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Immobilienkäufer brauchen Weitblick. Dann können sie gute Lagen auch außerhalb der Innenstadtbezirke entdecken.
© Kitty Kleist-Heinrich

Immobilienpreise in "Schmuddel-Bezirken" explodieren: 3200 Euro pro Quadratmeter

Die Hauptstadt wird internationaler und teurer. Doch wo Innenstadtbezirke enden, kann schönes Wohnen anfangen. Man sollte aber nur da kaufen, wo es einem wirklich gefällt.

Zimmer im Studentenwohnheim, Wohngemeinschaft, Paarwohnung – und dann? Spätestens wenn der Nachwuchs kommt, denken viele Familien darüber nach, in die eigenen vier Wände zu investieren. Doch allen, die sich gegen das Häuschen auf dem Land und für die Stadtwohnung in Berlin entscheiden, stellt sich die Frage: Wo kaufen und zu welchem Preis?

Seit Jahren steigen die Preise für Eigentumswohnungen in der Hauptstadt. Laut dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte, dem alle Kaufverträge von Wohneigentum innerhalb Berlins vorliegen, haben Käufer von Wohnungen im letzten Jahr durchschnittlich 2800 Euro pro Quadratmeter gezahlt. „Eigentumswohnungen haben deutlich an Wert zugenommen“, so Geschäftsstellenleiter Thomas Sandner. „Sie können auch davon ausgehen, dass die Preise weiter steigen.“

Nach Beobachtungen der Immobilienberater von Jones Long Lasalle (JLL) verteuerten sich die Angebotskaufpreise im zweiten Halbjahr 2015 auf dem Berliner Eigentumswohnungsmarkt wieder stärker. Sie erreichten mit einem Anstieg von rund zehn Prozent im Mittel 3200 Euro pro Quadratmeter. In den beiden Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg lag der Anstieg mit über 17 Prozent deutlich höher. „In der Hauptstadt ist ein Ende der Preisentwicklung bei den Kaufpreisen nicht in Sicht“, bestätigt auch Roman Heidrich, der bei JLL in Berlin Chef des Bereichs Wohnungsbewertung ist.

Ein wichtiger Grund für die Entwicklung ist der starke Einwohnerzuwachs in Berlin. Der Zuzug von Arbeitnehmern aus anderen EU-Ländern ist dabei der Haupttreiber der Bevölkerungsentwicklung. So wird die Stadt immer internationaler. Hinzu kommen rund 70.000 Flüchtlinge, die allein 2015 nach Berlin gekommen sind. Ein größerer Teil dieser Klientel wird mittelfristig für eine zusätzliche Nachfrage auf dem Mietwohnungsmarkt sorgen.

Eigentumswohnungen statt Villen in Dahlem

Zu den Toplagen innerhalb Berlins gehört seit langem der Südwesten der Stadt. In Grunewald beispielsweise mussten Wohnungskäufer 2015 zwischen 1200 und 5200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche berappen, in Dahlem kostete der Quadratmeter bis zu 6200 Euro. Sandner bemerkt hier vor allem einen Wandel bei der Nutzung der Wohnfläche: „Wo bislang vorwiegend Ein- und Zweifamilienhäuser oder Villen stehen, werden jetzt Grundstücke gekauft, um hochwertige Eigentumswohnungen darauf zu bauen.“

Die Wohnlagen in Berlin: sehr gute Lage (dunkelblau), gute Lage (blau), mittlere bis gute Lage (blau schraffiert), mittlere Lage (orange), einfache bis mittlere Lage (orange schraffiert), einfache Lage (hellorange).
Die Wohnlagen in Berlin: sehr gute Lage (dunkelblau), gute Lage (blau), mittlere bis gute Lage (blau schraffiert), mittlere Lage (orange), einfache bis mittlere Lage (orange schraffiert), einfache Lage (hellorange).
© Tsp/Fabian Bartel, Quelle IVD

Nach wie vor beliebt bei potenziellen Wohnungskäufern sind die Innenstadtbezirke innerhalb des S-Bahn-Rings: Mitte rund um Torstraße und Hackescher Markt, nördlich davon der Prenzlauer Berg, Friedrichshain oder auch Charlottenburg-Wilmersdorf mit seinen Altbauten. „Alles, was irgendwie in der Nähe zum Zentrum liegt und eine Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel hat“, sagt Sandner.

Neubauwohnungen wurden nach Analysen von JLL im zweiten Halbjahr 2015 in Berlin im Mittel für rund 4300 Euro pro Quadratmeter angeboten. Damit erhöhten sich die Preise im Vergleich zum vorangegangenen Halbjahr deutlich. In Mitte übersteigt das Angebotspreisniveau inzwischen die 5000-Euro- Marke. Auch in Charlottenburg-Wilmersdorf werden für Neubauwohnungen im Mittel rund 5000 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Für unter 4000 Euro pro Quadratmeter sind im innerstädtischen Bereich kaum noch Neubauwohnungen auf dem Markt. In den Randlagen können Wohnungen noch für um die 3000 Euro pro Quadratmeter erworben werden.

