Arbeitsrecht: Gilt das gesprochene Wort?
Wenn man mit dem Chef eine mündliche Vereinbarung trifft, ist das grundsätzlich so viel wert, wie eine schriftliche Abmachung.
Unsere Leserin fragt: Ich bin Beraterin und arbeite seit einigen Jahren in Vollzeit für eine kleine Firma, in der vieles auf Zuruf und Vertrauen beruht. Im Dezember habe ich mit meiner Chefin mündlich abgesprochen, dass ich ab März in Teilzeit arbeiten möchte. Im Februar habe ich ihr mitgeteilt, dass ich die Absprache rückgängig machen will. Sie war einverstanden. Nun war ich im März drei Wochen krank, bin im April weiter krankheitsbedingt ausgefallen – und musste feststellen, dass ich für März nur ein Teilzeitgehalt erhalten habe. Jetzt fürchte ich, dass sich meine Chefin nur an die erste Absprache gehalten hat. Was kann ich tun?
Der Berliner Arbeitsrechtler Christoph Abeln antwortet: Grundsätzlich gelten mündliche Zusagen ebenso wie schriftliche Vertragsvereinbarungen. Arbeitgeber versprechen oft allerlei Dinge, sei es die Gehaltserhöhung, ein Firmennotebook oder ähnliches. Das Problem: Häufig will der Arbeitgeber davon später nichts mehr wissen und verweigert die Leistung. Arbeitnehmer können dies jedoch leider oft nicht beweisen. Daher ist es ratsam, sich mündliche Zusagen anschließend schriftlich bestätigen oder sie in Gegenwart von Zeugen wiederholen zu lassen.
In den Arbeitsverträgen vieler Angestellter stehen häufig Sätze, wie: „Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrags bedürfen der Schriftform“. Viele Arbeitgeber meinen, diese Formulierung schütze sie im Ernstfall davor, mündliche Zusagen einhalten zu müssen. Sie vertreten die Meinung, dass diese Zusagen dann nicht gelten. Jedoch hat das Bundesarbeitsgericht schon 2008 entschieden, dass viele dieser sogenannten „Schriftformklauseln“ im Arbeitsvertrag unwirksam sind (Az.: 9 AZR 382/07). Einzelabsprachen gehen Vertragsklauseln im Regelfall vor. Deshalb können sich Arbeitgeber in diesen Fällen auch nicht auf diese vorformulierten Klauseln berufen. Grundsätzlich besteht also Anspruch auf die Leistungen, die der Arbeitgeber mündlich zugesagt hat. Es ist allerdings darauf zu achten, dass man das Versprechen des Chefs beweisen kann.
Der Arbeitnehmer kann aber auch den Spieß umdrehen: Pocht der Arbeitgeber auf eine angebliche mündliche Absprache, kann der Arbeitnehmer sich darauf berufen, dass Änderungen des Vertrages schriftlich erfolgen müssen. Weil die Klausel von ihm selbst stammt, darf sich der Arbeitgeber in diesem Fall nicht zu seinen Gunsten darauf berufen, dass die Erfordernis der Schriftform unwirksam sei – und deshalb eine mündliche Absprache genüge. Unabhängig davon müsste der Arbeitgeber nachweisen können, dass er mit dem Arbeitnehmer eine andere Abmachung getroffen hat, zum Beispiel zur Arbeitszeitreduzierung. Das wird bei rein mündlichen Abreden selten möglich sein.
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Christoph Abeln
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