Debatte um Kurzstreckenflüge: Fliegen sollte so billig wie möglich werden
Baerbock und Scholz befinden sich auf planwirtschaftlichen Abwegen. Das nutzt weder Fluggast noch Klima. Es gibt bessere Methoden. Ein Kommentar.
In den vergangenen Tagen haben sich die Kanzlerkandidat*innen Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) beim Thema Fliegen aus der Deckung gewagt. Scholz will einen Mindestpreis von 50 oder 60 Euro pro Flug festlegen, Baerbock will Billig- und Kurzstreckenflüge gleich ganz abschaffen. Wie jeder populistische Vorstoß mag das die ein oder andere Wählerstimme bringen, dem Klima nützt es aber nichts.
Denn es ist ja nicht so, als würde die Luftfahrt unkontrolliert und unbegrenzt Abgase in die Atmosphäre pusten. Ganz im Gegenteil unterliegen die so viel kritisierten innereuropäischen und innerdeutschen Flüge dem europäischen Emissionshandel. Das heißt: Es gibt ein politisch festgelegtes CO2-Budget, das nicht überschritten werden darf.
Um einen Teil dieses Budgets zu verbrauchen, müssen die Airlines sich Zertifikate kaufen. Verbietet Baerbock nun den 29-Euro-Flug nach Mallorca, verkauft Easyjet das entsprechende Zertifikat und das CO2 wird anderswo ausgestoßen. Sinnvoll wäre also, das CO2-Budget zu verkleinern oder die Zertifikate teurer zu machen.
Die unternehmerische Freiheit nicht beschneiden
Und es gibt weitere Wege, Klimafolgen des Flugverkehrs mit Methoden des Marktes zu regulieren. Die Bundesregierung könnte den CO2-Preis anheben, möglicherweise sogar nur sektoral für den Flugverkehr. Sie könnte eine neue Abgabe einrichten, die zielgerichtet in die Erforschung klimafreundlicher Treibstoffe fließen würde.
In allen Fällen würde man den Fluggesellschaften ihre unternehmerische Freiheit lassen, den Kunden den bestmöglichen Preis zu bieten. Wenn Ryanair es unter diesen Bedingungen weiterhin schafft, Billigflüge anzubieten – warum nicht? Die Politik sollte den Rahmen, nicht die Preise setzen. Jedem Politiker, der nicht planwirtschaftlichen Fantasien nachhängt, sollte das klar sein.
Würden diese Regelungen offensiv beworben und vor allem umgesetzt, wären auch hässliche Begleiterscheinungen der Klimadebatte wie Flugscham überholt. Führt man sich vor Augen, dass der innerdeutsche Flugverkehr gerade einmal 0,3 Prozent des bundesrepublikanischen CO2-Ausstoßes ausmacht, drängt sich ohnehin der Eindruck auf, dass es hier eher um eine generelle Ablehnung geht. Dass Baerbock von einer Kerosin-Subventionierung spricht, bestärkt diesen Verdacht. Schließlich sollte ihr doch klar sein, dass Fluggesellschaften ihre Abgabe über die Luftverkehrssteuer zahlen.
Billigflieger sind mehr als Ballermann-Tourismus
Doch das Fliegen hat noch eine andere Dimension. Seit es Billigflieger gibt, ist es für junge Leute und sozial schwächere Familien so leicht wie nie, andere Länder zu erkunden. Was früher mit Interrail eine Once-in-a-life-time-Erfahrung war, ist inzwischen regelmäßig möglich. Das baut Vorurteile ab, schafft Freundschaften und ermöglicht internationale Verständigung.
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Wer innereuropäischen Flugverkehr auf Ballermann-Tourismus reduziert, sagt damit mehr über das eigene Menschenbild aus als über das Potential von Easyjet und Co. aus. Die Billigflieger haben das Reisen demokratisiert; für viele mehr Menschen zugänglich gemacht.
Dieser kulturelle Fortschritt ist derart massiv, dass man nicht umsonst häufig von einer "Generation Easyjet" spricht. Unverständlich, dass sich gerade eine Partei wie die Grünen, die sich Weltoffenheit und interkulturellen Austausch seit jeher auf die Fahnen schreiben, so auf das Fliegen eingeschossen hat. Schon rein zeittechnisch kann kein normaler Arbeitnehmer die Welt mit dem Zug erkunden.
Als vor einigen Jahren die Fluggesellschaft Scoot Flüge zwischen Berlin und Singapur für 300 Euro anbot, eröffnete das für viele Menschen aus ärmeren Schichten in Fernost die Möglichkeit, wenigstens einmal im Leben eine Europa-Reise anzutreten. Und so kann man sagen: Fliegen muss so billig wie möglich werden. Die Politik kann gerne einen strengeren CO2-Deckel auf den Luftverkehr setzen. Den Rest soll sie der Wirtschaft überlassen.