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Sie müssen entscheiden. Die Zukunft der Erbschaftsteuer ist für Staat und Wirtschaft entscheidend - die Finanzminister wollen Einnahmen sichern, die Unternehmen nicht übermäßig belastet werden.
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Bundesverfassungsgericht urteilt: Grüne wollen Erbschaftsteuer für Großfirmen erhöhen

Das Bundesverfassungsgericht kippt vermutlich das Privileg der Familienbetriebe, steuerfrei zu vererben. Simone Peter, Bundesvorsitzende der Bündnis 90/Die Grünen findet das richtig. Ein Gastbeitrag.

Am diesem Mittwoch verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zur Erbschaftsteuer. Aller Voraussicht nach wird es die derzeitige Ausgestaltung der Steuer für verfassungswidrig erklären. Aus gutem Grund, stellt doch die steuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen eine eindeutige Ungleichbehandlung von Vermögensarten dar: Wer Geld oder Immobilien erbt, wird anders behandelt als der, der einen Betrieb von gleichem Wert vermacht bekommt.

Für diese Diskriminierung gibt es in ausgewählten Fällen gute Gründe, nämlich den Erhalt des Betriebs und damit der Arbeitsplätze. Aber mittlerweile ist die Ausnahme zur unrühmlichen Regel geworden – von einem der Verfassungsrichter in der mündlichen Verhandlung als „Subventionierung des Großkapitals“ bezeichnet. Die Bundesregierung muss diesen Zustand beenden. Sie steht in der Pflicht, endlich für eine verfassungsfeste und zielgenaue Erbschaftsteuer zu sorgen.

Simone Peter ist Vorsitzende der Grünen.
Simone Peter ist Vorsitzende der Grünen.
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Wir Grüne wollen die Erbschaftsteuer als Gerechtigkeitssteuer, die die Abhängigkeit der Bildungs- und Verwirklichungschancen vom Elternhaus verringert. Gerade die gerechte Besteuerung von Erbschaften trägt zu einer größeren Chancengleichheit innerhalb der Generationen unserer Kinder und Enkel bei. Denn durch die Mehreinnahmen der Erbschaftsteuer werden die Bildungs- und Startchancen auch für die verbessert, die nicht von Erbschaften profitieren.

Eine Reform der Erbschaftsteuer ermöglicht es auch, die wachsende und im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohe Vermögenskonzentration in Deutschland anzugehen. Vor kurzem erst hat die OECD erneut darauf hingewiesen, dass dies nicht nur ein soziales, sondern auch ein wirtschaftspolitisches Problem darstellt: Ein um sechs Prozentpunkte höheres Wachstum hätte Deutschland erzielen können, wenn es dem Auseinanderdriften der Einkommen und Vermögen stärker entgegengewirkt hätte. Damit wird die auseinanderklaffende Vermögensschere sogar zu einer Gefahr für die Stabilität der Wirtschaft und Auslöser von Finanzkrisen, wie es der Internationale Währungsfonds betont.

Eine zielgenaue Erbschaftsteuer wird diese Aspekte berücksichtigen und gleichzeitig wirtschaftspolitische Vernunft walten lassen müssen. Statt flächendeckender Ausnahmen sind Arbeitsplätze und Liquidität von Unternehmen zukünftig spezifisch zu sichern. Das ist etwa durch angemessene Freibeträge, die viele kleine Unternehmen von vornherein ausnehmen, sowie Stundungsregelungen, die eine sinnvolle zeitliche Streckung der Steuerbelastung erlauben, möglich. Gleichzeitig wird so eine Überprivilegierung großer Betriebsvermögen verhindert. Denn es ist nicht einzusehen, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen gegenüber größeren Konkurrenten, die bisher von Erbschaftsteuerzahlungen ausgenommen wurden, weiter benachteiligt werden.

Das Urteil muss für die Große Koalition deshalb ein Weckruf sein, endlich die bestehenden Ungerechtigkeiten in der Finanzpolitik anzugehen – auch, aber nicht nur bei der Erbschaftsteuer. Bisher hat sie die Schieflage bei der sozialen und der Generationengerechtigkeit eher verschärft statt gemindert. Der tiefe Griff in die Sozialkassen zur Finanzierung der Rentenprojekte ist dafür ein prominentes Beispiel. Statt Subventionen abzubauen und unsinnige Ausgaben zu streichen, labt sich die Bundesregierung an einem nur scheinbar ausgeglichenen Haushalt. Gerade hat das Umweltbundesamt erneut die gigantischen klimaschädlichen Subventionen in Höhe von 52 Milliarden Euro im Jahr beklagt.

Gleichzeitig wird der riesige Investitionsstau bei der Sanierung von Verkehrswegen oder der energetischen Modernisierung zigtausender Gebäude genauso auf die nachfolgenden Generationen verlagert wie dringend benötigte Investitionen in Bildung und Betreuung oder den Breitbandausbau. Das Zehn-Milliarden-Investitionspäckchen ist nicht mehr als ein potemkinsches Dorf, denn es erreicht bei weitem nicht das wirtschaftspolitisch notwendige Volumen. Statt diese Felder zu beackern, verlagert sich Schwarz-Rot auf das Scheinproblem der Kalten Progression, die es derzeit wegen der niedrigen Inflation praktisch nicht gibt, wie das Bundesfinanzministerium selbst dargelegt hat.

Eine solche Politik ist ungerecht gegenüber den zukünftigen Generationen und sie ist im Hier und Heute sozial ungerecht. Das Urteil zur Erbschaftsteuer gibt der Bundesregierung nun die Gelegenheit, die Ausrichtung ihrer Politik zumindest auf diesem Feld zu korrigieren. Das allein wird noch nicht reichen, um für mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland zu sorgen, aber es wäre ein wichtiger Anfang.

Simone Peter

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