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5G-Zeichen beim Mobile World Congress (MWC) in Barcelona.
© Josep LAGO / AFP

5G-Versteigerung: Huawei zulassen oder verbieten – oder was sonst?

Vor der 5G-Versteigerung steht die Bundesregierung unter Druck. Sie fürchtet Spannungen mit China und sucht einen Ausweg aus dem sicherheitspolitischen Dilemma.

Von Antje Sirleschtov

Dass westliche Geheimdienste ihr Wissen über Netzwerke miteinander austauschen, die nicht im Verdacht stehen, von der chinesischen Regierung kontrolliert zu werden, davon darf man wohl ausgehen. Jüngste Äußerungen aus deutschen Sicherheitskreisen legen diesen Schluss zumindest nahe. Und auch der Chef-Außenpolitiker des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), sagte am Dienstag, er gehe „fest davon aus, dass zwischen den Geheimdiensten ausschließlich auf der Basis von Technik der beteiligten kooperierenden Staaten kommuniziert wird“.

Und doch sorgt ein Brief für Unruhe im politischen Berlin, den der US-Botschafter Richard Grenell an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gesandt hat und in dem die Bundesregierung davor gewarnt wird, dem chinesischen Netzwerkausrüster Huawei Zugang zu Aufträgen beim geplanten 5G-Ausbau zu gewähren. Der Brief ist der aktuellste Zug der US-Regierung gegen den chinesischen Staatskonzern Huawei – und damit gegen die Regierung in Peking selbst.

Seit Monaten schon drohen die Amerikaner ihren europäischen Partnern auf die eine oder andere Weise mit Sanktionen, sollten die die Zusammenarbeit mit Huawei nicht unterbinden. Polen wurde gewarnt, militärische Investitionen würden im Fall des Nichtwohlverhaltens infrage gestellt. Deutschland wird nun mit der Begrenzung der geheimdienstlichen Zusammenarbeit gedroht. Wobei über allem eine Frage steht: Treibt die Amerikaner in erster Linie die Sorge vor dem Zugriff chinesischer Beamter auf die westlichen Kommunikationsnetzwerke über den Konzern Huawei? Oder geht es vor allem darum, den weltweit erfolgreichen Wettbewerber Huawei aus dem Feld zu schlagen?

Wenn an diesem Mittwoch die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag zur öffentlichen Expertenanhörung zum Thema 5G zusammenkommen, wird es zweifellos auch um diese Sicherheitsfragen und Grenells Brief gehen. Für kommende Woche ist die Versteigerung der 5G-Frequenzen terminiert und Deutschland befindet sich mitten in einem außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Dilemma.

Untersagt die Bundesregierung die Nutzung von Huawei-Technik, was sie bisher ablehnt, drohen wirtschaftspolitische Spannungen mit Peking, von denen die gesamte deutsche Wirtschaft negativ berührt werden könnte. Tut sie das Gegenteil und gestattet den Einsatz, sind weitere Auseinandersetzungen mit Washington zu befürchten – genauso wie mit anderen Ländern, die den Einsatz von Huawei-Technik untersagt haben, etwa Australien oder Neuseeland.

Überdies setzt sich die Bundesregierung dem Vorwurf aus, einer Beeinflussung deutscher Netzwerke durch die chinesische Regierung Tür und Tor geöffnet zu haben. Denn eines ist bisher noch völlig ungeklärt: Stimmen die Beteuerungen von Huawei, keine Spionage für Peking durch seine Technik zuzulassen und kann man Maßnahmen des Huawei-Managements vertrauen, die es in letzter Zeit vermehrt gegeben hat und die europäische Kunden in Sicherheit wiegen sollen? Oder stimmt, was nicht nur die US-Regierung behauptet? Das Risiko ist sehr hoch.

Eine Möglichkeit: Huawei per Definition der Standards bannen

Angela Merkel ließ am Dienstag eine Strategie erkennen, die man von der Bundeskanzlerin bereits kennt: Einen Weg finden, der möglichst weitreichende Deutungen in jede Richtung zulässt und damit niemandem Grund zu weiterer Eskalation gibt. Am Rand des Besuchs des belgischen Premierministers Charles Michel beteuerte Merkel, für die Bundesregierung sei die Sicherheit beim 5G-Ausbau zentral. Die Regierung werde ihre Sicherheitsstandards für den Einsatz definieren – und dann mit den Partnern darüber reden. „Das ist selbstverständlich“, sagte Merkel.

Man darf daraus schließen, dass die Bundesregierung wohl weder dem amerikanischen Druck nachgeben noch einen Freifahrtschein für die Chinesen ausstellen will. Wie so etwas rein praktisch aussehen kann, ist natürlich noch unklar. Denkbar, dass die bereits in Ansätzen bekannten Sicherheitsstandards der Regierung so gestaltet werden, dass den Telekommunikationskonzernen, die Frequenzen ersteigert haben, für sicherheitsrelevante Netzwerkteile so strikte Vorgaben gemacht werden, dass Huawei quasi per Definition gebannt wird – in anderen Bereichen jedoch ohne Probleme als Zulieferer zum Einsatz kommen kann.

Frankreich etwa hat eine ähnliche Lösung bereits gewählt und den Einsatz von Huawei-Technik nur in bestimmten Bereichen untersagt. Auch britische Geheimdienste empfahlen nach Medienberichten ihrer Regierung Mitte Februar, bei diesem „komplexen“ Thema keine Entscheidung zwischen „Zulassung“ und „Verbot“ zu fällen.

Eine europäische Lösung als Ausweg?

Womöglich könnte auch Brüssel den Deutschen aus der Patsche helfen – und den nationalen Entscheidungsdruck mindern. Das EU-Parlament gab dafür am Dienstag einen Hinweis. In einer Resolution zeigten sich die Abgeordneten besorgt über potenzielle „schwerwiegende Anfälligkeiten in der 5G-Ausrüstung von Herstellern aus China“. Deren Netzwerktechnik sei vermutlich so konstruiert, dass sich Behörden darüber Zugang zu persönlichen Daten verschaffen könnten.

Kommission und Mitgliedstaaten werden nun aufgefordert, möglichen Risiken in der 5G-Infrastruktur in Europa vorzubeugen, indem sie auf verschiedene Hersteller zurückgriffen und Sicherheitsstandards für die Netzwerke definierten. Ein Prozess, der lange dauern kann.

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