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Eine Computerdarstellung zeigt das Flugtaxi "Volocopter".
© dpa

Deutsches Start-up Volocopter: Flugtaxis sollen in sechs Jahren abheben können

2025 fliegen hierzulande die ersten Lufttaxis, sagt eine Studie voraus. Hiesige Autobauer sind bei der Entwicklung der Senkrechtstarter vorne dabei.

Pendler, die keine Lust mehr haben, Zeit und Geduld im Stau zu verlieren, könnten in wenigen Jahren auf fliegende Taxis umsteigen. „Schon 2025 könnten Flugtaxis in großen Städten auf ersten, festgelegten Routen Passagiere transportieren“, prognostiziert eine am Dienstag veröffentlichte Studie von Horváth & Partners. Das Beratungshaus hat für die Untersuchung nach eigenen Angaben Markt- und Big-Data-Analysen sowie Experteninterviews ausgewertet.

Lufttaxis galten bisher als Zukunftsvision, die nicht selten als Science-Fiction belächelt wurde. Doch weltweit werden in zahlreichen Städten Teststrecken eingerichtet. Das Bruchsaler Start-up Volocopter will beispielsweise in Dubai und Singapur seinen Multicopter fliegen lassen. Geht es nach dem Willen des Start-ups, sollen auch vom Frankfurter Flughafen irgendwann Volocopter starten. Das von Daimler finanzierte Unternehmen hat sich dafür mit dem Flughafenbetreiber Fraport zusammengetan.

Gemeinsam wolle man am Frankfurter Flughafen Konzepte für die Bodeninfrastruktur und den Betrieb von Flugtaxis an Flughäfen entwickeln, teilten die Unternehmen am Dienstag mit.

„Sobald die ersten Pilotprojekte erfolgreich sind, wird sich auch in Deutschland die Politik für Versuchsstrecken und Betriebsrouten öffnen und die erlassenen Restriktionen, die vor allem auf Hobby-Drohnen gemünzt sind, anpassen“, prophezeit Daniel Guffarth, Studienleiter und Mobilitätsexperte bei Horváth & Partners.

Europäische Luftfahrtbehörde entscheidet über VTOL-Zulassung

Das hält auch Florian Holzapfel für realistisch. Er leitet den Lehrstuhl für Flugsystemdynamik an der TU München. „Hinsichtlich der Zulassung sogenannter VTOLs (Vertical Take-Off and Landing) ist Europa schnell“, beobachtet der Professor. „Es bewegt sich einiges.“ Die europäische Luftsicherheitsbehörde EASA hat bereits einen Entwurf für entsprechende Zulassungsvorschriften veröffentlicht. „Natürlich gibt es noch Hürden – aber erfrischenderweise auch mehr als in der Vergangenheit den konzertierten Willen, diese gemeinsam auszuräumen“, so seine Einschätzung. Holzapfel geht sogar davon aus, dass Pilotstrecken hierzulande weit vor 2025 beflogen werden, zunächst allerdings ohne Passagiere, sondern mit einem Testpiloten an Bord.

Horváth-Mobilitätsexperte Guffarth geht davon aus, dass sich das neue Fortbewegungsmittel in zwei Phasen etablieren wird: Ab 2025 zunächst in Megacitys und Metropolregionen ab zehn Millionen Einwohnern, so seine Einschätzung. „In Deutschland könnten sich Pilotstrecken auf stark strapazierten Pendlerstrecken durchsetzen, zum Beispiel in der Rhein-Ruhr-Region.“ Generell seien hierzulande neben innerstädtischer Mobilität auch Stadt-Land- oder Stadt-Stadt-Verbindungen zur Entlastung des Berufsverkehrs von hoher Relevanz. In Berlin verloren Autofahrer im vergangenen Jahr sechs Tage bei Staus zu Stoßzeiten.

Ab 2035 werden sich Lufttaxis weltweit etablieren, so die Studie weiter. Sogar genaue Flugzeiten will die Beratung bereits vorhersagen können: 125 Millionen Stunden werden die Riesendrohnen demnach im Jahr 2035 in der Luft sein. Nochmal 15 Jahre später seien die neuen Fortbewegungsmittel dann auch in kleineren Städten mit bis zu 600.000 Einwohnern unterwegs, die Nachfrage steige dann auf neun Milliarden Flugstunden an.

Techkonzerne schlagen Autohersteller im Massenmarkt

Um die Vormachtstellung auf dem neuen Milliardenmarkt kämpft eine ganze Reihe von Herstellern. Laufend finden neue Testflüge statt. Der Autohersteller Audi und der Flugzeugbauer Airbus haben gemeinsam ihr Konzept PopUpNext entwickelt, das ein Elektroauto mit einer Drohne kombiniert. Daimler ist am Bruchsaler Startup Volocopter beteiligt, und das Urban Air Vehicle des amerikanischen Flugzeugbauers Boeing hat jüngst seinen ersten Testflug gemeistert, ebenso das mit reichlich Risikokapital ausgestattete Start-up Lilium aus München.

Besonders gute Chancen räumt die Horváth-Studie den Autobauern ein. Gegenüber Luftfahrtunternehmen werden sie von der Bevölkerung bevorzugt, heißt es: „Automobilhersteller punkten durch Markenbekanntheit, Kundennähe und vielfache positive Erfahrungen in punkto Qualität und Sicherheit“. Gerade deutsche Premiumherstellerverfügten hier „über einen Vertrauensvorschuss.“

Das größte Geschäft werde allerdings nicht mit dem Flugzeugbau gemacht. Der mache lediglich fünf Prozent am Gesamtmarkt aus, der Betrieb maximal ein Drittel. Ein Großteil des Geldes (55 Prozent Marktanteil) werde mit der Flugvermittlung, Gastronomie, Entertainment- und Wellnessangeboten sowie Digitalshopping an Bord und am Flughafen verdient. In diesem Bereich seien die deutschen Hersteller im globalen Wettbewerb im Nachteil: „Im weltweiten Massengeschäft wird sich wahrscheinlich ein globaler Technologiekonzern mit einer werbefinanzierten Plattform durchsetzen“, so die Prognose der Horváth-Analysten. Auch der US-Fahrdienst Uber zeigt großes Interesse an dem Thema – und könnte nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Luft zu einem der größten Konkurrenten deutscher Autohersteller werden.

Jana Kugoth

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