Flexibilität im Job: Gründerinnen verwandeln die Arbeitswelt
Job und Kind, viele Frauen wollen beides. Oft können sie aber nicht so recht, weil ihre Firma sie in ein zu enges Korsett schnürt. Deshalb gründen immer mehr Frauen einfach selbst - und gestalten ihr Arbeitsumfeld nach ihren Bedürfnissen.
„Ich möchte Frauen inspirieren, sich zu trauen!“, sagt Maxi Knust und meint damit den Schritt in die Selbstständigkeit. Den hat die 27-Jährige kürzlich selbst gewagt, seit einigen Wochen gibt es ihr Online-Magazin, das Frauen auf ihrem Weg in das Unternehmertum unterstützen soll. „Fempreneur“ hat sie es genannt, ein Mischwort aus „Female“ und „Entrepreneurship“. Gerade in der Gründungsphase sei dabei eines ganz wichtig: der Austausch mit anderen Gründern. Deshalb hatte Knust am Montag zu einem Treffen geladen und ein knappes Dutzend Frauen war der Einladung gefolgt. Knust ist die jüngste, die älteste Teilnehmerin schon jenseits der 50. Die Frauen kommen dabei aus ganz unterschiedlichen Branchen, doch eines ist ihnen gemein: Sie wollen gründen oder haben es bereits getan.
Warum Frauen in die Selbstständigkeit gehen, hat verschiedene Gründe. In der Runde wird schnell klar: Hier ist es vor allem die Unzufriedenheit in der Anstellung, die die Frauen angetrieben hat. „Ich habe mich irgendwann nicht mehr als ich selbst gefühlt“, erzählt eine der Teilnehmerinnen. Eine andere berichtet von ihrer Firma, wo zwar viele Frauen arbeiten, die Führungspositionen aber trotzdem vorwiegend männlich besetzt sind.
Die Gretchenfrage: "Was will ich?"
Es sind solche Strukturen, an denen viele Frauen verzweifeln. Sie haben das Gefühl, nicht so recht hineinzupassen, und es fällt ihnen schwer, sich selbst dafür „zurechtzustutzen“. Eine Frage, die in der Runde ausgiebig diskutiert wird: Wie männlich muss eine Frau sein, um Karriere zu machen? Eine der Anwesenden stellt schließlich fest: „Die Gretchenfrage ist doch: ,Was will ich?‘ und dafür muss ich die Spielregeln kennen.“ Und diese Spielregeln werden oft als sehr männlich geprägt empfunden. Und genau das ist es, was manche Frauen dann in Richtung Freiberuflichkeit treibt. Denn hier können die Frauen viel freier gestalten als in einer Firma mit festen Strukturen.
Einen großen Teil der Gründerinnen treibt tatsächlich der Wunsch nach einem anderen Arbeitsumfeld an, das stellt Antje Ripking von der Berliner Gründerinnenzentrale bei ihren Beratungen immer wieder fest. „Viele der Frauen sind gut ausgebildet, haben viel Arbeitserfahrung, sind aber trotzdem unzufrieden – und machen sich dann selbstständig“, sagt Ripking. „Und dann sind sie meistens ziemlich erfolgreich.“
Frauen gründen mittlerweile mit einem anderen Selbstverständnis
„Wir sehen eine starke Tendenz zum Unternehmerinnentum“, meint auch Stephanie Bschorr. Sie ist Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen (VDU) mit Sitz in Berlin. Schaut man sich die Zahlen an, sind die zwar relativ konstant, die Hauptstadt liegt aber bundesweit im Spitzenfeld, was weibliche Gründungen angeht. Und Bschorrs Eindruck zeigt auch: Frauen gründen mittlerweile mit einem anderen Selbstverständnis. Eine Umfrage des VDU in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank, die „Unternehmerinnenumfrage 2015“, gibt Hinweise darauf, wie Frauen ihr Arbeitsumfeld gestalten, wenn man sie lässt. Sie ist am Dienstag in Berlin vorgestellt worden.
Für die Studie sind nicht nur die weiblichen Mitglieder des Verbands befragt worden, sondern sie weist auch die Zahlen einer Vergleichsgruppe aus, für die Unternehmen befragt worden sind, die nicht unbedingt von einer Frau geleitet werden. Und es zeigt sich, dass die VDU-Unternehmerinnen mehr Wert auf Maßnahmen legen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen. Flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle, Regelungen, die die Arbeit von zu Hause ermöglichen, Programme für Rückkehrer aus der Elternzeit bis hin zur Kinderbetreuung – in all diesen Bereichen liegen die weiblichen Unternehmer vorn und bieten das ihren Mitarbeitern an.
„Wenn man will, dann geht das“
VDU-Präsidentin Bschorr ist als Rechtsanwältin und Steuerberaterin selbstständig und sie sagt, dass sie eine Rückkehrquote nach der Elternzeit von 100 Prozent in ihrer Firma habe. „Wenn man will, dann geht das“, sagt sie selbstbewusst. Das bedeutet aber auch, dass sich ein Unternehmen um seine Mitarbeiter bemüht und die Frauen nicht aus den Augen verliert, wenn sie Mütter werden. Wenn jemand in Elternzeit ist, wird er bei Bschorr durchaus zu Weiterbildungen oder zur Weihnachtsfeier eingeladen. „So verliert man nicht ganz den Anschluss an die Arbeit“, sagt sie.
Bschorr genießt den Entscheidungsspielraum, das wird schnell klar, wenn man mit ihr spricht: Denn egal wie flexibel ein Unternehmen ist – „das eigene Unternehmen ist flexibler!“, sagt sie und lacht. Und mit dieser Einschätzung ist sie schon lange nicht mehr allein – Frauen warten nicht, sondern sie machen einfach selbst.
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