Crowdfunding für Immobilien: Engel & Völkers Capital schwärmt für neue Finanzierungsform
Die Maklerkette sammelt für ein Wohnneubauvorhaben in Hamburg-Sasel über 1,5 Millionen Euro mit Crowdfinanzierung ein.
Die Angst war unbegründet: Vor den Anhörungen zur Evaluierung des Kleinanlegerschutzgesetzes hatten die Onlineplattformen, die Schwarmgelder für Immobilienfinanzierungen einsammeln, neue Beschränkungen befürchtet. Doch der Vorstoß einiger CDU- und SPD-Politiker ist nun zunächst vom Tisch. Es bleibt, wie es war: Private Anleger können sich per Crowdinvesting mit bis zu 10 000 Euro an einem Immobilienprojekt beteiligen, das ein Volumen von 2,5 Millionen Euro nicht überschreiten darf. Eine Prospektpflicht besteht für das Portal, das die Gelder einsammelt, weiterhin nicht.
Simon Brunke, Mitgründer von Exporo, dem Marktführer in der jungen Branche der Immobilien-Crowdinvestingplattformen, begrüßt die Entscheidung des Gesetzgebers: „Damit können auch Kleinanleger weiter an dem aktuellen Immobilienboom partizipieren.“ Bei Exporo sind Investitionen ab 500 Euro möglich. Verzinsung: fünf bis sechs Prozent per anno. Bisher hat man 82 Millionen Euro für 62 Projekte vermittelt. Mitbewerber Carl Friedrich von Stechow, Chef der Plattform Zinsland (21 Millionen Euro für 29 Projekte), die ähnliche Konditionen wie Exporo bietet, weist auf die Bedeutung schwarmfinanzierter Immobilien-Projekte hin, „die schließlich dringend benötigten Wohnraum schaffen“.
So sehr sich die mittlerweile etwa zehn Plattform-Betreiber von Bergfürst über iFunded und Immofunding bis Zinsbaustein über die Entscheidung der Regierung, ihnen keine weiteren Restriktionen aufzulegen, gefreut haben, so sehr dürfte einigen der Schreck in die Glieder gefahren sein, als sie hörten, wer künftig auf ihrem Feld mitspielt: Engel & Völkers.
Die Etablierten geben sich gegenüber dem neuen Herausforderer gelassen
Die Firmengruppe, eine der größten Maklerketten für Wohn- und Gewerbeimmobilien weltweit, hat eine eigene Crowdinvestingplattform aufgebaut. Die erste Schwarmfinanzierung wurde vor wenigen Tagen abgeschlossen: Für ein Wohnneubauvorhaben in Hamburg-Sasel sammelte Engel & Völkers Capital in 45 Tagen von mehr als 450 Anlegern, die sich mit Summen ab 100 Euro beteiligten, 1,5 Millionen Euro ein. Damit wurde das angestrebte Ziel von 1,62 Millionen Euro nicht ganz erreicht. Die fehlenden 70 000 Euro schossen der Plattformbetreiber und Großinvestoren zu. Diese Gruppe hatte bereits vor Beginn der Fundingphase 180 000 Euro eingebracht. Geschäftsführer Marc Laubenheimer: „Wir finanzieren immer mindestens zehn Prozent eines Projektes zusammen mit unseren institutionellen Partnern selbst.“
Die Etablierten geben sich gegenüber dem neuen Herausforderer gelassen. Dass er ihnen schnell größere Stücke des Kuchens wegschnappen wird, befürchtet keiner – oder sagt es zumindest nicht öffentlich. Zinsland-Chef von Stechow, vor zehn Jahren selbst noch bei Engel & Völkers tätig, begrüßt „die zunehmende Professionalisierung des Marktes“ und ist gespannt, wie sein alter Arbeitgeber „den Sprung von der Immobilienberatung hin zur Online-Finanzierung umsetzt“.
Exporo-Vorstand Brunke verweist auf fünf Jahre Erfahrung seiner Mannschaft mit Kleinanlegern: „Unserer Erfahrung nach hat der normale Anleger ein anderes Risikoprofil als institutionelle Investoren – das gilt es zu berücksichtigen bei der Projektauswahl.“ Ähnlich wertvoll sei die Erfahrung der Risikoprüfung: Exporo hat seit 2014 annähernd 1000 Objekte für Schwarmfinanzierer unter die Lupe genommen, das Engel & Völkers Capital- Team naturgemäß erst wenige. Für Laubenheimer kein Problem: Er verweist auf acht Jahre Erfahrung im Großkundengeschäft und die Kooperation mit den drei erfahrenen Immobilienanalysefirmen Bulwiengesa, Drees & Sommer und Roever Broenner Susat Mazars, „die am Analyseprozess beteiligt sind“.
Die IT ein Kernelement des Geschäftsmodells
Was am ersten crowdfinanzierten Projekt von Engel & Völkers Capital auffällt: Der Projektentwickler RE:concet ist finanziell gar nicht beteiligt. Laut Marc Laubenheimer hat die Firma nur Eigenleistungen „mit eigenkapitalartigen Charakter“ in die Unternehmung eingebracht. Die Finanzierungsstruktur werde von Fall zu Fall entschieden, sie könne beim nächsten Projekt ganz anders sein. Zum Vergleich: Beim Exporo muss der jeweilige Projektentwickler immer 40 bis 50 Prozent des Eigenkapitals tragen, so Brunke, „damit er mit im Investitionsrisiko ist“. Außerdem bietet der Branchenprimus seiner Crowd eine Bürgschaft.
Überall wo Schwarmanleger online investieren, ist die IT ein Kernelement des Geschäftsmodells. Exporo (70 Mitarbeiter) hat nach eigenen Angaben 16 festangestellte IT-Spezialisten im Büro. Engel & Völkers Capital hat sich vom Joint Venture-Partner Kapilendo ein IT-System schneidern lassen.
Kleinanleger können auch in Bestandsimmobilien investieren
Ein Trumpf des Etablierten gegenüber dem Branchenneuling: Er bietet seinen Anlegern monatlich sechs bis acht neue Projekte an, auf die die Kleininvestoren ihr Geld verteilen können: „Und wir haben nicht nur Neubauten von Wohnimmobilien, sondern auch Bestands- und Gewerbeobjekte, Hotels und Pflegeeinrichtungen“, unterstreicht Brunke. Auch Laubenheimer will künftig Objekte aus unterschiedlichen Segmenten auf seine Seite heben. Schon das nächste oder übernächste werde wohl eine Bestandsimmobilie sein. Auch die Anzahl der Projekte soll steigen.
Fazit: Engel & Völkers Capital versucht dort zu fischen, wo es rappelvoll ist. Die Marketingkraft des Konzerns ist ein Plus, ob man den Vorsprung der Pioniere wie Exporo und Zinsland jedoch einholen kann, bleibt abzuwarten. Für alle Plattformen gilt: Crowdfinanzierung funktioniert solange der Wohnungsmarkt floriert. Die Nagelprobe für dieses Finanzierungsinstrument kommt, wenn der Wind sich irgendwann dreht.
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