Kritik an Vorstoß von SPD und Grünen: Baerbock und Scholz wollen gegen Billigflüge vorgehen
Für 29 Euro nach Mallorca? Nicht mit den Grünen oder der SPD. Dumpingpreise wollen sie stoppen. Ablehnung von Union, FDP und der Luftverkehrswirtschaft.
Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock will im Falle einer Regierungsübernahme für die Abschaffung von Kurzstreckenflügen kämpfen. Auch Billigpreise wie Mallorca-Flüge für 29 Euro dürfte es nicht mehr geben, wenn man es mit der Klimapolitik ernst meine, sagte Baerbock der „Bild am Sonntag“: „Jeder kann Urlaub machen, wo er will. Aber eine klimagerechte Besteuerung von Flügen würde solche Dumpingpreise stoppen.“
Die Grünen-Chefin nannte es nicht fair, wenn mit Steuergeld Kerosin subventioniert werde, während Fernfahrten mit der Bahn gerade zu Stoßzeiten teuer seien. „Wer als Familie mit dem Zug reist, sollte doch weniger zahlen als für die Kurzstrecke im Flugzeug“, sagte sie. „Und ja, Kurzstreckenflüge sollte es perspektivisch nicht mehr geben.“
Das erste Gesetz, das sie als Kanzlerin auf den Weg bringen würde, wäre ein „Klimaschutzsofortprogramm“. Auch würde sie eine Solaranlagenpflicht für Neubauten durchsetzen, kündigte sie an: „Künftig muss in Deutschland gelten, dass in der Regel nur noch mit Solardach neu gebaut wird.“
Zuletzt hatte auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz angekündigt, gegen Billigflüge vorzugehen. Eine preisliche Untergrenze für Flüge sei in der Umsetzung, die Möglichkeiten dafür innerhalb des europäischen Rechts würden ausgelotet. „Kein Flug darf billiger sein als die Flughafengebühren und alle anderen Gebühren, die dafür anfallen“, hatte er dem Sender ProSieben gesagt.
Weitergehende Regelungen seien rechtlich schwierig. Das bedeute aber immerhin, „dass es sicherlich keinen (Flug) geben wird, der unter 50, 60 Euro dann sein wird“, sagte Scholz. Auch das sei noch ziemlich günstig, gemessen an dem, was Flugreisen früher gekostet hätten. Auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Jörg Cezanne forderte kürzlich eine Kerosinsteuer für Inlandsflüge, um das Tempo der Verlagerung auf klimafreundlichere Alternativen wie Zugreisen zu steigern.
EU-weite Regelung zur Verhinderung von Dumpingpreisen
Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft nannte die Analysen von Grünen-Kanzlerkandidatin Baerbock „unzutreffend“ und forderte statt höherer Steuern eine EU-weite Regelung zur Verhinderung von Dumpingpreisen. Auch Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) reagierte mit Ablehnung. „Es ist klar, dass der Flugverkehr seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss. Ein Verbot von Kurzstreckenflügen und massive Preiserhöhungen im Flugverkehr sind aber der falsche Ansatz“, sagte Lange dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
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Wichtig sei, dass die Flugreise auch weiterhin für jeden finanzierbar bleibe. „Deshalb verbieten sich unverhältnismäßige Preiserhöhungen. Es wäre unsozial, wenn der Flug in den Urlaub ein Privileg für Wohlhabende würde. Das ist mit der CDU/CSU nicht zu machen“, erklärte der Verkehrspolitiker.
Klimaschutz nicht auf Kosten der Urlaubsplanung
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, mahnte ebenfalls, dass Klimaschutz nicht auf Kosten der Urlaubsplanung einkommensschwacher Familien gehen dürfe. „Ich finde, Reisen und Fliegen müssen auch in Zukunft für jeden Geldbeutel möglich sein und nicht zum Luxus von einigen wenigen werden.
Klimaschutz und CO2-Reduktion müssen intelligent und durch neue Technologien erfolgen. Wer glaubt, Verbote und unverhältnismäßige Preiserhöhungen sind das richtige Mittel, ist auf dem Holzweg“, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.
In seiner Rede beim Bundesparteitag der Liberalen betonte FDP-Generalsekretär Volker Wissing, dass der Klimaschutz für seine Partei als Wahrnehmung der Verantwortung für künftige Generationen bedeutsam sei. Die FDP setze auf technische Lösungen. Er nannte als Beispiel Verbrennungsmotoren, deren Verbot kein Sinn ergebe, wenn sie doch mit synthetischen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden könnten.
FDP-Chef Lindner äußerte sich in der ARD am Sonntagabend skeptisch und verwies auf marktwirtschaftliche Lösungen. „Wir sagen, wenn es ein CO2-Deckel ist, dann lassen wir einfach die Marktwirtschaft, den Unternehmergeist, den Gründergeist diese Ziele erreichen“, sagte er. Es könne auch „sauberes Benzin“ gebe, wenn man Wasserstoff vor den Küsten mit Windkraft günstig produzieren könne.
Grünen plädieren Ende des Verbrennungsmotors
Die Grünen plädieren für ein Ende des Verbrennungsmotors ab 2030. Gleichzeitig betonte Baerbock im Interview mit der „Bild am Sonntag“, dass Autofahren weiter bezahlbar bleiben müsse. „Das heißt, Menschen, die jetzt kein Geld für ein neues E-Auto haben, werden wir unterstützen“, sagte Baerbock.
Automobil- und Maschinenbauverbände äußerten am Wochenende große Wut über die Klimapolitik der Bundesregierung. „Es hilft dem Weltklima nichts, wenn wir die innovative Industrie in Deutschland zerstören und die Produktion in Regionen abwandert, in denen für das gleiche Ergebnis wesentlich mehr Kohlendioxid ausgestoßen wird“, sagte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Sie sei sehr irritiert über „die Hast der Bundesregierung und die fehlende Folgenabschätzung mit ihrem Klimapaket“, kritisierte Müller. (dpa)