Neues Gesetz zum Wohnungseigentum: Grund zur Klage
Das Justizministerium legt einen Entwurf zum neuen Wohnungseigentumsgesetz vor. Verwalter werden gestärkt, Gerichte entlastet, Eigentümer geschwächt
Es kommt so, wie es nicht kommen sollte. Das Bundesjustizministerium hat den Gesetzentwurf für ein Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEModG) vorgelegt, das die Verwalterrechte stärkt und die der Eigentümer schwächt. Im Vorfeld des Gesetzesvorhabens hatte der Verband „Wohnen im Eigentum“ (WiE) auf kritische Passagen hingewiesen, die bereits in der Zusammenfassung einer Expertenanhörung zum neuen Wohnungseigentumsgesetz (WEGesetz) enthalten waren. Der Tagesspiegel berichtete über die Podiumsdiskussion in Berlin in der Ausgabe vom 28. September 2019.
Doch der Referentenentwurf orientiert sich eng am Abschlussbericht der offenen Bund-Länder-Arbeitsgruppe; kritische Einwände fanden keinen Niederschlag im vorliegenden 100-Seiten-Papier.
Bauliche Maßnahmen sollen in Eigentümergemeinschaften künftig grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen werden können. Derzeit bedürften bauliche Veränderungen oft der Zustimmung aller Wohnungseigentümer in einer Immobilie, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf.
Das soll sich ändern, und zwar nicht nur für den Einbau von Lademöglichkeiten, sondern auch für den alters- oder behindertengerechten Umbau oder für verstärkten Einbruchschutz. Mieter sollen solche Änderungen von ihrem Vermieter verlangen können.
Das bisherige Beschlussfähigkeitsquorum soll zudem aufgehoben werden, so- dass Versammlungen unabhängig von der Zahl der vertretenen Miteigentumsanteile beschlussfähig sind.
Nach einer ersten Einschätzung sagte Gabriele Heinrich, Vorstand „Wohnen im Eigentum“ (WiE): „Positiv bewerten wir unter anderem, dass Vereinfachungen bei der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums wichtige Baumaßnahmen erleichtern. Der Entwurf enthält aber auch sehr risikobehaftete Regelungen, die zu- lasten der Wohnungseigentümer und des Verbraucherschutzes gehen. Insbesondere die geplante Stärkung der Position des Verwalters wird von WiE äußerst kritisch gesehen.“
Mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf strebt die Bundesregierung erstmals nach zwölf Jahren eine umfassende Reform des Wohnungseigentumsrechts an, das aus dem Jahr 1951 stammt. Die Reform ist aus Sicht der beiden Eigentümerverbände WiE und Haus & Grund dringend geboten, um die über 800 000 Wohnungseigentümergemeinschaften mit knapp neun Millionen Eigentumswohnungen auf zukünftige Herausforderungen – wie etwa E-Auto-Lademöglichkeiten – vorzubereiten.
Wohnungsbesitzer und Mieter in Mehrparteienhäusern sollen grundsätzlich einen Anspruch auf den Einbau von E-Auto-Lademöglichkeiten bekommen. „Die Eigentümerversammlung darf die Baumaßnahmen in der Regel nicht verwehren“, heißt es in dem Gesetzentwurf, den das Bundesjustizministerium am Dienstag öffentlich machte. „Damit die Wende zur E-Mobilität gelingt, brauchen wir eine flächendeckende und zuverlässige Ladeinfrastruktur“, erklärte Justizministerin Christine Lambrecht (SPD). Das Kabinett und der Bundestag müssten den Plänen noch zustimmen.
