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Wie geht es weiter mit VW: Konzernchef Martin Winterkorn und Ferdinand Piëch haben offenbar unterschiedliche Vorstellungen.
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VW-Patriarch Ferdinand Piëch rückt ab von Konzernchef ab: „Ich bin auf Distanz zu Martin Winterkorn“

Überraschung bei Volkswagen: Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch provoziert Spekulationen über VW-Chef Martin Winterkorn. Ist das Vertrauensverhältnis der beiden Ingenieure noch intakt?

VW-Patriarch Ferdinand Piëch rückt ab von Konzernchef Martin Winterkorn. „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“, zitierte am Freitag der „Spiegel“ den VW-Aufsichtsratsvorsitzenden. Der 77-Jährige streute damit Zweifel, ob Winterkorn ihn nach seiner Amtszeit an der Konzernspitze im Aufsichtsrat beerben kann. Bislang war man davon ausgegangen, dass Winterkorn, dessen Vertrag bis Ende 2016 läuft, auch danach noch ein oder zwei Jahre an der Spitze des Konzerns bleibt, bevor er Piëch als Aufsichtsratschef ablöst.

In Aufsichtsratskreisen und in der Politik gab es verständnislose Reaktionen auf Piëchs Äußerungen. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sei „unangenehm überrascht“ sagte seine Sprecherin. Niedersachsen ist zweitgrößter VW-Aktionär.

„Das Ganze ist rational nicht mehr zu erklären“, meinte ein Aufsichtsratsmitglied. Piëchs Eigenmächtigkeiten und Eskapaden würden zunehmend zum Problem. Womöglich werde der 77-Jährige von seiner Ehefrau Ursula beeinflusst, die auch im Aufsichtsrat sitzt. Dass Piëch die Gattin als Nachfolgerin an der Aufsichtsratsspitze vorgesehen hat, dementierte er. „Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen und das sind keine Familienmitglieder, das ist auch nicht meine Frau“, zitierte ihn der „Spiegel“.

Den beiden Ingenieuren Piëch und Winterkorn wurde bislang ein vertrauensvolles Verhältnis nachgesagt. Deshalb sind Piëchs Äußerungen auch eine Überraschung. VW-Kenner gehen davon aus, dass Piëchs Äußerungen Winterkorns Stellung im Konzern erheblich schwächen dürften. Damit stellt sich die Frage, ob der 67-Jährige seinen Vertrag tatsächlich nochmals verlängert. Dem „Spiegel“ zufolge mehrt sich im Aufsichtsrat Kritik an dem VW-Boss, der den Konzern seit 2007 führt.

So werfe Piëchs Bruder Hans Michel, der ebenfalls im VW-Aufsichtsrat sitzt, Winterkorn Versäumnisse vor. Zu den Kritikpunkten zählt demnach, dass Winterkorn die Probleme im US-Geschäft bislang nicht in den Griff bekommen habe und die Hauptmarke VW bei der Ertragskraft schwächelte. Der Konzernschef hatte im vergangenen Sommer ein Sparprogramm aufgelegt, um VW bei der Rendite auf die Sprünge zu helfen. Bis 2017 sollen fünf Milliarden Euro eingespart werden. Drittes Problemfeld ist, dass VW seit Jahren zwar über den Einstieg ins Billigsegment diskutiert, bislang aber keine Entscheidung getroffen hat.

Piëch hat in der Vergangenheit bereits einige Male durch Äußerungen in Medien Personalpolitik gemacht. Vor acht Jahren etwa, als er so den damaligen VW-Chef Bernd Pischetsrieder anzählte. Damals mit Rückendeckung der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat.

Im Falle Winterkorn sieht das anders aus, IG Metall und Betriebsrat schätzen den Vorstandsvorsitzenden. Entsprechend äußerte sich denn auch Betriebsratschef Bernd Osterloh am Freitag. „Wir haben eine klare Haltung, an der sich nichts geändert hat: Wir haben mit Dr. Winterkorn den erfolgreichsten Automobilmanager an Bord“, sagte Osterloh, der auch im Aufsichtsrat sitzt.

„Gemeinsam mit ihm haben wir seit 2007 eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben.“ Osterloh betonte weiter: Ginge es nach dem Betriebsrat, werde Winterkorns Vertrag über 2016 hinaus verlängert. „Weitere Fragen stellen sich derzeit noch nicht, weil Dr. Piëch Aufsichtsratsvorsitzender ist und wir die Kombination zweier starker Persönlichkeiten an der Unternehmensspitze schätzen.“ (alf/rtr/dpa)

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