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Erneuerbare Energien müssen nicht immer Hightech sein: Auf den Dächern der Neubauten an der Brehmestraße in Pankow sammeln lange Schlangen wassergefüllter schwarzer Rohre Sonnenwärme ein.
© GeoEn

Alternativen zu den Fossilen: Wärmewende für die globale Abkühlung

Die Klimakonferenz in Paris setzt ein Signal: Auch Gebäude müssen klimaneutral werden. Zwei Berliner Projekte machen vor, was alles geht.

In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts muss Schluss sein mit der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas. Das hat die Klimakonferenz in Paris beschlossen und den nationalen Regierungen damit schwere Hausaufgaben aufgegeben.

Auch Deutschland, der Energiewendestreber, muss jetzt noch mal richtig in die Hände spucken. Denn im Gebäudebereich dominieren fossile Brennstoffe. Das brachte erst kürzlich wieder der Monitoringbericht der Bundesregierung zum Stand der Energiewende ans Licht. Wichtig wäre eine Umstellung auf Erneuerbare im Gebäudebereich, weil hier gut ein Drittel der gesamten Energie verbraucht wird.

Um Erneuerbare auch bei der Wärmeversorgung voranzubringen, haben die Grünen gestern einen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht. Sie wollen das bestehende Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz auch auf Bestandsbauten ausdehnen. Mindestens 15 Prozent ihres jährlichen Wärmebedarfs sollen diese künftig aus sauberen Technologien gewinnen.

Bisher gibt es bei Bestandsbauten keine Pflicht, erneuerbare Energien einzusetzen – außer bei öffentlichen Gebäuden sowie großflächigen An- und Ausbauten. „Angesicht des fortschreitenden Klimawandels ist dies ein nicht zu vertretender Zustand“, schreiben die Abgeordneten Julia Verlinden und Christian Kühn, die die Vorlage ausgearbeitet haben. Greifen soll das neue Gesetz immer dann, wenn eine Heizung sowieso ausgetauscht wird.

In der Praxis läuft schon viel mit erneuerbarer Wärme

Was im Bestand alles geht, zeigt ein Projekt der Wohnungsbaugenossenschaft Märkische Scholle in Lichterfelde-Süd: Warmwasser aus Solarthermieanlagen wird in Erdwärmespeichern gesammelt, die Wohnungen haben eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, Angebot und Bedarf werden über eine elektronische Steuerung ausgeglichen. Neu gemacht wurden außerdem Fenster, Türen und Bäder.

Trotzdem zahlen die Mieter je nach Verbrauch nur zwischen 50 Cent und einem Euro mehr Warmmiete pro Quadratmeter. Der moderate Preisanstieg war deshalb möglich, weil die Genossenschaft nur drei bis vier Prozent der Kosten umlegte. Erlaubt sind elf Prozent.

Das Vernetzungsschema der Energieanlagen im Haus an der Brehmestraße.
Das Vernetzungsschema der Energieanlagen im Haus an der Brehmestraße.
© Geo-En

An einem Neubau in Pankow kann man sehen, wie viele verschiedene Technologien ineinandergreifen müssen, um ein Gebäude mit möglichst viel erneuerbarer Wärme zu versorgen: 70 Wohnungen des Projekts „Himmel und Erde“ in der Brehmestraße werden hauptsächlich mit Erdwärme und einem Blockheizkraftwerk beheizt, das Gas verbrennt und dabei Strom erzeugt. Der wiederum versorgt die ebenfalls integrierten Wärmepumpen mit Energie. Sie können aus der Temperaturdifferenz zwischen Umgebung und Innenraum Heizwärme gewinnen.

Zurückgewonnene Wärme aus den Wohnungen wird zur Warmwasserbereitung und zur Regeneration der Erdwärme genutzt. Im Sommer laden auch die solarthermische Absorber auf dem Dach die Erdwärmesonden auf. Die Bohrlöcher sind also zugleich ein saisonaler Speicher für die Sonnenenergie.

„Durch das innovative Energiekonzept sparen die Bewohner gegenüber einer Gasbrennwertheizung dauerhaft rund 50 Prozent der sonst anfallenden Heizkosten“, sagt Nikolaus Meyer, Geschäftsführer des Berliner Unternehmens Geo-En, das die Anlage plante und realisierte. Die klimaschädlichen Kohlendioxidemissionen seien ebenfalls halbiert worden.

Der Wärmemarkt ist viel komplexer als der Strommarkt

Das Konzept aus Pankow macht aber auch klar, warum die Wärmewende im Gebäudesektor bisher nicht so recht vom Fleck kommt: Ob Solarthermie, Biomasse, Wärmepumpen oder Geothermie, Kraft-Wärme-Kopplungen, Fernwärme, Wärmerückgewinnung oder Erdspeicher – die Technologien sind da. Sie müssen aber richtig kombiniert werden. Das fordert nicht nur die Bauherren, sondern auch die Planer.

„Der Wärmemarkt zeichnet sich durch eine höhere Komplexität im Vergleich zum Strommarkt aus“, schreibt der Forschungsverbund Erneuerbare Energien (FVEE) in einem Positionspapier zur Wärmwende. Er geht davon aus, dass die Herausforderungen noch deutlich zunehmen, wenn die Zahl der Technologieoptionen steigt und die Verzahnung von Wärme- und Stromsystem an Bedeutung gewinnt. Damit ist beispielsweise gemeint, dass überschüssiger Strom aus Erneuerbaren mit riesigen Tauchsiedern in Wärmenetzen gespeichert wird (Power-to-heat). Oder dass Grünstrom zum Heizen in Wärmepumpen genutzt wird.

Im Alltagsgeschäft steht nun erst einmal die nächste Verschärfung der Energieeinsparverordnung an. Ab Januar müssen Neubauten 25 Prozent weniger Energie verbrauchen als in der bisher geltenden Stufe. Für Bauherren ist das eine finanzielle Herausforderung. „Alle Fachleute sind sich darüber einig, dass das Bauen damit etwas teurer wird“, sagt Jürgen Stock, Referatsleiter im Bundesbauministerium. „Aber über die Höhe der zusätzlichen Kosten gibt es unterschiedliche Auffassungen.“ Schätzungen schwanken zwischen drei und elf Prozent Mehrkosten.

Unterm Strich sollen sich die Investitionen aber auszahlen. „Berechnungen an Modellgebäuden haben ergeben, dass nach 20 bis 24 Jahren, teilweise aber auch deutlich schneller, die schwarze Null erreicht und danach ein Plus zu verzeichnen sein wird“, sagt Stock. mit dpa

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