Abgas-Skandal: Für VW sind die USA ein teures Pflaster
Das Umweltamt Epa war nur der Anfang für VW. Forderungen von anderer Seite reichen von Milliarden von Dollar bis zu Gefängnisstrafen für Manager.
Es ist eine namhafte Kanzlei, die Volkswagen in den USA helfen soll: Die US-Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis, die den deutschen Konzern vertritt, hat Erfahrung mit Kriseneinsätzen: 2010 arbeiteten die Juristen für die Öl-Firma BP nach der Explosion auf der Ölplattform Deepwater Horizon. Auch ihr neuer Fall wird ein Kriseneinsatz. Auf VW kommen in den Vereinigten Staaten eine große Zahl an Klagen zu. Es geht um Milliarden.
Das Umweltamt Epa, das den Fall angestoßen hat, war nur der Anfang. Unter dem „Clean Air Act“, dem US-Klimagesetz, kann das Epa Zivilstrafen verhängen. Bei VW und der halben Million betroffener Wagen könnte sich die Strafe auf 18 Milliarden Dollar summieren. Zugleich hat sich das kanadische Umweltamt den Untersuchungen gegen die Trickser aus Wolfsburg angeschlossen. In Kanada liegt das Strafgeld für einen solchen Betrug zwischen 100.000 und sechs Millionen kanadischer Dollar.
Mehrere Bundesstaaten haben Verfahren laufen
Auch das US-Justizministerium – die Justizministerin ist zugleich Generalbundesanwältin – nimmt sich jetzt das Unternehmen vor. Loretta Lynch, neue Justizministerin und zuvor Staatsanwältin in New York, hat angekündigt, Wirtschaftsvergehen intensiv nachzugehen, persönlich Verantwortliche sollten zur Rechenschaft gezogen werden. Ein erstes Beispiel der harten Linie war vor Kurzem die Klage gegen elf Fifa-Funktionäre. Die Umweltabteilung des Ministeriums hat strafrechtliche Ermittlungen wegen einer Verletzung der Abgaskontrollgesetze im „Clean Air Act“ eingeleitet, die Anklage könnte am Ende aber auch auf Betrug lauten.
Zusätzlich haben mehrere US-Bundesstaaten ein separates Verfahren gegen VW eröffnet. Eric Schneiderman, Generalstaatsanwalt in New York, sagte: „Keinem Unternehmen sollte es erlaubt sein, unsere Umweltgesetze zu umgehen und Konsumenten falsche Waren versprechen.“ Sein Büro bestätigte, New York sei an einer Multi-Bundesstaaten-Ermittlung beteiligt. Noch gibt es keine Angaben, worauf diese Anklagen lauten sollen.
Wertverluste und emotionale Belastung
Jenseits der staatlichen Prozesse sieht sich Volkswagen zudem mit Privatklagen konfrontiert. Zwei Anwaltskanzleien haben bereits Sammelklagen eingereicht. Hagens Berman, eine Firma mit Kanzleien in zehn US-Bundesstaaten, erklärt, „Tausende Anfragen“ seien eingegangen. Derzeit vertreten die Juristen bereits Kläger aus 22 Bundesstaaten. Mehr Klagen würden folgen. „Wir planen, Vertreter aus allen Bundesstaaten einzubringen“, kündigt die Kanzlei an.
Die Chicagoer Anwaltsfirma Clifford Law wiederum hat für zwei betroffene VW-Käufer ebenfalls Privatklage eingereicht. „Das ist seit Langem das größte Ding“, sagt Robert Clifford in einem Interview mit dem Wirtschaftsdienst Bloomberg, „das ich auf der juristischen Landschaft gesehen habe“. Geklagt werden soll auf Entschädigung für den Wertverlust der Autos und auf emotionale Belastung. In Kanada ist ebenfalls schon eine Sammelklage anhängig.
Gefängnisstrafen für VW-Manager?
Auch auf politischer Ebene bekommt VW in den USA Ärger. Der Kongress untersucht den Betrugsskandal eigenständig. Zwei Ausschüsse im Repräsentantenhaus haben Anhörungen angekündigt. Die Repräsentanten werden dann wahrscheinlich VW-Vertreter in den Kongress zitieren. Von einem demokratischen Senator aus Florida kommt der Ruf nach Gefängnisstrafen für die Verantwortlichen.
Aber nicht nur VW, auch andere deutsche Autobauer hat die Epa auf ihrer Liste. Bei einem Besuch des „Wall Street Journals“ kündigte Epa-Chefin Gina McCarthy an, die Behörde werde nicht herumsitzen und sich darum sorgen, ob andere die Betrugssoftware auch haben. „Wir werden es herausfinden.“