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Die DGB-Gewerkschaften, an der Spitze Verdi mit Verhandlungsführer Frank Werneke (re.), bilden eine Tarifgemeinschaft mit dem Beamtenbund und dessen Chef Ulrich Silberbach.
© dpa

Tarifforderung für den öffentlichen Dienst: Fünf Prozent für drei Millionen

Verdi und Beamtenbund stellen sich auf einen harten Konflikt mit den Bundesländern ein. Arbeitgeber weisen die Forderung als "Illusion" zurück.

Die Gewerkschaften fordern für die Beschäftigten der Bundesländer deutlich mehr Geld als die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) für ihre Mitglieder bei der Bahn: Fünf Prozent statt 3,2 Prozent. Und es gibt einen weiteren Unterschied: Der Tarifvertrag der Länder soll nur zwölf Monate gültig sein, während die GDL 28 Monate akzeptiert. Verdi-Chef Frank Werneke erläuterte am Donnerstag die Forderung mit zwei Argumenten: Vor allem Unikliniken, Schulen und die Polizei hätten während der Pandemie große Leistungen gebracht und eine Einkommenserhöhung verdient. Ferner müsse bei einer Inflationsrate von zuletzt 3,8 Prozent die Kaufkraft stabil bleiben, weshalb ein Mindestbetrag von 150 Euro/Monat gefordert wird; davon profitieren untere und mittlere Einkommensgruppen überproportional.

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Neben Verdi verhandeln die Gewerkschaften der Polizisten und Lehrer sowie der Beamtenbund (dbb). Auf der anderen Seite steht die Tarifgemeinschaft der Bundesländer unter der Führung des niedersächsischen Finanzministers Reinhold Hilbers (CDU). Der Tarifvertrag betrifft rund eine Million Angestellte der Länder und mehr als zwei Millionen Beamte und Versorgungsempfänger, auf die der Tarifabschluss meistens übertragen wird.

Extrageld für Pflegepersonal

„Die Länderbeschäftigten haben in den zurückliegenden Monaten den Laden am Laufen gehalten und sich Respekt und Anerkennung verdient“, betonten Werneke und der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach bei der Vorstellung der Forderung, die auch eine Sonderbehandlung für Beschäftigte im Gesundheitswesen beinhaltet. Im vergangen Jahr hatten die Gewerkschaften Extrazulagen unter anderem für Krankenschwestern und -pfleger bei den Kommunen durchgesetzt.
Werneke und Silberbach warnten die Arbeitgeber der Bundesländer vor Veränderungen bei der Eingruppierung ihrer Beschäftigten. „Die Arbeitgeber sind auf Krawall gebürstet“, meinte Werneke und sprach von einem „Herabgruppierungshebel“.Silberbach kündigte „schärfsten Widerstand“ an gegen Änderungen, sofern sie Arbeitsbedingungen verschlechtern. Das sei aber das Ziel der Arbeitgeber Die Tarifverhandlungen werden Anfang Oktober beginnen, eine Handvoll weiterer Termine ist bis Ende November verabredet.

2020 hatte es eine Tarifauseinandersetzung gegeben für die Beschäftigten der Kommunen und beim Bund. Die Gewerkschaften gingen damals mit der Forderung nach 4,8 Prozent ins Rennen und vereinbarten am Ende 3,2 Prozent in zwei Schritten: 1,4 Prozent zum 1. April 2021 und 1,8 Prozent ein Jahr später. Dieselben Prozente fordert die GDL für die Lokführer und dazu eine Coronaprämie von 600 Euro, wie sie im öffentlichen Dienst der Kommunen in den unteren Lohngruppen gezahlt wird.

Kräftige Erhöhung 2019 und 2020

Der letzte Tarifabschluss für die Bundesländer stammt aus 2019 und hatte ein Volumen, von dem die Gewerkschaften in Coronazeiten nur träumen können: Die Einkommen stiegen Anfang 2019 um 3,2 Prozent, weitere 3,2 Prozent gab es ein Jahr später und zum 1. Januar 2021 stiegen die Einkommen und 1,4 Prozent. Für die Erhöhung der Einkommen mussten die Gewerkschaften eine ungewöhnlich lange Laufzeit des Tarifvertrags von 33 Monaten akzeptieren. Die Bahn wiederum ist bereit, den aktuellen Tarifkonflikt mit den Lokführern zu beenden und in zwei Schritten 3,2 Prozent zu zahlen, wenn der Tarifvertrag 40 Monate gültig ist.

Die Tarifgemeinschaft (TdL) wies die Fünf-Prozent-Forderung am Donnerstag als viel zu hoch zurück. Inklusive der Beamten entsprächen fünf Prozent rund 7,4 Milliarden Euro. TdL-Chef Hilbers warnte vor „illusorischen Erwartungen“, die von den Gewerkschaften geweckt würden. „Gerade in Krisenzeiten muss sich der Staat seine Handlungsfähigkeit bewahren. Für Gehaltssteigerungen im öffentlichen Dienst ist da bei einem Personalkostenanteil von rund 50 Prozent am Steueraufkommen wenig Spielraum“, sagte Hilbers.

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