Der Entwurf erfüllt die Erwartungen der beiden Eigentümerverbände jedoch nicht in Gänze. Heinrich stört sich für ihre Klientel vor allem an der neuen starken Rolle, die den Verwaltern zugeschrieben wird. „Wenn denn der Verwalter gestärkt werden soll, dann muss es auch ein starkes Kontrollgremium durch einen gestärkten Verwaltungsbeirat geben. Doch das Gegenteil ist vorgesehen: Anders als im aktuellen Gesetz soll es keine zwingende Prüfung von Belegen und Kostenvoranschlägen durch den Verwaltungsbeirat mehr geben“, sagt Heinrich. Die Begründung, diese Prüfung sei „nicht relevant“ und würde andere Eigentümer von einer Mitarbeit in einem Verwaltungsbeirat abschrecken, sei nicht nachvollziehbar. „Ich verstehe nicht, inwieweit eine Prüfung von Rechnungen und Kostenvoranschlägen durch Eigentümer nicht relevant sein soll“, wundert sich die Interessenvertreterin: „Um Unregelmäßigkeiten aufzuklären und im schlimmsten Fall Veruntreuungen, müssen doch Belege geprüft werden. Blindes Vertrauen kann ja nicht vorgegeben werden, wenn fremde Gelder von externen Dienstleistern verwaltet werden.“
Der Verwalter ist berechtigt "alle" Maßnahmen zu treffen
Dem Missbrauch seien Tür und Tor geöffnet, wenn der Verwalter darüber hinaus eine unbeschränkte Außenvollmacht erhalte, die Eigentümer für die Folgen seines Handelns aber zahlen und haften müssen, empört sich Heinrich: „Das heißt: Die vom Verwalter abgeschlossenen Verträge sind auch ohne Beschluss für die WEG bindend. Den Wohnungseigentümern bleibt im Schadens- und Streitfall dann nur die Schadensersatzklage mit ungewissem Ausgang.“ WiE sei unzufrieden mit der Stellung des Verwalters. „Eine Generalklausel mit unbestimmten Rechtsbegriffen lehnen wir ab“, sagte Heinrich: „Zwar können Wohnungseigentümer die Rechte des Verwalters laut Gesetzentwurf einschränken, doch es müsste andersherum sein: dass nämlich die Rechte des Verwalters erweitert werden können.“ Der Verwalter solle in Zukunft berechtigt sein, „alle“ Maßnahmen zu treffen, die die „gewöhnliche“ Verwaltung mit sich bringe.
Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) begrüßte, dass mit dem Entwurf wieder Bewegung in das Gesetzgebungsvorhaben gekommen ist.
Der Koalitionspartner signalisierte Zustimmung für die Pläne der SPD-Ministerin Lambrecht. „Wir sind mit dem Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin im Kern zufrieden“, teilte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU). „In Zukunft wird gewährleistet, dass wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen einfacher beschlossen und somit umgesetzt werden können.“
Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke forderte weitergehende Änderungen: „Die Rechte der vermietenden Wohnungseigentümer dürfen nicht durch Mieterrechte eingeschränkt werden. Hier ist der Vorschlag aus dem Ministerium noch nicht konsequent“, betonte Warnecke.
Beschlussanfechtungen werden reduziert
Als „wichtig und gut“ bewertete „Wohnen im Eigentum“, dass die Wohnungseigentümer einen Vermögensbericht erhalten sollen. Aber: Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung sollen nicht mehr von der Eigentümergemeinschaft beschlossen werden, sondern nur noch die Zahlungspflichten aus den zugrundeliegenden Zahlenwerken – also die Höhen der Vorauszahlungen des Hausgeldes oder die Höhen über Nachzahlungen etc. „Das bedeutet“, so Heinrich, „dass die Anfechtungsmöglichkeiten für die Eigentümer reduziert werden – bisher können nicht nur Rechenfehler anfechtbar sein, sondern z.B. auch Bestandteile der Jahresabrechnung oder die sachliche Richtigkeit der gesamten Jahresabrechnung. Denn eindeutige formale Vorgaben gab und gibt es bisher nicht. Damit will der Gesetzgeber die Zahl der Beschlussanfechtungen reduzieren, um Gerichte und Verwalter zu entlasten.“ Hier wird also weniger Transparenz vom Verwalter verlangt.
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