Tarifkompromiss für den öffentlichen Dienst: Hohe Coronaprämie, wenig Prozente
1300 Euro Prämie Anfang 2022 und 2,8 Prozent mehr Geld Ende 2022: Der Tarifkompromiss für drei Millionen Angestellte und Beamte der Bundesländer.
Applaus gab es von Ökonomen. Der neue Tarifvertrag für die Beschäftigten der Bundesländer sei maßvoll und werde wohl nicht die Inflation verschärfen. „Dieser Abschluss wird keine Lohn- Preis-Spirale ins Drehen bringen“, meinte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Forderung nicht durchgesetzt
Tatsächlich konnten die Gewerkschaften nicht annähernd ihre Forderung durchsetzen. Fünf Prozent aber mindestens 150 Euro/Monat bei einer Vertragslaufzeit von zwölf Monaten hatten Verdi sowie die Gewerkschaften der Polizisten und Lehrer sowie der Beamtenbund gefordert und für Pflegepersonal sogar 300 Euro. Am Ende gab es 2,8 Prozent mehr Geld für alle - aber erst ab Dezember 2022. Anfang nächsten Jahres bekommen die Beschäftigten eine Coronaprämie von 1300 Euro, und es gibt dann auch spezielle Zulagen für Krankenhausbeschäftigte. Der neue Tarif ist gültig bis September 2023, die in der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) organisierten Arbeitgeber haben also zwei Jahre Ruhe.
[Wenn Sie die wichtigsten Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Verdi-Chef Frank Werneke, der die Verhandlungen auf Gewerkschaftsseite geführt hatte, sprach am Montag von einem „respektablen Ergebnis“. Als Beleg für diese Einschätzung führte er „spürbare Einkommensverbesserungen für eine ganze Reihe von Beschäftigten im Gesundheitswesen an“. Das Tarifergebnis bringe beispielsweise für eine Intensivpflegekraft eine durchschnittliche monatliche Einkommenssteigerung von 230 Euro und für Physiotherapeutinnen von durchschnittlich mehr als 180 Euro. Werneke kündigte an, „in zukünftigen Tarifrunden“ weiterer Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich durchsetzen zu wollen.
Drei Millionen Personen betroffen
Der Abschluss gilt insgesamt für rund 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte und 48 000 Auszubildende im öffentlichen Dienst der Länder außer Hessen das nicht der TdL angehört. Allein die Entgelterhöhung der Tarifbeschäftigten kostet die Bundesländer nach Angaben der TdL 2,2 Milliarden Euro im Jahr. Auf Seiten der Arbeitgeber führte der niedersächsische Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) die Verhandlungen. Er rückte zuletzt von der Forderung ab, die Eingruppierungsmethodik verändern zu wollen. Der Streit um den so genannten Arbeitsvorgang ist vor dem Bundesverfassungsgericht gelandet, und die Tarifparteien wollen die Entscheidung aus Karlsruhe abwarten.
Übertragung auf Beamte geplant
Die Arbeitgeber sagten nach Angaben von Verdi zu, das Tarifergebnis „zeit- und inhaltsgleich auf die 1,2 Millionen Beamtinnen und Beamten sowie rund 880 000 Versorgungsempfänger im Bereich der Länder sowie 175 000 Beamtinnen und Beamte und 120 000 Versorgungsempfänger im Bereich der Kommunen zu übertragen“. Die TdL wiederum teilte mit, eine Übertragung „ obliegt den jeweiligen Landesgesetzgebern“.
Mehr Geld für Azubis
Verdi stellte in der Bewertung des mühsam erreichten Tarifabschlusses die Erhöhung der Entgelte von Auszubildenden, Praktikantinnen und Studierenden ab Dezember 2022 um 50 Euro sowie um 70 Euro im Gesundheitswesen heraus. Auch die Übernahmeregelung für Auszubildende sei wieder in Kraft gesetzt worden, was den öffentlichen Dienst für den Nachwuchs attraktiver mache. Ferner habe man mit der TdL Gespräche über die Arbeitsbedingungen von studentisch Beschäftigte an Hochschulen verabredet.
Die Hessen bekommen mehr
Mit dem Abschluss von Potsdam konnten die Gewerkschaft nur begrenzt anknüpfen an den Tarifvertrag, der vor einigen Wochen mit Hessen abgeschlossen worden war: Die hessischen Landesbediensteten bekommen in diesem und im nächsten Jahr jeweils eine Coronaprämie von 500 Euro, zum 1. August 2022 2,2 Prozent mehr Geld und weitere 1,8 Prozent ein Jahr später.