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In der Kritik: Amazon soll tausende Waren in Serie vernichten.
© DPA

Zerstörung von neuwertigen Produkten: Greenpeace fordert Bundesregierung auf, gegen Amazon aktiv zu werden

Amazon und andere Händler zerstören reihenweise neue Ware. Mit einer 145 000 Unterschriften starken Petition will Greenpeace die Politik zum Handeln zwingen.

Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, sich der Vernichtung neuwertiger Ware in großem Stil anzunehmen. Am heutigen Mittwochvormittag übergab der Umwelt-Verband im Bundesumweltministerium (BMU) eine 145 000 Unterschriften umfassende Petition gegen Retourenvernichtung im Online-Handel an Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth.

"Wir fordern das BMU auf, zu prüfen, wie man diese Ressourcenverschwendung ordnungspolitisch beenden kann", sagte Viola Wohlgemuth, Expertin für die Textilwirtschaft bei Greenpeace. "Wir erwarten, dass konkrete Maßnahmen eingeleitet werden."

Grund für die Petition der Umwelt-Aktivisten waren Erkenntnisse, wonach das US-Unternehmen Amazon täglich tausende Waren zerstört, die noch vollumfänglich gebrauchsfähig wären. Das ZDF-Magazin Frontal 21 und die Wirtschaftswoche hatten im vergangenen Sommer mit Berufung auf interne Produktlisten, Fotos und Aussagen von Mitarbeitern berichtet, dass in den deutschen Logistiklagern von Amazon Güter aller Art entsorgt werden, wenn sie von den Kunden zurückgeschickt werden.

Amazon streitet die Vorwürfe nicht ab

Auch in Frankreich waren erst in dieser Woche ähnliche Vorwürfe laut geworden. Die französische Fernsehsendung Capital hatte berichtet, dass innerhalb von nur drei Monaten 300 000 neue Artikel zerstört worden seien. Hochgerechnet auf das ganze Jahr 2018 geht der französische Gewerkschaftsbund von rund 3,2 Millionen neuwertigen, aber zerstörten Produkten allein in Frankreich aus.

Amazon streitet die Vorwürfe nicht ab. Als Reaktion auf die Meldungen aus Frankreich teilte Amazon mit, die „große Mehrheit“ der unverkauften Artikel werde „recycelt, weiterverkauft, zurückgegeben oder gespendet“. Man arbeite zudem daran, "die Anzahl der Gegenstände, die wir nur noch zerstören können, weiter zu reduzieren". Auf die Enthüllungen in Deutschland hatte das Unternehmen ähnlich reagiert.

Im Umweltministerium stößt Greenpeace zwar auf offene Ohren. Bereits im Sommer hatte Staatssekretär Flasbarth das Vorgehen von Amazon als "riesigen Skandal" bezeichnet. Seitdem ist allerdings nichts passiert. Auch heute sagte er zu, für das Problem Lösungen zu erarbeiten.

Vernichtung ist billiger als Lagerung

Doch wieso zerstört Amazon neuwertige Ware überhaupt? Der Grund liegt im Geschäftsmodell des Händlers. Denn viele der auf Amazon angebotenen Waren verkauft der Konzern nicht selbst. Für diese Produkte bietet das Unternehmen lediglich die Verkaufsplattform für externe Händler und kümmert sich um Lagerung und Transport. "Das macht bei Amazon mittlerweile bereits 55 Prozent ihres Umsatzes aus", sagt Wohlgemuth. 

Lagert ein Produkt nach einer Rücksendung nun zu lange bei Amazon, wird das teuer für den Verkäufer. Pro Kubikmeter geht es laut Greenpeace um mindestens 26 Euro, nach einem halben Jahr steigt der Preis auf 500 Euro, nach einem Jahr auf 1000. Als Alternative bietet Amazon deshalb die Entsorgung der Produkte an. "Pro Einheit kostet die Entsorgung die Händler zehn Cent", rechnet Wohlgemuth vor. "Das ist weit günstiger als die 25 Cent, die ihn die Rücksendung kosten würde." 

Dabei ist Amazon nicht das einzige Unternehmen, das wegen der Zerstörung neuwertiger Ware in der Kritik steht. Auch die Modekette H&M soll im vergangen Jahr tausende Kleidungsstücke zerstört haben, weil die Lagerkosten zu hoch wurden.

Thorsten Mumme

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