Nach Übernahme von Air Berlin: Flugtickets werden teurer
Kaum ist der Verkauf von Teilen der Air Berlin an die Lufthansa perfekt, steigen die Flugpreise auf einigen Strecken. Wettbewerber alarmieren die Kartellwächter.
Carsten Spohr formulierte es ausweichend. Er könne nicht ausschließen, dass es auf einigen Strecken zu steigenden Preisen kommen werde. Generell werde Fliegen aber nicht teurer, erklärte der Lufthansa-Chef nach Verkündung der Teil-Übernahme.
Tatsächlich machten einige Reisewillige bereits Stunden nach der Verkündung am Donnerstag die Beobachtung, dass die Preise auf einzelnen Routen kräftig anzogen haben: Einen Direktflug von Berlin nach Zürich und zurück kommende Woche gab es zwischenzeitlich erst ab stolzen 450 Euro. Nur wer bereit zum Umsteigen in Wien (dem Drehkreuz der Lufthansa-Tochter AUA) war, konnte noch ein 80-Euro-Schnäppchen machen.
Empirische Untersuchungen liegen noch nicht vor. Das Verbraucherportal Vergleich.org hatte aber bereits im August auf Basis einer Analyse von 40 Strecken errechnet, dass Routen ohne echte Konkurrenz im Schnitt 9,19 Prozent teurer sind als Routen mit Wettbewerb. „Die Preise werden mit Sicherheit steigen“, sagt Clemens Polywka von Vergleich.org. Ab Berlin war Air Berlin bisher auf Strecken nach Frankfurt, Düsseldorf, Stuttgart und Nürnberg stark gebucht.
Die angestrebte Übernahme weckt Kartellbedenken im In- und Ausland. So befürchtet die österreichische Wettbewerbsbehörde BWB eine dominante Stellung auf vielen Strecken von und nach Wien, weil die Lufthansa auch die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki kauft. Die Behörde werde ihre Bedenken dazu bei der EU-Kommission anmelden, sagte eine BWB-Sprecherin. Auch das deutsche Bundeskartellamt wird tätig. „Die EU-Kommission wird sich das genau ansehen, und wir werden das dortige Verfahren begleiten“, so Behördenchef Andreas Mundt. Die EU-Kommission selbst wollte sich nicht zu dem Thema äußern, da der bekanntgegebene Deal noch nicht formal bei ihr angemeldet ist.
Kritik am Air-Berlin-Kauf kommt auch von Lufthansa-Konkurrenten. Die Muttergesellschaft der Fluglinie British Airways, IAG, sieht Probleme. „Wir haben für Air Berlin geboten, aber unser Eindruck war immer, dass die Lufthansa den Zuschlag bekommen würde“, sagte IAG-Chef Willie Walsh am Rande einer Branchenkonferenz in London. „Wir werden das genau beobachten“, fügte er hinzu. Ähnlich hatte sich die irische Billigfluggesellschaft Ryanair geäußert. Ihr Chef Michael O’Leary hatte mehrfach von einem „abgekartetem Spiel zugunsten des deutschen Marktführers“ gesprochen und angeblich deshalb erst gar kein Angebot für Air Berlin abgegeben.
Die Lufthansa bietet Angriffsflächen, auch weil sie offen Unterstützung von der Bundesregierung erfahren hatte. Ende April hatte Carsten Spohr Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Gesprächen mit Regierung und Königshaus von Abu Dhabi, den Eigentümern des Air-Berlin-Großaktionärs Etihad, begleitet. Bei der Gelegenheit ging Lufthansa eine strategische Partnerschaft mit dem arabischen Rivalen ein, der in der Golfregion gern aus dem Schatten der großen Airline Emirates aus Dubai treten würde. Ließ Etihad im Gegenzug Air Berlin fallen? Durch den Insolvenzantrag bleibt Etihad auf Air Berlins Schulden sitzen und ermöglichte Wettbewerbern einen geschmeidigen Einstieg. (mit Reuters)
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