ würden auch künftig nicht kürzer, befürchtet der Verband. Vom eigentlichen Neubaubedarf sei Deutschland „meilenweit entfernt“. Denn nicht jede genehmigte Wohnung könne auch gebaut werden.

So lag die Zahl der fertiggestellten Wohnungen 2017 bei 285 000, für 2018 würden ähnliche Zahlen erwartet. Nötig sei ein „gemeinsamer politischer Wille für mehr Neubau“ bei Bund, Ländern und Kommunen, das betreffe auch die Rahmenbedingungen wie das Baurecht und langwierige Verfahren.

Die IG BAU forderte, die Bundesregierung müsse „nachlegen“. Besonders enttäuschend seien die Zahlen der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser. Dass es trotz des eingeführten Baukindergeldes an dieser Stelle solche Rückgänge gegeben habe, „sollte der Bundesregierung zu denken geben“.

Politik bremst beim Wohnungsbau

Nur jeder Zehnte sprach sich in einer Meinungsumfrage des Finanzierungsvermittlers Baufi24.de klar dafür aus, dass das Baukindergeld den Entschluss zum Bau oder Kauf einer Immobilie beeinflusse. Am größten ist die Skepsis bei Geringverdienern sowie in Ballungsgebieten. Das Meinungsforschungsunternehmen Civey hatte im Auftrag von Baufi24.de 5000 Personen zwischen dem 1. und dem 3. März dieses Jahres befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

In Berlin sank die Zahl der genehmigten Wohnungen von Januar bis September 2018 nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin Brandenburg gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,7 Prozent auf 17 157, darunter 14 716 Neubauwohnungen (–5,6 Prozent).

„Der Wohnungsneubau in Berlin muss zügig auf 25 000 Fertigstellungen (derzeit 15 000) im Jahr zulegen“, forderte der SPD-Fachausschuss VIII Soziale Stadt unter Vorsitz von Volker Härtig in einem Leitantrag für den Parteitag. Die „häufige, politische Behinderung des Wohnungsbaus“ müsse ein Ende haben. Während sich in Berlin zwischen 2011 und 2016 Baugenehmigungen und Fertigstellungen im Wohnungsbau verdreifachten oder zwischen 2013 und 2016 mehr als verdoppelten, so heißt es in dem Fachausschuss-Papier weiter, „stagniert seit Amtsantritt der Bausenatorin Lompscher (Linke) die Zahl genehmigter Wohnungen und sinkt inzwischen sogar“. mit dpa und AFP

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