"Wedding ist im Kommen"

Der Immobilienverband IVD Berlin-Brandenburg kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Gute bis sehr gute Wohnlagen ziehen sich demnach von Wannsee im äußersten Südwesten der Stadt über Dahlem, Grunewald und Wilmersdorf bis nach Mitte. „Das ist die in allen Bereichen nachgefragteste und preisintensivste Lage“, sagt Katja Giller, Gutachterin für Immobilienwertermittlung beim IVD. Aber auch Wedding und Tiergarten seien dabei sich zu entwickeln: „Hier gibt es viele Ecken, die noch nicht wunderschön sind, mit jeder Menge Potenzial.“

Für unter 600 Euro pro Quadratmeter seien im vergangenen Jahr die günstigsten Eigentumswohnungen in Wedding verkauft worden, bestätigt Thomas Sandner vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte. Genauso hätten Käufer aber auch in Ein-Zimmer-Appartements für Studenten investiert – mit bis zu 6000 Euro pro Quadratmeter. „Das ist eher untypisch“, betont Sandner. Die große Spannbreite der Preise zeige aber auch die Wertsteigerung des Bezirks: „Wedding ist im Kommen.“

Genauso beobachtet er den Wandel im Norden Neuköllns, eine der ehemaligen „Schmuddelecken“ der Stadt: „Dieser Bereich hat schon sehr von der Schließung des Flughafens Tempelhof profitiert.“ Im Bereich zwischen S-Bahnhof Neukölln und Hermannplatz sei in letzter Zeit besonders viel passiert. Die Spannbreite der gezahlten Preise für Eigentumswohnungen reichte hier im vergangenen Jahr von 900 Euro bis 3200 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche.

Richtig günstig sind nur noch dezentrale Standorte

Idyllisch, aber auch ganz schön weit draußen, liegt Köpenick.
Idyllisch, aber auch ganz schön weit draußen, liegt Köpenick.
© Kitty Kleist-Heinrich

Bisher weniger gefragt ist der Bereich von Marzahn-Hellersdorf, in dem vorwiegend Einfamilienhäuser stehen. Etwa 200 Eigentumswohnungen haben hier im letzten Jahr den Besitzer gewechselt, für 500 bis 3300 Euro pro Quadratmeter. Katja Giller vom IVD ist optimistisch, dass auch dieser Bezirk mit der Zeit an Beliebtheit gewinnt: „Marzahn-Hellersdorf wird wiederentdeckt.“

Wenn es um Preistipps oder gar Schnäppchen geht, hält sich die Immobilienexpertin jedoch zurück. „Ein Wohnungskauf sollte jetzt und hier passen“, gibt sie zu bedenken. Wie sich das Umfeld und die Wohnlage entwickle, hänge immer auch von den Menschen ab, die in der Umgebung leben. „Besonders günstig ist es nur da, wo es dezentral ist“, stellt Giller klar. Köpenick sei beispielsweise ein Ort, der gute Wohnqualität biete, aber dabei sehr weit draußen liege. Genauso verhalte es sich mit Spandau: „Am Rand ist Spandau nicht sehr nachgefragt, da unterschätzt man schnell die schönen Ecken am Wasser.“

Reinickendorf könnte noch interessant werden

Potenzial sieht Giller auch im Süden Neuköllns. „Hier beobachten wir noch, wie das weitergeht.“ Dass Stadtteile wie Rudow und Buckow durch ihre Nähe zum neuen Flughafen in Zukunft beliebter werden, kann sich die Gutachterin durchaus vorstellen.

In eine ähnliche Richtung denkt Thomas Sandner mit Blick auf den Bezirk Reinickendorf: Etwa 700 Wohnungskäufe im Wert von 800 bis 2300 Euro pro Quadratmeter hat der Gutachterausschuss für Grundstückswerte hier im vergangenen Jahr registriert. Je nachdem, was mit dem nahegelegenen Flughafen Tegel passiert, könnte auch diese Gegend noch interessanter für Käufer werden.

Sicher ist: Wer sich für die eigenen vier Wände entscheidet, hat ein größeres Vermögen. Einer im März veröffentlichten Vermögensstudie der Deutschen Bundesbank zufolge lag das Durchschnittsnettovermögen aller zwischen April und November 2014 befragten Haushalte bei 214.500 Euro. Familien, die in ihrer eigenen Immobilie, noch nicht abbezahlten Immobilie lebten, verfügten im Schnitt über ein Nettovermögen von 311.500 Euro. Besitzer abbezahlter Immobilien besaßen ein Nettovermögen von 482.500 Euro. Mieter kamen dagegen nur auf ein Nettovermögen von durchschnittlich 51.800 Euro.

Allerdings hatten Mieter im Schnitt auch nur ein etwa halb so hohes Einkommen wie Haushalte, die sich eine Immobilie kauften. „Der Immobilienbesitz konzentrierte sich vor allem bei den vermögenderen Haushalten“, schreibt die Bundesbank. Nicht zuletzt deshalb sei Immobilienbesitz und dessen Wert ein guter Indikator für die Position eines Haushalts in der Vermögensverteilung. „Im oberen Fünftel der Netto-Vermögensverteilung findet man 2014 nicht einmal mehr 10 Prozent Haushalte, die nicht in selbstgenutzten Immobilien lebten. Der Anstieg der Immobilienpreise kommt also vor allem auch den Haushalten im oberen Bereich der Vermögensverteilung zugute“, heißt es im Bericht.

Alena Hecker

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