Pestizid in deutschen Bieren: BfR: Glyphosat in Bier erst ab 1000 Liter schädlich
14 deutsche Biere wurden getestet und das Pestizid Glyphosat darin gefunden. Ein Land zittert um seinen Biergenuss. Das Bundesinstitut für Risikobewertung versucht eine Entwarnung. Der Streit um das Pestizid geht schon länger.
Mehrere deutsche Biere sind einer Untersuchung des Münchner Umweltinstituts zufolge mit dem Pestizid Glyphosat belastet. Beim Test von 14 der beliebtesten Biermarken Deutschlands wurden Spuren des Unkrautvernichters gefunden. Die Werte lagen zwischen 0,46 und 29,74 Mikrogramm pro Liter und damit im extremsten Fall fast 300-fach über dem gesetzlichen Grenzwert für Trinkwasser von 0,1 Mikrogramm. Einen Grenzwert für Bier gibt es allerdings nicht. Das Pflanzengift steht im Verdacht, krebserregend zu sein.
„Ein Stoff, der wahrscheinlich krebserregend ist, hat weder im Bier noch in unserem Körper etwas verloren“, erklärte Sophia Guttenberger vom Umweltinstitut. Der Deutsche Brauer-Bund kündigte eine Stellungnahme bis zum Mittag an. Marike Kolossa, Leiterin des Fachgebiets gesundheitsbezogene Umweltbeobachtung im Umweltbundesamt, sagte dazu, da nach wie vor zwischen Experten nicht abschließend geklärt sei, ob Glyphosat Krebs beim Menschen erregen könne, sei eine Belastung des Menschen „nicht wünschenswert“.
Das Umweltinstitut München ist ein unabhängiger Verein, der nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl gegründet wurde und sich gegen Atomkraft, für gentechnikfreies Essen, für eine nachhaltige Energiewende und für den ökologischen Landbau einsetzt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hingegen sieht keine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher. Glyphosatrückstände in Bier seien aus wissenschaftlicher Sicht plausibel und grundsätzlich erwartbar, da Glyphosat ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff sei. Selbst die höchsten Werte von rund 30 Mikrogramm pro Liter seien jedoch so niedrig, dass die rechnerisch resultierende Aufnahmemenge bei einem Erwachsenen mehr als 1000-fach niedriger liegen würde als die derzeit als unbedenklich geltenden Aufnahmemengen, teilte das BfR auf Anfrage mit. „Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener an einem Tag rund 1000 Liter Bier trinken.“
Das Umweltinstitut in München hatte zunächst mit der sogenannten Elisa-Methode messen lassen, die zwar bei niedrigen Werten anspricht, aber nicht unumstritten ist. Die drei Biere mit Werten ab 20 Mikrogramm pro Liter waren mit der weniger sensiblen LC-MS/MS-Methode gegengecheckt worden, die Werte bestätigten sich. Mit der Elisa-Methode gemessene und dann mit der LC-MS/MS-Methode bestätigte höhere Werte können als nachgewiesen gewertet werden, sagte Kolossa. Sie berichtete auch, dass bei Studien mit Studenten in den vergangenen 15 Jahren die Belastung mit Glyphosat im Urin gestiegen ist.
Deutsche Brauerei-Bund: Studie aus München nicht glaubwürdig
Der Deutsche Brauer-Bund hat die Studie des Münchner Umweltinstituts zu Glyphosat in Bier als nicht glaubwürdig bezeichnet. Der Vorwurf des Umweltinstitutes, die Brauereien würden ihre Rohstoffe nicht ausreichend kontrollieren, sei „absurd und völlig haltlos“, teilten die Brauer am Donnerstag mit. Die Brauereien in Deutschland betrieben einen hohen Aufwand, um die vier natürlichen Rohstoffe Wasser, Malz, Hopfen und Hefe, die nach dem Reinheitsgebot zum Brauen verwendet werden, auf mögliche Schadstoffe zu kontrollieren.
Der Deutsche Brauer-Bund habe ein eigenes Überwachungs-System für Braumalz. „Unser Monitoring zeigt, dass die gemessenen Werte stets deutlich unter den Höchstgrenzen liegen. Zu keiner Zeit konnten Überschreitungen der zulässigen Rückstandshöchstwerte bei Glyphosat festgestellt werden.“ Daneben gebe es staatliche Kontrollen und weitere Eigenkontrollen der Brauereien, die dafür Sorge trügen, dass keine Schadstoffe Eingang in die Produktion finden.
Auf welt.de findet sich eine Übersicht, wie viel Glyphosat in welchem deutschen Bier enthalten sein soll:
Hasseröder Pils: 29,74 μg/l
Jever Pils: 23,04 μg/l
Warsteiner Pils: 20,73 μg/l
Radeberger Pilsner: 12,01 μg/l
Veltins Pilsener: 5,78 μg/l
Oettinger Pils: 3,86 μg/l
König Pilsener: 3,35 μg/l
Krombacher Pils: 2,99 μg/l
Erdinger Weißbier: 2,92 μg/l
Paulaner Weißbier: 0,66 μg/l
Bitburger Pils: 0,55 μg/l
Beck's Pils 0,50 μg/l
Franziskaner Weißbier: 0,49 μg/l
Augustiner Helles: 0,46 μg/l
Zum Verständnis: 1 Mikrogramm (µg) entspricht 1 Millionstel Gramm.
Streit über Gefahr durch Glyphosat
Seit Jahren streiten Experten verbissen darum, wie gefährlich das weltweit am meisten genutzte Unkrauvernichtungsmittel Glyphosat ist. Es kam 1974 auf den Markt und wird inzwischen zum Schutz etlicher Pflanzen eingesetzt, unter anderem im Weinbau, bei Kartoffeln und vielen weiteren Feldfrüchten, im Obstbau und bei Getreide. Glyphosat steckt in Hunderten Pflanzenschutzmitteln und wird unter verschiedenen Handelsnamen vertrieben.
DIE WIRKUNG: Glyphosat hemmt in Pflanzen ein wichtiges Enzym, das beim Menschen nicht vorkommt. Es wird meist vor dem Auspflanzen eingesetzt, um die Nutzpflanzen nicht zu gefährden. Außerhalb Deutschlands gibt es gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wie Mais, die gegen Glyphosat resistent sind.
DIE WARNUNG: Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO (IARC) stufte Glyphosat Ende Juli 2015 als wahrscheinlich krebserregend ein. Sie bezieht sich dabei vor allem auf Ergebnisse von Tierversuchen. Glyphosat wurde laut IARC auch in Böden, Gewässern und Grundwasser gefunden.
DIE ENTWARNUNG: Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) kam im November 2015 zu dem Schluss, es sei „unwahrscheinlich, dass von Glyphosat eine Krebsgefahr ausgeht“. Sie habe dabei auch die IARC-Daten berücksichtigt. Einer ihrer Experten habe dieser Aussage aber nicht zugestimmt. Die Efsa empfiehlt dennoch, die tägliche Aufnahme von Glyphosat beim Menschen auf 0,5 Milligramm (Tausendstel Gramm) pro Kilogramm Körpergewicht zu begrenzen. Im Bier wurden nun Glyphosat-Mengen von bis zu 30 Mikrogramm (Millionstel Gramm) pro Liter gefunden. (dpa, rok)
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