Nach der Air-Berlin-Pleite: Günstig von und nach Berlin reisen – aber wie?
Nach der Pleite von Air Berlin wurden Reisen von und nach Berlin teurer, nicht nur in der Luft. Langsam erholt sich der Markt wieder - doch einige Verbindungen bleiben teurer als vor einem Jahr.
Am 28. Oktober 2017 um 23.40 Uhr landet der Air-Berlin-Flug 6210 aus München in Berlin-Tegel. Die Besucherterrasse ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Schaulustigen starren auf die Landebahn, als hätte sich ein großer Verkehrsunfall ereignet. Doch AB 6210 hat keinen Unfall. AB 6210 ist der letzte Flug der insolventen Air Berlin. Die Airline hatte zuvor noch knapp 1000 Flüge pro Monat von den Berliner Flughäfen aus angeboten. Ersatz für die Air-Berlin-Flüge blieb erst einmal aus. Die Flugpreise stiegen. Viele Reisende nahmen stattdessen Bus und Bahn. Den hohen Preisen konnten sie so trotzdem nicht entgehen.
Denn Bus- und Bahntickets wurden wegen der hohen Nachfrage ebenfalls teurer – und knapp. So knapp, dass die „Taz“ Anfang Dezember warnte: „Es droht Panik im Prenzlauer Berg.“ Viele Schwaben müssten Weihnachten wohl in Berlin verbringen. Im Mai locken wieder drei Feiertage. Mit einem Brückentag können Arbeitnehmer den Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt oder Pfingsten zu einem viertägigen Wochenende machen. Müssen Exil- Schwaben auch über diese Feiertage in Berlin bleiben? Oder sind Flüge inzwischen wieder erschwinglich geworden?
MIT DEM FLUGZEUG
„Der Flugverkehr hat sich weitestgehend normalisiert. Wir konnten fast alle früheren Air-Berlin-Verbindungen beibehalten“, sagt Daniel Tolksdorf, Sprecher der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB). Nach und nach hätten andere Fluggesellschaften die ehemaligen Strecken von Air Berlin übernommen. Die ersten Airlines füllten bereits im November die leeren Air-Berlin-Slots in Tegel. Dann wurden die Verbindungen sukzessive aufgestockt. Ob sich die Preise reduziert haben, kommt auf die Strecke an, wie Daten des Vergleichsportals kayak.de zeigen, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegen.
Verglichen wird die Entwicklung der durchschnittlichen Flugpreise von Berlin zu den Lieblingszielen der Berliner. Dafür fragte kayak.de auf der eigenen Suchplattform jeweils vom 1.Januar bis zum 4.April der Jahre 2017 und 2018 Preise für Hin- und Rückflüge zwischen den Berliner Flughäfen und ausgewählten Zielen für Reisen im Mai des jeweiligen Jahres ab. Das Ergebnis: Flüge nach Paris kosten in diesem Mai durchschnittlich 44 Prozent mehr als im Mai 2017, nach London sind es sogar 55 Prozent mehr.
Preiswerter nach Stuttgart und Köln
Zu einigen innerdeutschen Zielen konnten die Berliner Anfang dieses Jahres günstigere Tickets als im Vorjahr erwerben. Der Durchschnittspreis für Flüge nach Stuttgart war 21 Prozent niedriger als im vergangenen Mai, nach Köln waren es 20 Prozent weniger. Die Durchschnittspreise für Flüge nach Frankfurt, München, Barcelona und Palma de Mallorca haben sich gegenüber dem Vorjahr hingegen kaum verändert.
„Man spürt den Vormarsch der Low- Cost-Carrier“, sagt Tolksdorf. Dies sei vermutlich der Grund für die relativ niedrigen Ticketpreise. Neben der britischen Fluggesellschaft Easyjet haben auch Eurowings und andere Wettbewerber den Flugverkehr auf den ehemaligen Air-Berlin-Strecken übernommen. Laut FBB gab es im Mai vergangenen Jahres 2734 Flüge von den Hauptstadtflughäfen – 841 davon waren Air-Berlin-Flüge. Im Mai 2018 heben bereits wieder 2582 Flugzeuge von Tegel und Schönefeld ab.
Im Vergleich zum Vorjahr bietet Easyjet 367 weitere Flüge pro Monat an. Die Lufthansa-Tochter Eurowings, vorher kaum präsent in Berlin, stockte ihr Angebot um 306 neue Flüge auf. Auch kleinere Flugunternehmen profitierten von der Air-Berlin-Pleite und übernahmen Strecken: Germania fliegt jetzt Urlaubsziele in Griechenland, Spanien und der Türkei an; Norwegian bietet mehr Flüge nach Kopenhagen und Oslo. Nur wenige Verbindungen, die vormals Air Berlin bedient hat, sind ersatzlos gestrichen: Abu Dhabi, Los Angeles, Miami, und Chicago, Danzig und Göteborg.
MIT DEM FERNBUS
Wer nicht gerne fliegt, kommt auch mit anderen Verkehrsmitteln wieder günstig aus der Hauptstadt in den Rest des Landes. Eine der günstigsten, aber auch langsamsten Reisemöglichkeiten ist der Fernbus. Mit ihm lassen sich alle großen deutschen Städte erreichen. Das Preissystem von Marktführer Flixbus ist vergleichbar mit dem der meisten Airlines. „Generell gilt: Wer früher bucht, fährt günstiger“, sagt Sprecher David Krebs. Die durchschnittlichen Preise seien zwar im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das liege aber ausschließlich an der höheren Auslastung der Busse. Höchst- und Tiefstpreise hätten sich nicht geändert.
Ab Mitte April möchte das Unternehmen den Flixtrain einführen. Der Zug soll Berlin mit Stuttgart verbinden. Ab 9,99 Euro seien Tickets für die Strecke über Hannover und Frankfurt zu haben, sagt Krebs. Maximal sollten sie 99 Euro kosten. Der genaue Starttermin des Zuges ist noch unklar. Der neue Flixtrain fährt mit ähnlichen Wagen wie auf der Strecke zwischen Hamburg und Köln. Dort verkehrt der Flixtrain schon seit dem 23. März.
MIT DER DEUTSCHEN BAHN
Schneller und komfortabler sind Berliner mit der Deutschen Bahn unterwegs. Für Fahrten bis zum 6. Juni verkauft sie noch Fernzugtickets ab 19,90 Euro. Über die Feiertage sind diese Supersparpreise auf den meisten Strecken allerdings nicht mehr erhältlich.
Dennoch: Wer über die Frühlingsfesttage verreisen möchte, muss auf den meisten Strecken nicht tiefer in die Tasche greifen als vor einem Jahr. Der Wettbewerb in der Luft, auf der Straße und auf der Schiene hat die meisten Tickets wieder erschwinglich gemacht. Reisen zu den Feiertage sind allerdings generell teurer als im Rest des Jahres.
Wer die Feiertage daher lieber in Berlin verbringen möchte, kann von der Besucherterrasse in Tegel jetzt Easyjet-Flieger beobachten. Am Abend des 1. Mai kommt Easyjet-Flug EZY5586 aus München. Diesmal sollte die Terrasse auch Kurzentschlossenen genug Platz bieten.
Roland Lindenblatt