Batterieforum 2020: Geschwindigkeit entscheidet
Können die Europäer den Vorsprung der Asiaten in der Batteriezellenfertigung aufholen? Expertentagung in Berlin
Geht das nicht ein bisschen schneller? Ist der Zug nicht längst abgefahren, wenn 2024 alle gängigen Zellformate produziert werden können? Die deutsche Batterieszene schaut ungeduldig nach Münster, wo in den kommenden Jahren mit ein paar hundert Millionen Euro Steuergeld eine Forschungsfabrik Batteriezellenfertigung aufgebaut wird. Die konzeptionelle Leitung liegt bei der Fraunhofer Gesellschaft, für die Fritz Klocke am Mittwoch beim Batterieforum in Berlin den Stand der Dinge referierte. Viel passiert ist noch nicht, seitdem Münster Mitte 2019 überraschend den Zuschlag bekommen hatte vom Bundesforschungsministerium (BMBF). München ist da viel weiter mit dem Kompetenzzentrum Batteriezelle, das BMW nach zweijähriger Bauzeit Ende 2019 in Betrieb genommen hat. Eine privat finanzierte Forschungsfabrik mit unmittelbaren Bezug zur Produktion und Anwendung für rund 200 Millionen Euro.
Asiatische Hersteller dominieren
Geschwindigkeit zählt in den kommenden Jahren, wenn deutsche und europäische Unternehmen versuchen, auf dem von Asiaten dominierten Markt mitzuspielen. Und viel Geld. Die Bundesregierung stellt Milliarden zur Verfügung für die Forschungsfabrik und weitere Projekte, um Zellfertigungen hierzulande zu ermöglichen. Immer im Januar diskutieren ein paar hundert Wissenschaftler, Politiker und Unternehmensvertreter in Berlin die Umfeldbedingungen, Szenarien und Fortschritte. "Vorn ist uns zu weit hinten", nach diesem Motto bemühen sich die Experten der Fraunhofer nach Aussagen von Projektleiter Klocke um eine möglichst raschen Aufbau der Forschungsfabrik Batteriezellenfertigung (FFB) in Münster. Wenn dann 2022 endlich das Gebäude steht und bis 2023 die erforderlichen Maschinen aufgestellt sind, soll die dortige Produktionsforschung den Zellenherstellern helfen, schneller die Gewinnschwelle zu erreichen, erläuterte Klocke die Zielsetzung. Auch Auftragsforschung sei möglich, "wenn die Fabrik funktioniert".
Northvolt baut Gigafactory
Bis es soweit ist, hat Northvolt bereits ein paar Jahre Produktionserfahrung. Die Schweden, die unter anderem mit BMW, Siemens, Volvo und VW kooperieren, liegen in Europa vorn. Vor drei Jahren erst gegründet, beschäftigt Northvolt inzwischen 600 Mitarbeiter, berichtete Vizepräsident Christopher Haux beim Batterieforum. Vor allem Spezialisten aus aller Welt, auch von Tesla und asiatischen Zellherstellern. In fünf Jahren, wenn Nortvolt in Nordschweden eine Gigafactory betreibt und in Salzgitter gemeinsam mit VW eine halb so große Anlage, werde die Belegschaft 4000 Personen umfassen.
Gesamte Prozesskette im Programm
Haux erläuterte das Geschäftsmodell sowie die aktuelle Planung. Wichtig sei die "vertikale Integration", deshalb produziere Northvolt das Kathodenmaterial selbst und wolle perspektivisch die Batterien recyclen. Für Ende 2021 ist der Produktionsstart avisiert, ein paar Jahre später könnten dann 40 Gigawatt (GWh) produziert werden. Ursprünglich waren 32 GWh geplant, doch die Nachfrage hat die Schweden zu einer Korrektur veranlasst. In dem 50:50 Joint-Venture mit VW in Salzgitter läuft die Produktion 2024 an. Hier sind 15 GWh vorgesehen, doch "wir haben die Absicht, langfristig mehr zu tun". Das wird auch nötig sein, denn allein Volkswagen veranschlagt den Zellbedarf in 2025 mit rund 150 GWh/Jahr.
Ohne Größe keine Wirtschaftlichkeit
Ob es am Standort Deutschland weitere große Zellfertigungen geben wird, dürfte sich in diesem Jahr entscheiden. Standortkritisch sind Haux zufolge die Energie- und Arbeitskosten sowie die Verfügbarkeit von CO-freier Energie, wie es sie in Nordschweden offenbar in Hülle und Fülle gibt. Und: "Eine Zellfertigung ist nur rentabel, wenn sie groß ist." Dann sind indes auch fünf Milliarden Euro schnell verbaut. Die so genannten IPCEI-Projekte (für Important Projects of Common European Interest) des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) mit knapp 1,3 Milliarden Euro Volumen sind nur als Anreizprogramme gedacht.
30 Prozent aus Europa
Tim Schulze aus dem BMWi verteidigte dennoch die Zielsetzung der Bundesregierung und auch der EU-Kommission, bis 2030 knapp ein Drittel der weltweiten Zellennachfrage aus europäischen Produktionsstätten bedienen zu wollen. Ein erstes IPCEI-Projekt mit Beteiligung von fünf deutschen Unternehmen (BASF, BMW, Varta, PSA/Opel und die deutsche Umicore) ist so gut wie genehmigt, ein zweites mit voraussichtlich neun deutschen Teilnehmern liegt derzeit in Brüssel zur Notifizierung. Beide Konsortien unterscheiden sich nicht inhaltlich, sondern sind allein aufgrund des Reifegrades entstanden: Die Firmen, die frühzeitig konkrete Projektvorstellungen und Wirtschaftlichkeitspläne hatten, kamen in die erste Gruppe, andere in die zweite. "Dabei sind Überlappungen und Querbezüge gewollt", sagte Schulze. Es gibt also Unternehmen - wie BMW - die an beiden IPCEI-Projekten beteiligt sind.
BMW hat die komplette Technologie
BMW hat nach eigenen Angaben bislang 500 000 elektrifizierte Autos verkauft, der überwiegende Teil Plug-in-Hybride. Bis Ende 2021 wird die Millionenschwelle angepeilt, danach ein jährliches Wachstum von 30 Prozent, wie Peter Lamp, Generalmanager Zelltechnologie bei BMW, auf dem Batterieforum erläuterte. Ähnlich wie der Zellhersteller Northvolt versuche BMW unter dem Dach des neuen Kompetenzzentrums die gesamte Prozesskette abzubilden. "Wir kümmern uns vom Mining bis zum Recycling", sagte Lamp. Kritische Rohstoffe wie Kobalt und Lithium kaufe man selbst. BMW will grundsätzlich Zellen nicht im großindustriellen Maßstab bauen, aber das relevante Know-how beherrschen. Denn den Anforderungen an die Batterie - Lebensdauer und Sicherheit, Ladeeigenschaft und Reichweite, Kosten und Umweltverträglichkeit - können Lamp zufolge nur mit Zelltechnologie entsprochen werden. Die Zelle mach rund 80 Prozent der Batteriekosten aus.
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