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Hans Peter Wollseifer ist Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks.
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Handwerks-Präsident Wollseifer: "Firmenerben brauchen Klarheit"

Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Erbschaftssteuerrecht.

Handwerker, die ihren Betrieb in die Hände der nächsten Generation übergeben wollen, haben am 17. Dezember sorgenvoll auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Erbschaftsteuerrecht gewartet. Denn die bisherige Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen wie dem Erhalt von Arbeitsplätzen das Betriebsvermögen ohne Belastung durch Substanzsteuern an den Nachfolger übergeben zu können, stand zur Überprüfung an.

Sonderbehandlung ist zulässig

Das Positive: Im Grundsatz haben die Richter anerkannt, dass eine Privilegierung von Betriebsvermögen gegenüber anderen Vermögensarten zulässig ist. Zurecht betonen sie, dass gerade die kleinen und mittleren inhabergeführten Unternehmen in Deutschland als Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft nicht in ihrer Existenz dadurch gefährdet werden dürfen, dass im Falle des Generationswechsels Steuern anfallen, die die nachfolgende Generation zwingen könnte, den Betrieb zu verkaufen. Es ist zu begrüßen, dass das Gericht in Übereinstimmung mit dem ZDH der Auffassung ist, dass ein Stundungsmodell der Steueransprüche kein geeignetes Mittel ist, da diese die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens belasten und damit derartigen Überlegungen eine klare Absage erteilt. Allerdings haben die Richter bei zahlreichen Detailregelungen Bedenken angemeldet und der Politik bis 30. Juni 2016 eine Frist zur Nachbesserung eingeräumt.

Keine überbordende Bürokratie

Für kleinere und mittlere Betriebe, die typisch für das deutsche Handwerk sind, hat insbesondere die Aussage Bedeutung, dass künftig auch Betriebe mit unter 20 Arbeitnehmern die Voraussetzungen der Verschonungstatbestände, wie die Einhaltung der Lohnsummenklausel, nachzuweisen haben. Hier wird der ZDH darauf achten müssen, dass gerade kleine Betriebe nicht mit überbordender Bürokratie überfordert werden, um auch künftig von der Erbschaftsteuer verschont zu bleiben. Insbesondere bei inhabergeführten Unternehmen löst der Todesfall häufig bereits erhebliche innerbetriebliche Probleme aus, die nicht durch ein „Bürokratiemonster“ verstärkt werden dürfen. Dies gilt umso mehr, da häufig durch die bestehenden Freibeträge eine bedeutende Steuermehreinnahme nicht zu erwarten ist und es auch für die Finanzverwaltung wichtig ist, keinen unnötigen Verwaltungsaufwand zu produzieren. Zudem machen sich bei wenigen Angestellten Änderungen im Personalbestand überproportional bei der Lohnsumme bemerkbar. Kann eine Stelle beispielsweise aufgrund des Fachkräftemangels nicht neu besetzt werden, kann dies schneller als bei großen Unternehmen zu Problemen mit den Vorgaben führen. Hier gilt es, diese Besonderheiten bei einer künftigen Ausgestaltung im Blick zu halten.

Nachbesserungen sind denkbar

Das Verfassungsgericht hat die Möglichkeit eröffnet, das bestehende Recht bis zum Inkrafttreten der Neuregelung weiter anzuwenden. Allerdings ist auch eine Rückwirkung der Nachbesserungen auf den Tag der Gerichtsentscheidung nicht ausgeschlossen. Dabei haben die Richter ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jedenfalls kein Vertrauensschutz in eine Weitergeltung des aktuellen Rechts besteht, soweit eine exzessive Ausnutzung gerade der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen der Verschonungstatbestände im Raum steht. Leider ist dabei nicht klar, was in diesem Zusammenhang „exzessiv“ meint. Kein Betriebsinhaber wird bei dieser Unsicherheit einen Betrieb weitergeben; droht doch nachträglich möglicherweise eine erhebliche Steuernachzahlung. Es ist daher dringend angezeigt, dass die Bundesregierung hier schnellst möglich für Klarheit sorgt: Firmeninhaber brauchen Planungssicherheit, wenn sie ihre Betriebe in die Hände der jungen Generation übergeben.

Zeit für die Umsetzung

Es ist daher vor allem nicht die Zeit, eine Neuausrichtung der Steuer zu diskutieren. Das Verfassungsgericht hat die Entscheidung des Gesetzgebers zur Verschonung von Betriebsvermögen anerkannt und nur in Details Nachbesserungen gefordert. Diesen Arbeitsplan gilt es politisch umzusetzen! Das Versprechen der Koalition an die mittelständische Wirtschaft, nur eine punktuelle aufkommensneutrale Nachbesserung vorzunehmen, die nicht rückwirkend zur Anwendung kommt, muss nun rasch eingelöst werden.

Hans Peter Wollseifer ist Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.

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