DIHK-Volkswirt Treier im Interview: „Für die deutsche Wirtschaft steht extrem viel auf dem Spiel“
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China eskaliert. Volker Treier, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, über die Gefahren für deutsche Unternehmen.
Herr Treier, wie gefährlich ist die Eskalation im Handelskonflikt?
Sehr gefährlich. Für die deutsche Wirtschaft steht extrem viel auf dem Spiel. Die USA sind das wichtigste Exportland, China ist der wichtigste Handelspartner. Und auf beiden Märkten sind deutsche Firmen stark engagiert. In China beschäftigen deutsche Unternehmen eine Million Menschen, in den USA 840 000. Gemessen am Kapital sind die USA der wichtigste Standort für deutsche Direktinvestitionen.
Werden sich Investoren künftig in beiden Ländern mehr zurückhalten?
In den USA können wir das schon feststellen, weil die Unsicherheit über die Zukunft des Nafta-Raums mit der Neuordnung der Handelsbeziehungen zwischen den USA, Mexiko und Kanada groß ist. Strafzölle im Handel mit China werden wahrscheinlich ähnliche Sorgen bei deutschen Unternehmen auslösen.
Deutsche Autobauer exportierten viele in den USA gebaute Fahrzeuge nach China – drohen hier nun Engpässe?
Wir leben in globalen Wertschöpfungsketten, deutsche Autobauer sind davon ein wichtiger Teil. Es sind aber nicht nur die Exporte aus den USA betroffen. China hat einen Handelsbilanzüberschuss mit den USA von 365 Milliarden Dollar, davon stammt ein nennenswerter Teil von deutschen Firmen, die aus China in die USA exportieren.
Wer profitiert von diesem Konflikt? Der Standort Europa?
Die Sorge ist groß, dass Europa der wichtigste Verbündete abhandenkommt, mit dem man bisher am Aufbau einer global sinnvollen und fairen Handelsordnung gearbeitet hat. Statt auf die Stärke des Rechts setzt US-Präsident Trump offenbar auf das Recht des Stärkeren. Es kommt nun darauf an, was Europa daraus macht. Jede Krise hat ihre Chance. Eine kleine Chance besteht darin, die Chinesen vom Fairplay im Welthandel zu überzeugen. Vielleicht reift gerade jetzt die Erkenntnis, dass es sich lohnt, an einer neuen Welthandelsordnung zu arbeiten.
Hat Trump einen Punkt, wenn er das hohe Handelsbilanzdefizit mit China reduzieren will?
Trump lenkt von einem zentralen Punkt ab: Die Amerikaner konsumieren mehr als sie produzieren, und sie leben davon, dass andere Länder ihnen diese Güter und Dienstleistungen zur Verfügung stellen. China ist deshalb der größte Gläubiger der USA. Die Ursache des hohen Handelsbilanzdefizits liegt in den USA, nicht beim Handelspartner China. Trump dreht den Spieß einfach um. Einen Punkt hat er: Er greift die unfairen Spielregeln in der Welthandelsordnung an. Da ist China sicher nicht unter den Top Ten der fairen Spieler.
Volker Treier ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Mit ihm sprach Henrik Mortsiefer.