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Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD)
© dpa

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Giffey: „Frauen können alles. Traut Euch!“

Familienministerin Franziska Giffey wirbt für Kitabetreuung, weil Gutenachtgeschichten nicht in jedem Zuhause selbstverständlich sind.

Wie weit sich sieben Kilometer anfühlen können, hätte sie nicht gedacht. Seit rund hundert Tagen ist Franziska Giffey (SPD) Familienministerin. Davor war sie jahrelang die Bezirksbürgermeisterin von Neukölln. „Was ich in der Sonnenallee, der Karl-Marx-Straße, am Hermannplatz gelernt habe, werde ich nicht vergessen“, sagt sie am Montagmorgen beim Business Breakfast des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Ein Versprechen, das die Gäste lächeln lässt, wirkt die Spitzenpolitikerin aus der eigenen Stadt doch wie eine Vertraute.

Was sie gelernt hat: Es ist nicht selbstverständlich, dass Kinder mit geschmierten Pausenbroten und Abendgeschichten aufwachsen. In Neukölln hatte die Mehrheit der Erstklässler Sprach- und Entwicklungsprobleme. Bis zu 90 Prozent waren von der Zuzahlung zum Büchergeld befreit. Das bedeutet, dass ihre Eltern Sozialleistungen beziehen oder sogar ganz von ihnen leben. Als Ministerin will sie nun erreichen, „dass es in Deutschland jedes Kind packt“.

Eine ihrer ersten Amtshandlungen ist deswegen das Gute-Kita-Gesetz, mit dem der Bund bis 2022 insgesamt fast 5,5 Milliarden Euro für die Verbesserung der Kita-Qualität an die Länder überweisen will. Ursprünglich waren 3,5 Milliarden Euro bis 2021 geplant. „Für das, was zu Hause nicht stattfindet, brauchen wir gute staatliche Institutionen“, sagt Giffey. Es brauche weniger Kita-Beiträge und mehr Erzieherinnen, weniger Mütter, die zu Hause bleiben statt zu arbeiten, dafür mehr Betriebskitas. „Wenn mir eine Mutter erzählt, dass sie ihr Kind um zwölf von der Kita abholen muss, weil dann die Kita schließt, ist es doch nicht komisch, dass so viele Frauen in Teilzeit arbeiten“, sagt sie.

Auch die Ministerin kennt Rabenmuttersprüche

Gut, einiges sei schon geschafft: I33 Prozent der Unter-Dreijährigen und mehr als 90 Prozent der Über-Dreijährigen würden in Tagesstätten betreut. „Es wundert mich allerdings, dass wir immer noch darüber diskutieren, ob das den Kindern schadet – und was eine Familie ausmacht“, sagt sie. Es brauche aus ihrer Sicht noch mehr Frauen im Beruf, in den Top-Etagen und Vorständen der großen Konzerne. „Frauen können alles“, sagt sie. „Traut Euch!“

Als sich Giffey für die Abschaffung des Ehegattensplittings einsetzt, das „mit dem Koalitionspartner aber leider nicht auszuhandeln“ war, mischt sich VBKI-Geschäftsführer Udo Marin kurz ein: Na, das hieße aber auch mehr Steuern! Ein Mann im Publikum meldet sich ebenfalls zu Wort: Drei Jahre blieb er zu Hause, kümmerte sich um die Kinder, während sich seine Frau beruflich verwirklichte. Doch die Kinder fragten ständig nach ihrer Mama, während er anderen seine Entscheidung erklären musste. Auch für Männer sei es nicht optimal. Die Familienministerin stellte klar: „Ich will niemandem vorschreiben, wie er zu leben hat.“ Und die Rechtfertigung – egal wie man es mache – kenne sie selbst auch. Eine Freundin sagte ihr: „Für das, was du machst, habe ich meine Kinder zu lieb.“

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