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Den Wohnungseigentümern bringt das neue Gesetz keinen Nutzen, sagt unsere Autorin.
© Uwe Anspach/dpa

Berufszulassung für Immobilienverwalter beschlossen: Verwalter darf jeder sein – auch jeder Dilettant

Für gewerbliche Makler und Wohnungsverwalter sollte es endlich verbindliche Standards geben, stattdessen verzichtet das neue Gesetz auf Sachkundenachweise.

Nach mehr als 65 Jahren beruflichem Wildwuchs bei den Verwaltern von Wohnungseigentum waren die Hoffnungen der Eigentümer groß, dass endlich gesetzliche Standards für die Berufszulassung festgelegt werden. Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum e. V. (WiE) forderte dies seit Jahren, auch Verwalterorganisationen und Fachöffentlichkeit wollten es. Analog der Zulassungswege für Finanzanlagen- und Immobiliardarlehensvermittler war das zentrale Element des Gesetzentwurfes der Sachkundenachweis. Am Ende des Gesetzgebungsverfahrens herrscht jetzt Fassungslosigkeit über das Ergebnis: Der Sachkundenachweis wurde einfach gestrichen, um die Verwalter mit dem Lernen und den Kosten fürs Lernen nicht zu überfordern.

Stattdessen soll eine Fortbildungspflicht im Umfang von 20 Stunden in drei Jahren den Bildungshorizont der Verwalter heben und sie für die komplexen Verwaltungsaufgaben fit machen und fit halten. Diese „Pflicht“ wurde mit heißer Nadel im Wirtschaftsausschuss von CDU/CSU und SPD als fauler Kompromiss gestrickt zulasten der Eigentümer von knapp zehn Millionen Eigentumswohnungen. Die Interessen dieser Verbraucher wurden dabei vollkommen ignoriert.

Alle Verwalter – ob Anfänger, Quereinsteiger oder alte Hasen – werden jetzt gleichbehandelt. Egal, ob sie bisher als Pferdepfleger, Hausmeister, Rechtsanwältin oder Architektin tätig waren. Wie effektiv und effizient dies ist, fragt keiner. Die Änderungen des Wirtschaftsausschusses wurden vom Bundestag so verabschiedet und werden wohl auch so den Bundesrat passieren.

Das Gesetz degradiert diejenigen, die hoch qualifiziert im Verwalterberuf tätig sind

Den Wohnungseigentümern – für die dieses Gesetz unter der verheißungsvollen Zielvorgabe „mehr Verbraucherschutz“ ja geschaffen werden sollte – bringt dieses Gesetz keinen Nutzen für ihren Bedarf an qualifizierten Verwaltern. Sie bekommen vom Gesetzgeber keine verlässlichen und transparenten Leitplanken gestellt, an denen sie sich orientieren können. Weiterhin kann man sich nach einem zehntägigen Kurs (davon drei Tage in Sachen Wohnungseigentumsverwaltung) als IHK-geprüfter Immobilienverwalter bezeichnen. Und da Fortbildungen nicht mit Prüfungen verbunden sind, werden bildungsresistente Verwalter sich vertiefenden Fachkenntnissen weiter verweigern. Dann hält man halt ein Nickerchen beim strohtrockenen Vortrag eines Juristen über die allerneueste WEG-Rechtsprechung. Ein „Zertifikat“ gibt’s allemal.

Das Gesetz degradiert diejenigen, die hoch qualifiziert im Verwalterberuf tätig sind. Es wertet diejenigen ab, die sich um eine fundierte Ausbildung bemühen, und es demonstriert, dass der Verwalterberuf immer noch keine angemessene Anerkennung findet. Auch wird ignoriert, dass hier eine Berufsgruppe fremdes Eigentum im Wert von über zehn Billionen Euro und Hausgeld im Wert von über 33 Milliarden Euro pro Jahr verwaltet mit einem hohen Schadensrisiko für die Wohnungseigentümer.

Das Ziel, Bürokratiekosten nicht unnötig zu erhöhen, haben die Politiker verfehlt

Dieses Gesetz ist eine Bravourleistung gesetzgeberischen Handelns: Das Ziel „mehr Verbraucherschutz“ wird auf ein Minimum reduziert (eingeführt wird eine Erlaubnis- und Versicherungspflicht), ansonsten wird die Pflicht zum eigenverantwortlichen Handeln an den „mündigen Verbraucher“ zurücküberwiesen. So stehlen sich Politiker bei fehlenden oder untauglichen gesetzlichen Maßnahmen aus ihrer Verantwortung.

Vier Jahre kreißte der Berg der Gesetzgebung – für ein Gesetz, das keine Schneise in den Wildwuchs schlägt, keine Transparenz schafft und das allgemeine Qualifikationsniveau nicht anheben wird. Avanti dilettanti. Ihr eigenes Ziel, die Bürokratiekosten nicht unnötig zu erhöhen, haben die Wirtschaftspolitiker ebenso gründlich verfehlt. Denn ein Register muss trotzdem aufgebaut und regelmäßig aktualisiert werden. Das kostet Geld und Aufwand bei definitiv viel zu geringem Nutzen. Wenn das keine Überregulierung ist! Herzlichen Glückwunsch!

Die Autorin ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Wohnen im Eigentum e. V.

Gabriele Heinrich

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