Ablösesumme für Auszubildende: Gegen die Prinzipien der Marktwirtschaft
Wer Auszubildende halten will, sollte zum wettbewerbsfähigen Arbeitgeber werden. Hier sollte der Handwerkspräsident ansetzen. Ein Kommentar.
In der Not vergisst der Präsident die Prinzipien der Marktwirtschaft und ruft die Politik um Hilfe: Wer künftig eine Fachkraft im ersten Jahr nach der Ausbildung abwirbt, der möge doch bitte dem Ausbildungsbetrieb eine Ablösesumme zahlen, regt Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer an. Wenn Arne Maier von Hertha BSC zu Borussia Dortmund wechselt, dann bekommt der Berliner Ausbildungsverein eine Ablöse und eine Ausbildungsentschädigung für den Jungstar. Wenn der Geselle Fritz Krause aus der Metzgerei Hackepeter von einem Wurstfabrikanten abgeworben wird, dann soll der künftig auch zahlen.
Aber wie viel? Was hat die Ausbildung gekostet? Was ist der Geselle wert? Wer legt die Höhe der Ablöse fest? Brauchen wir eine neue Kommission zur Festlegung von Mindest-Wechselgebühren? Und wenn ja, in welchen Bereichen? Überall in der Wirtschaft oder nur in den Branchen, in denen der Fachkräftemangel am größten ist?
Wir sind in Deutschland, und das Bedürfnis, mit Regeln und Vorschriften Defizite zu beheben und die Welt besser zu machen, ist so ausgeprägt wie in keinem anderen Land. Hinzu kommt: Der oberste Handwerker traut seinen Mitgliedsbetrieben wenig zu: Wer gut ausbildet, sich um seine Leute kümmert, ihnen Entwicklungsmöglichkeiten öffnet und sie anständig bezahlt, der braucht keine Schutzmauern in Form von Wechselgebühren.
„Guter Arbeitgeber“ will auch gelernt sein, zumal wenn junge Beschäftigte mehr Zeitsouveränität wünschen und Pausen für Kinder, Weiterbildung oder Pflege. Hier sollte der Präsident und die Handwerkskammern ansetzen, indem sie die Betriebe coachen auf dem Weg zum wettbewerbsfähigen Arbeitgeber.