Machtkampf bei Volkswagen: Ferdinand Piëch legt Aufsichtsratsmandat nieder
Der Machtkampf bei VW scheint entschieden: Ferdinand Piëch tritt als oberster Kontrolleur von VW zurück. Auch seine Frau Ursula gibt ihr Mandat ab. Das Präsidium des Aufsichtsrats hatte nach der Kontroverse um Konzernchef Martin Winterkorn kein Vertrauen mehr in Piëch.
Volkswagen-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch tritt von seinem Amt mit sofortiger Wirkung zurück. Auch seine Frau Ursula Piëch gibt ihr Mandat in dem Kontrollgremium ab, wie die Volkswagen AG am Samstag in einer Pflichtmitteilung an die Finanzwelt mitteilte. Damit hat der seit 14 Tagen andauernde Machtkampf zwischen Piëch und Konzernchef Martin Winterkorn eine überraschend Wende genommen.
Piëchs Stellvertreter im Aufsichtsrat, Berthold Huber, wird bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommissarisch die Leitung des Gremiums übernehmen.
"Verunsicherung bei VW-Beschäftigten"
Huber würdigte die Verdienste von Piëch. „Ferdinand Piëch hat sich große Verdienste um Volkswagen und die gesamte Automobilindustrie erworben“, sagte Huber am Samstag in Hannover. "Die Entwicklung der letzten zwei Wochen hat jedoch zu einem Vertrauensverlust zwischen Aufsichtsratsvorsitzendem und den übrigen Präsidiumsmitgliedern geführt, der sich in den letzten Tagen als nicht mehr lösbar erwiesen hat.“
Die Ereignisse hätten zu einer Verunsicherung bei den Beschäftigten von VW geführt. „Diese Verunsicherung musste heute beendet werden“, sagte Huber.
Das Präsidium des Aufsichtsrats hatten zuvor mitgeteilt, die Mitglieder hätten “einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben ist“.
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich. „Die Diskussion der vergangenen zwei Wochen ist schädlich gewesen für Volkswagen. Es gab eine Flut von Personaldebatten. Das Präsidium (des Aufsichtsrates) musste deshalb die notwendige Klarheit schaffen", teilte er mit. „Ohne zu übertreiben, ist festzustellen, dass er eine der bedeutenden Persönlichkeiten der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte ist", hieß es weiter zum Rücktritt Piëchs.
"Distanz" zu Konzernchef Winterkorn
Vor gut zwei Wochen hatte Piëch dem Spiegel gesagt, er sei „auf Distanz“ zu Winterkorn. Damit rückte der Chefkontrolleur von seinem langjährigen beruflichen Ziehsohn ab.
Bis dahin war der 67-jährige Winterkorn als Piëch-Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrates gehandelt worden. Mit der Demontage durch Piëch stand plötzlich ein Fragezeichen vor Winterkorns Zukunft im Konzern. In der Folge geriet Piëch selber zunehmend unter Druck.
Kritik am VW-Übervater
Der 78-Jährige sei als Chefkontrolleur des Konzerns nicht mehr tragbar, sagten mehrere Mitglieder des 20-köpfigen Gremiums dem „Spiegel“. Nach dem öffentlichen Abrücken Piëchs von Winterkorn und einem anschließenden Verwirrspiel um die Motive des VW-Übervaters wurde auch unter Aktionärsschützern und Branchenexperten der Ruf nach Aufklärung lauter.
„Dieser Herr (Piëch) muss seinen Aktionären erklären, warum er das macht“, sagte der Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Am Donnerstag hatten die dpa, der NDR und die „Welt“ übereinstimmend berichtet, Piëch versuche, die Ablösung Winterkorns noch vor der Hauptversammlung am 5. Mai zu betreiben.
Piëch hatte dies dementiert und erklärt: „Ich betreibe die Ablösung von Martin Winterkorn nicht.“ (dpa, Reuters)