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Heißes Eisen - ein Fohlen wird gebrandmarkt
© dpa

Umstrittenes Gesetz: Ferkel werden auch künftig ohne Narkose kastriert

Nach langen Diskussionen erlässt der Bundestag eine Tierschutzreform. Mit deutlich geringeren Auflagen. Das Verbraucherschutzministerium ist unzufrieden.

Zuchtferkel können bis Ende 2018 ohne Narkose kastriert werden. Das sieht die am Freitag mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition verabschiedete Tierschutzreform vor. Pferde dürfen außerdem weiter ohne Betäubung mit einem glühenden Eisen gebrandmarkt werden. Ursprünglich wollte das Ministerium für Verbraucherschutz das Brandzeichen verbieten – die Kastration von jungen Zuchtferkeln ohne Narkose sollte ab 2017 verboten werden. Jetzt hat das Gesetz deutlich geringere Auflagen.

Tierschützer kritisierten die Reform als unzureichend. „Für uns manifestiert sich dort kein Tierschutzgesetz, sondern ein Tiernutzgesetz“, sagte Marius Tünte, Sprecher beim Deutschen Tierschutzbund. Der Tierschutz sei gesetzlich verankert, wirtschaftliche Erwägungen dürften daher nicht allein ausschlaggebend sein. Auch Holger Eichele, Sprecher des Verbraucherschutzministeriums, erklärte: „Es ist nicht jeder Punkt so umgesetzt, wie wir uns das vorgestellt hatten.“ Dennoch bewertete er das Gesetz als Erfolg, da etwa Versuchstiere besser geschützt würden. „Es bleibt ein guter Tag für den Tierschutz in Deutschland“, sagte Eichele.

Der Sprecher des Bauernverbandes Michael Lohse betonte, dass Ferkelzüchter schon mit dem aktuellen Gesetz zu mehr Tierschutz verpflichtet würden. Ab nächstem Jahr müssten sie von Einzelhaltung auf Gruppentierhaltung umstellen, damit die Tiere weniger isoliert leben. „Da hat die Branche schon sehr viel investiert.“ Er warnte vor Wettbewerbsnachteilen im Falle einer noch schärferen Gesetzgebung. „Viele kleine Betriebe haben nicht genügend Rücklagen, um alle Tierschutzvorgaben umzusetzen – insbesondere wenn die Konkurrenz im Ausland weiter macht wie bisher“, sagte Lohse weiter. Eine Pflichteinführung von Narkosen für die Kastration von Zuchtferkeln sei nicht wirtschaftlich. Dabei könnten zahlreiche Tiere verenden. Der Züchter müsste außerdem einen Tierarzt mit der Narkose beauftragen – auch das werde zusätzliche Kosten verursachen.

Jährlich werden in Deutschland etwa 20 Millionen Zuchtferkel kastriert, damit sie keine Hormone produzieren – sonst verbreitet das Fleisch bei der Zubereitung einen scharfen Geruch oder schmeckt unangenehm. Das gilt aber nicht für alle ausgewachsenen Eber. Agrarforscher arbeiten daher an einem Verfahren, um den Geruch nachzuweisen, bevor die Tiere geschlachtet werden – bisher ohne Erfolg.

Die Tierschutzreform hatte bereits im Sommer dieses Jahres für heftige Diskussionen gesorgt. Außenminister Guido Westerwelle bezeichnete das geplante Brandzeichenverbot von Pferden als „unverhältnismäßig“. Vor allem der Bundestagsabgeordnete und Tierschutzsprechers Dieter Stier (CDU) versuchte das Brandzeichen zu erhalten – er ist selbst Pferdezüchter.

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