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Mit Beistand. Nikolaus Ziegert (Mitte) lässt seine Stiftung beraten von Otto Schily (links) und Eckhart Hertzsch.
© Promo

Eigentumswohnungen in Berlin: Neue Stiftung soll Mieterhauptstadt das Eigentum lehren

Ein Makler will den Bau von preiswerten Wohnungen mit ökologischen Konzepten fördern. Und strebt dabei eine Zusammenarbeit mit privaten Projektentwicklern und kommunalen Wohnungsgesellschaften an.

Berlin ist und bleibt eine Mieterstadt. Obwohl sich in den vergangenen Jahren als Folge der niedrigen Zinsen und der Unsicherheit an den Finanzmärkten viele Menschen für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses entschieden haben, leben in Berlin nur 15,6 Prozent der Haushalte in den eigenen vier Wänden. Das ist weniger als in jedem anderen Bundesland. Im gesamtdeutschen Durchschnitt beträgt die Wohneigentumsquote 45 Prozent.

Doch Berlin soll die rote Laterne in Sachen Wohneigentum nicht auf ewig tragen – jedenfalls nicht nach dem Willen von Nikolaus Ziegert. Er ist mit der Ziegert Bank- und Immobilienconsulting seit 30 Jahren auf dem Berliner Markt tätig und spezialisiert auf den Verkauf von Eigentumswohnungen. „Man sollte die Chancen der Wohneigentumsbildung nicht aus den Augen verlieren“, sagt er.

Dafür gründet er gerade eine gemeinnützige „Stiftung für erschwingliches und bedarfsgerechtes Wohneigentum“. Sie ist mit einem Kapital von einer Million Euro ausgestattet und verfolgt den Zweck, „günstige Eigentumsbildung mit ökologischen und innovativen Konzepten in kleinen und größeren Stadtquartieren zu realisieren“.

Selber als Investorin auftreten soll die Stiftung nicht; stattdessen strebt sie eine Zusammenarbeit mit privaten Projektentwicklern und kommunalen Wohnungsgesellschaften an. Die Gelder der Stiftung sollen die Partner bei der Entwicklung von neuen Konzepten für günstiges Bauen unterstützen. Ehrgeiziges Ziel ist eine monatliche Belastung der Käufer von nur 6,50 Euro pro Quadratmeter.

"Wohneigentum schützt vor Mietsteigerungen"

Der naheliegenden Vermutung, dass es dem Makler mit der Stiftung vor allem darum geht, das eigene Geschäft anzukurbeln, begegnet Ziegert mit einer prominenten Unterstützerriege. Dem Stiftungsbeirat gehören der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der frühere Innenminister Otto Schily und die Architekturprofessorin Angela Mensing-de Jong an. Designierter Stiftungsratspräsident ist Eckhart Hertzsch, Leiter der Geschäftsstelle „Nationale Plattform Zukunftsstadt“ beim Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation.

„Wohneigentum schützt vor künftigen Mietsteigerungen und ist ein Bestandteil der Altersvorsorge“, sagt Michael Voigtländer vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln. Laut einer aktuellen Studie des IW ist es in Berlin und fast allen anderen deutschen Städten finanziell vorteilhafter, Wohneigentum zur Selbstnutzung zu erwerben, als zur Miete zu wohnen. Erst ab Darlehenszinsen von vier Prozent würde mieten wieder günstiger.

„Wohneigentum eignet sich aber nicht für jeden“, räumt Voigtländer ein. Er verweist auf Länder wie Spanien, in denen viele Haushalte mit niedrigem Einkommen sich durch den Kauf einer Wohnung überschuldet haben. Eine eigene Wohnung erwerben sollten laut Voigtländer deshalb nicht Geringverdiener, sondern eher Angehörige der Mittelschicht.

Der Senat will Familien beim Wohnungskauf unterstützen

Grundsätzlich, so der Immobilienexperte, würden sich Eigentümer stärker bürgerschaftlich engagieren als Mieter. Wenn Mieter ihre eigene Wohnung kauften, führe dies überdies dazu, dass sie trotz steigender Mieten in ihrem Kiez wohnen bleiben könnten. „Berlin sollte sich deshalb überlegen, Angebote für Haushalte mit geringerem Einkommen zu machen“, so Voigtländer.

Genau dies wollen der Senat und die Investitionsbank Berlin (IBB) auch tun: Im März beschloss der Senat ein Pilotprogramm, das Familien, die nicht zu den Topverdienern zählen, beim Erwerb von Wohneigentum unterstützt. „Wir brauchen auf dem Wohnungsmarkt eine vielfältige Entwicklung“, sagte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel. „Dazu gehört auch Eigentumsbildung, vor allem für Familien mit Kindern.“

Starten wird das Programm laut einem IBB-Sprecher noch im Juli. Die Förderung soll über zinsvergünstigte Kredite erfolgen, die neben einem Baudarlehen der Hausbank vergeben werden. Voraussetzung ist ein Eigenkapitalanteil von mindestens 15 Prozent. In den Genuss des Programms kommen Familien, deren Einkommen höchstens 180 Prozent der im Wohnraumförderungsgesetz festgelegten Grenzen beträgt. Das entspricht bei einem dreiköpfigen Haushalt einem Jahresnettoeinkommen von gut 40 000 Euro.

Gefördert wird ausschließlich der Erwerb von neuen Wohnungen und Häusern. Damit will der Senat verhindern, dass es zu weiteren Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen kommt.

Die Opposition begrüßt das Programm

Allerdings ist der Umfang des Programms mit fünf Millionen Euro jährlich bescheiden. Geht man von einem Volumen von 100 000 Euro pro Antrag aus, können jährlich lediglich 50 Haushalte vom Programm profitieren. „Wenn das Programm erfolgreich ist, werden wir dafür streiten, dass es ausgeweitet wird“, sagt Matthias Brauner, Sprecher für Bauen und Wohnen der CDU-Fraktion.

Sogar bei Teilen der Opposition findet dieser Ansatz im Prinzip Zustimmung: Bei Neubauwohnungen – und nur dort – könne die Bildung von Eigentum durchaus sinnvoll sein, sagt Antje Kapek, Sprecherin für Stadtentwicklung von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus. „Eigentum gehört zu einer gemischten Stadt“, sagt sie. Als gutes Beispiel verweist sie auf ein Projekt im Neuköllner Rollberg-Kiez. Dort sprach der Bauträger bewusst Eigennutzer als Käufer an und gewährte jungen Familien einen Rabatt von zehn Prozent auf den Kaufpreis.

Konkrete Projekte hat die Ziegert-Stiftung noch nicht. Allerdings sei man in Gesprächen mit namhaften Architekturbüros, darunter mit Stararchitekt Libeskind.

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