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Die Berliner-Bank-Chefin Stefanie Salata will Gründer für ihr Institut gewinnen.
© Mike Wolff

Bankers neue Lieblinge: Geldinstitute umwerben Gründer

In Berlin umwerben die Geldinstitute verstärkt Gründer. Sie hoffen, dass aus ihnen mal erfolgreiche Mittelständler werden.

Jasmin Weber will „Bank ein bisschen anders machen“. Von keinem ihrer Mitarbeiter in der Filiale der Berliner Bank am Hackeschen Markt verlangt sie, eine Krawatte zu tragen. Statt eines Dienstwagens hat sie ein Dienstfahrrad anschaffen lassen. Und wer will, kann sich als Kunde in der Filiale kostenlos ins W-Lan einwählen, um mal schnell seine Mails zu checken. Alles geht etwas lockerer zu in der Zweigstelle, die die Berliner Bank am Montag eröffnet hat. Denn an dem Standort will das Institut verstärkt um eine neue Kundengruppe werben: junge Gründer, die nach Berlin gezogen sind, um ein Start-up aufzubauen.

Mit dieser Strategie steht die Berliner Bank nicht allein alle. Alle Institute – ob Regionalinstitut oder große Privatbank – haben mittlerweile die Berliner Start-up-Szene für sich entdeckt und wollen die jungen Gründer als Kunden gewinnen. So will etwa die Deutsche Bank „erster Ansprechpartner für Start-ups aus der schnell wachsenden IT-Branche werden“, wie Harald Eisenach es ausdrückt, Geschäftsleiter der Region Ost. Die Berliner Sparkasse wirbt damit, „einer der führenden Start-up-Finanzierer der Stadt“ zu sein. Die Berliner Volksbank betreibt zwei Gründercenter. Und die Commerzbank testet in Berlin ein neues Filialkonzept, mit dem sie für internetaffine Kunden attraktiver werden will.

"Die Gründer sind die Unternehmer von morgen"

Auf den ersten Blick erscheint dieses neue Interesse der Banken an den Gründern verwunderlich. Denn anders als alteingesessene Mittelständler sind Gründer erst einmal Risiko-Kunden: Sie haben wenig Geld, kaum Sicherheiten, und ob aus ihren Ideen tatsächlich ein marktfähiges Produkt wird, ist fraglich. Doch die Banken spekulieren auf die Zukunft – wenn aus dem einen oder anderen Gründer ein erfolgreicher Mittelständler geworden ist. „Die Gründer sind die Unternehmer von morgen“, sagt Berliner-Bank-Chefin Stefanie Salata. Im besten Fall haben die, die heute ein Start-up gründen, in ein paar Jahren ein privates Vermögen, das die Banken verwalten können, und fragen klassische Firmenkredite nach.

„Da entsteht ein ganz neuer Geschäftsbereich, in dem die Banken bislang viel zu wenig vertreten waren“, sagt Guido Wegner. Er leitet bei der Berliner Volksbank eines von zwei Gründercentern. In denen werden neben den klassischen Existenzgründern aus Handwerk oder Gastronomie zunehmend auch immer mehr Start-ups betreut.

Die Banken locken die Gründer mit Videoberatung und Workshops

Um den Unternehmer-Nachwuchs an sich zu binden, versuchen die Banken den Gründern mehr zu bieten als Girokonto und Kreditkarte. Zwar können die Geldhäuser den Gründern kein Risikokapital für ihre Start-ups bereitstellen – doch sie können sie mit Investoren in Kontakt bringen und sie auf die Gespräche vorbereiten. So sagte Johannes Evers, Chef der Berliner Sparkasse, kürzlich im Gespräch mit dem Tagesspiegel: „Jeder Gründer braucht gute Beratung, angefangen beim Businessplan bis hin zur Finanzierung inklusive staatlicher Förderprogramme.“ Und genau das wollen die Institute ihnen bieten.

Die Berliner Bank lädt in ihrer neuen Filiale deshalb ab September zu Workshops ein. Experten sollen Fragen klären wie: Für wen bietet sich Crowdfunding an? Wie findet man einen Venture-Capital-Geber, der Risikokapital ins Unternehmen einbringt? Und auf welche rechtlichen Aspekte muss ein Gründer dabei achten? Außerdem soll es eine Vortragsreihe zum Thema „New in town“ geben, bei der ausländischen Gründern in englischer Sprache die Eigenheiten der deutschen Kultur und Bürokratie nähergebracht werden.

Die meisten Institute haben eigene Teams aufgebaut

Betreut werden sollen die jungen Kunden von Menschen, die ähnlich ticken wie sie. Die Berliner-Bank-Chefin hat die neue Filiale deshalb, wie sie sagt, ihrem derzeit „jüngsten Team“ anvertraut. Filialleiterin Jasmin Weber ist gerade einmal 28 Jahre alt und auch ihre Mitarbeiter sind alle unter 30. 

Wie die Berliner Bank haben die meisten Institute mittlerweile eigene Teams aufgebaut, die sich ausschließlich um die Entrepreneure kümmern. Bei der Deutschen Bank arbeiten derzeit 15 Mitarbeiter in diesem  Bereich. Sie sprechen alle fließend Englisch und konzentrieren sich auf die „schnell wachsenden Internet-Start-ups“. Neben den Basisdienstleistungen wie der Eröffnung des ersten Firmenkontos sollen sie den Gründern zum Beispiel helfen, Fördermittel zu beantragen und sie später bei der Expansion ins Ausland unterstützen.

Um die Gründer überhaupt erst einmal für sich zu gewinnen, setzen die Institute verstärkt auf moderne Technik. So verwendet die Berliner Bank – ähnlich wie die Commerzbank – in der neuen Filiale Ipads und Videoberatung. Kommt im Kundengespräch zum Beispiel eine Frage auf, die der Berater nicht beantworten kann, kann er einen Spezialisten aus der Zentrale per Videotelefonie hinzuschalten.

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