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Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Den Parteivorsitz will sie loswerden.
© Andreas Gebert / Reuters

Trennung von Kanzleramt und Parteivorsitz: Gut für die Demokratie, schlecht für die CDU

Kramp-Karrenbauer sieht hier einen Grund für ihr Scheitern. Mag sein. Aber mal wieder etwas Abstand zwischen Staat und Partei ist überfällig. Ein Kommentar,

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Nicht nur Journalisten sind Leute, die, wie der Journalistenkritiker Karl Kraus schrieb, nachher alles vorher wussten. Der angekündigte Rückzug, das sogenannte Scheitern der CDU- Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, erscheint jetzt vielen unabwendbar gewesen zu sein. Ihr Wirken im Karneval, die vermeintliche Provinzialität waren das eine; die andere, auch von ihr genannte Ursache soll die Not gewesen sein, als Nicht-Kanzlerin die CDU anzuführen. Es hieß, dass für erfolgreiches Agieren beide Aufgaben in eine Hand gehörten.

Das Grundgesetz erwartet ein fruchtbares Nebeneinander

Warum eigentlich? Und für wessen Erfolg? Was als plausibel hingestellt wird, steht nirgendwo, schon gar nicht im Grundgesetz. Dort ist zu lesen, dass Parteien an der Willensbildung mitwirken und dass sie verboten oder finanziell ausgetrocknet werden können, wenn sie antidemokratische Ziele verfolgen. Dies und die Summe der übrigen Vorschriften zur Staatsorganisation – die Parteien nicht weiter erwähnen – lässt eher darauf schließen, dass mit einer Parteiführung außerhalb der Regierungsführung ein fruchtbares Nebeneinander zu erwarten sein soll. Denn ein Staatsamt und ein Parteiamt haben wenig, im Prinzip nichts miteinander zu tun.

Vertrauliche Dienstsitzungen standen Parteifunktionären offen

Der Erfolg, um den es daher geht, ist allein der beachtliche Erfolg der CDU, mit dem Parteivorsitz zugleich das Kanzlerinnenamt zu besetzen. Die SPD hat die lange schwarze Periode seit Gründung der Bundesrepublik nur zweimal unterbrechen dürfen. Bei Willy Brandt harmonierte es, Helmut Schmidt war nie Parteichef, Gerhard Schröder wurde nie warm mit dem Job. Die Langzeitkanzler und CDU-Dauervorsitzenden Adenauer, Kohl und Merkel verleihen der Regierungszentrale ihr politisches Gepräge. Anders gesagt: CDU-Präsidium und Bundeskanzleramt sind in einer Weise verwoben, die es erschwert, ihre jeweiligen Anteile an der Staatsleitung treffsicher auseinanderzuhalten. Beredtes Beispiel war die langjährige Teilnahme von Parteifunktionären an der vertraulichen „Morgenlage“, den täglichen Dienstsitzungen der Amtsspitze. Einschließlich der Person Annegret Kramp-Karrenbauers, die sowohl als Generalsekretärin wie als Parteichefin anwesend war. Das Faszinierende: Den Akteuren schien das alles selbstverständlich. Der Staat, das sind wir.

Macht aus der Hand geben, da tun Männer sich schwer

Rückblickend erweist sich der Verzicht Merkels auf den CDU-Vorsitz als Eintritt in den Prozess einer Selbstentleibung, der nicht ohne Weiteres rückgängig zu machen ist. Zugleich war es der zumindest vorläufige Abschied von einer in gewisser Weise traditionell-autoritären Struktur, der das schwarz eingefärbte Kanzleramt nun wieder blasser, amtlicher, auch etwas neutraler aussehen lässt. Ein Experiment, wie es in der CDU wohl nur eine Frau wagen konnte. Macht riskieren, Macht aus der Hand geben, da tun sich Männer schwerer. Woran Kramp-Karrenbauer gescheitert ist, weiß nur sie; dass sie entschuldigend die Differenz von Amt und Parteivorsitz heranzog, mag, sogar wenn es stimmt, ein Hinweis sein, dass sie ihrer selbst gestellten Aufgabe möglicherweise tatsächlich nicht gewachsen war.

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